0649 - Der Junge von Stonehenge
Ich hätte nicht mehr zurück in meine Zeit ausweichen können. Da habt ihr recht.«
»Aber du bist tot!« rief Conrad. »Ich habe selbst gesehen, wie man dich garrottierte.«
»Das stimmt. Nur hast du vergessen, dass hinter mir mächtige Freunde stehen, die ein gewaltiges Reich regieren, das von vielen Personen als ein Paradies bezeichnet wird.«
»Aibon?«
»Ja, Aibon. Aber die andere Seite dieses Landes. Nicht Atlantis, obwohl es nahe gelegen hätte, denn die Steine, nicht diese hier, sind auch dafür geschaffen, eine Verbindung zwischen den beiden geheimnisvollen Reichen herzustellen. Und das genau will ich. Das ist mein Plan. Ich möchte zwischen den Zeiten, den Kontinenten, springen können. Ich möchte überall sein und meine Erfahrungen sammeln. Von einer Zeit in die andere, das ist ein Traum, der nun wahr geworden ist. Auf dieser Welt gibt es zahlreiche Plätze, die mir so etwas ermöglichen. Nicht nur die Fläming Stones und auch nicht Stonehenge. Nein, das sind ganz andere Plätze, in Frankreich, in Asien, auf den kleinen Atollen und größeren Inseln. Ich werde sie alle unter meine Kontrolle bringen, und ich werde immer dann erscheinen, wenn die Menschen es nicht erwarten.«
Der Eiserne, der noch immer geschwächt auf dem Boden hockte, meldete sich. »Damit mußt du sehr mächtig sein, mein Freund. Wer bist du denn? Wir wissen nichts über dich.«
Tim legte seinen Kopf noch schiefer, bevor er seine Handflächen gegeneinander rieb, so dass plötzlich Feuer mit einem grünen Zentrum entstand. Er schaute an der Flamme hoch, lachte leise und sah zu, wie sie wieder zusammensank.
»Eigentlich bin ich ein Toter!«
Eine derartige Erklärung war für den Eisernen nicht neu. Frank Conrad aber brachte sie ins Schwitzen, und er schaute den Jungen ungläubig an.
»Glaubst du mir nicht, Frank? Dabei hast du doch selbst gesehen, wie ich umgebracht worden bin. Auf eine gemeine Art und Weise, denn das Garrottieren ist grausam, und mein damaliger Herr, dem ich einige Monate diente, hatte mir nicht geholfen.«
»War es die Person mit dem Knebelbart, die ich auch bei dir reiten sah?«
»Gut beobachtet, Frank.«
»Warum half er dir denn nicht?«
»Nun«, erwiderte Tim lässig. »Er war ein Mensch mit edlen Gefühlen, der den sogenannten geraden und gerechten Weg ging. Er hasste das Böse, das habe ich gespürt, aber es fiel ihm erst sehr viel später auf, dass er sich mit mir eine Laus in den Pelz gesetzt hat. Denn ich gehörte zu den Wesen, die er hasste. Ich hatte mich an ihn herangemacht und diente ihm damals als Knappe und Bursche. Ich wollte ihm etwas wegnehmen, was ich leider nicht schaffte. Er kam mir auf die Schliche und sorgte dafür, dass man mich tötete.«
»Warum garrottierte man dich?«
»Weil es damals bei den Druiden so üblich war. Sie haben diese Tötungsart erfunden. Mein Herr fand heraus, dass ich aus Aibon stammte, und er hatte nichts dagegen, dass ich dieses Ende erlitt. Nur konnte er nicht damit rechnen, dass ich unter dem Schutz eines mächtigen Druidenfürsten stand, der den Tod ebenfalls überwunden hatte und in sein spezielles Paradies einging.«
Der Eiserne war informiert. »Guywano?«
»So ist es.« Tim breitete die Arme aus. »Er gab mir die Chance zur Rückkehr, denn er erklärte mir auch, dass längst nicht alles verloren war für mich und dass sich eigentlich nur die Zeiten verändert hatten. Das Eigentliche ist geblieben.«
Das verstanden weder der Engel noch Frank Conrad. »Worum ist es dir denn gegangen?«
»Ich hatte natürlich einen Grund, mir einen bestimmten Ritter auszusuchen, weil ich einzig und allein die Spur des Dunklen Grals finden wollte. Mein Herr wusste, wo er sich befand. Er hat die entsprechenden Forschungen betrieben, aber er hat mich kaum eingeweiht. Leider ist es zu früh herausgekommen, wer ich war, deshalb mein Tod. Wie gesagt, verloren ist nichts, denn mein Herr hat die Zeiten ebenfalls auf eine gewisse Art und Weise überdauert, wenn auch wesentlich anders als ich.« Im Gesicht des Eisernen leuchtete so etwas wie Erkennen. »Darf ich raten, wer dein Herr gewesen ist?«
Tim lachte. »Weißt du es nicht schon?«
»Ich glaube…«
»Dann nenne den Namen.«
Der Eiserne schaute Tim für einen Moment kalt an, bevor er sagte:
»Hector de Valois…«
***
Tim ließ den Namen ausklingen. Nur in seinen Augen leuchtete es auf.
Dann nickte er. »Wie recht du hast, mein Freund. Es war tatsächlich Hector de Valois. Ihm diente ich für eine Weile als
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