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0648 - Die Stunde des Ghouls

0648 - Die Stunde des Ghouls

Titel: 0648 - Die Stunde des Ghouls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Beleuchtung wieder aus, schließlich auch die Scheinwerfer. Erst da schien Jesúsa etwas ruhiger zu werden, aber sie starrte angestrengt durch die Scheiben nach draußen, als erwarte sie jeden Moment, ihre Verfolger aus dem Wäldchen hervorstürmen zu sehen.
    »Was ist passiert, Jesúsa?« fragte er leise.
    Sie schluckte.
    Daß sie praktisch nackt war, schien sie nicht einmal zu registrieren.
    Unter anderen Umständen wäre Serpio sicher beinahe verrückt geworden, mit einem bildschönen nackten Mädchen allein bei Nacht im Auto zu sitzen. Aber dieses verängstigte Häufchen Elend neben ihm auf dem Beifahrersitz weckte nur den Beschützerinstinkt.
    »Sie sind tot«, hauchte Jesúsa. »Sie haben sie umgebracht.«
    »Wer hat wen umgebracht?«
    »Die… die Ghouls«, stieß sie hervor. »Glaubst du mir das, Serpio?«
    »Die Ghouls?«
    Vage entsann er sich der hanebüchenen Story, die er in der vergangenen Woche aufgeschnappt und beim letzten Mal in der kleinen Bodega seines Dorfes weiterverbreitet hatte. Schauergeschichten dieser Art mochten die Leute, vor allem die abergläubischen Alten.
    Aber jetzt das hier…?
    »Wen haben die Ghouls umgebracht?« fragte er so ruhig wie eben möglich. »Komm, erzähl's mir.«
    »Maria… und Jaime…«
    »Deine Schwester? Und Jaime? Jaime Hernandez?« Er entsann sich, daß Jaime Jesúsa schon seit langem schöne Augen machte. Und noch viel mehr. Vermutlich waren die beiden in jeder freien Minute zusammen, aber ebenso vermutlich ahnten Jesúsas Eltern nicht viel davon. Oder sie ignorierten es. Die meisten anderen im Dorf wußten oder ahnten es, hielten aber die Klappe, um die Familie nicht zu kompromittieren.
    »… Kopf abgebissen…«, hörte er Jesúsa in seine Überlegungen hinein flüstern. »Einfach auseinandergerissen… wie eine alte Stoffpuppe… Sie sind tot, Serpio. Tot! Totl«
    Sie schrie auf, preßte dann aber die Lippen zusammen.
    »Und… was haben sie dir angetan?« fragte er zögernd. »Wo sind deine Sachen?«
    »Meine… was?« Da erst begriff sie plötzlich, in welchem Zustand sie sich befand. Blitzschnell kauerte sie sich in Embryonalhaltung auf dem Sitz zusammen. Sie schluchzte haltlos auf.
    »Ich bringe dich nach Hause«, sagte Serpio leise.
    »Nein!« schrie sie auf. »Nein, da… da sind sie auch! Da… sind… sie… auch…« Ihre Stimme war wieder leise geworden, fast unhörbar. »Sind sie auch…«, flüsterte sie noch einmal.
    »Na schön«, sagte Serpio. »Dann fahren wir jetzt zur Polizei nach El Palmito, ja? Soll die Polizei sich darum kümmern.«
    »Zur Polizei?« Sie hob den Kopf, sah Serpio aus großen Augen an, als bemerke sie zum ersten Mal, daß da überhaupt noch jemand neben ihr im Wagen war. »Aber - aber Serpio, ich kann doch nicht… ich kann doch nicht so zur Polizei!«
    »Ich gebe dir was zum Anziehen«, sagte er. »Aber nicht jetzt gleich. Jetzt verschwinden wir erst einmal von hier, ehe sie tatsächlich noch kommen.«
    Er schaltete die Scheinwerfer wieder ein, um loszufahren.
    Da sah er sie vor sich.
    Sie hatten die Dunkelheit genutzt, um sich dem Auto zu nähern. Sie waren da, von allen Seiten, und streckten ihre schleimigen Pranken nach den Türgriffen aus…
    Da begann Jesúsa vor Angst zu kreischen, so schrill, wie es Serpio noch nie bei einem Menschen gehört hatte.
    Und auch nie wieder hören würde.
    ***
    »Ich bin nicht Professor Zamorra«, sagte der Dunkelhäutige. »Wer soll das sein?«
    »Dann bist du also doch Ombre«, murmelte der Ghoul. »Für einen Moment dachte ich…«
    »Du sollst nicht denken, sondern reden. Und zwar schnell. Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch.«
    »Es geht um… um Lucifuge Rofocale«, stieß Destinato hervor.
    Jetzt, da es heraus war, fühlte er sich beinahe erleichtert.
    Das Gesicht des Mannes vor ihm blieb ausdruckslos. Trotz der Dunkelheit konnte der Ghoul es erkennen. Seine Augen waren dafür geschaffen, auch im Dunkeln zu sehen.
    »Was weißt du von Lucifuge Rofocale?«
    »Ich kann dir sein Versteck zeigen. Ich weiß, wo er sich aufhält.«
    »Ich weiß auch, wo er sich aufhält. Dazu brauche ich dich Narren nicht.«
    »Aber ich zeige dir einen Weg, wie du in sein Versteck hineingelangst. Du kannst ihn töten.«
    »Warum sollte ich das wollen?«
    »Er ist dein Feind.«
    »Mit dir stimmt etwas nicht, Freundchen«, murmelte Ombre. »Du bist mir ein bißchen zu gut informiert für einen normalen Menschen. Und du stinkst… ja, richtig, du stinkst zehn Meilen gegen den Wind. Komisch, daß mir das

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