0649 - Der Junge von Stonehenge
Knappe. An seiner Seite ritt ich.«
Der Eiserne gab ein stöhnendes Geräusch von sich. »Es gab keine andere Möglichkeit«, flüsterte er. »Ich wusste es genau. Es konnte sich nur um Hector de Valois handeln.«
»So spielt das Leben…«
Frank Conrad wunderte sich darüber, dass beide die Person kannten. Er konnte mit dem Namen nichts anfangen und erkundigte sich, wer er gewesen war.
»Ein sehr edler Mensch«, erklärte der Eiserne. »Ein Mann, der sich auf die Suche nach der Wahrheit gemacht hatte. Der versuchen wollte, den Spuren der Welt zu folgen, der ihre Geheimnisse ergründen wollte und es nicht geschafft hat, obwohl zahlreiche Voraussetzungen dafür geschaffen worden waren.«
Der Wissenschaftler krauste die Stirn. »Das Geschlecht der de Valois kenn ich schon. Das ist uns Historikern nicht unbekannt, aber ich wusste nicht, dass dieser Hector de Valois so außergewöhnlich gewesen ist. Dies ist mir neu.«
»Er hat seine Forschungsergebnisse auch nur Insidern verraten, das allerdings muss ich zugeben. Er war eine große Persönlichkeit, deren Geist Grenzen sprengte, die den Menschen gesteckt wären, aber man konnte ihn nicht als unfehlbar bezeichnen, denn er merkte nicht, welche Laus er sich mit seinem Knappen in den Pelz gesetzt hatte.«
»Okay, okay«, sagte Conrad hastig, der seine Furcht verdrängt hatte, weil es spannend geworden war. »Das begreife ich noch alles. Aber ich habe auch gehört, dass er nicht mehr am Leben sein soll. Wie kann Tim davon sprechen, dass noch nichts verloren ist.«
»Ganz einfach, Frank. Weil dieser Junge genau weiß, dass Hector de Valois wiedergeboren wurde, und zwar in einer Person, die heute lebt und die ähnlich handelt und denkt wie er.«
»Kenne ich den Mann?«
»Ja und nein«, erwiderte Tim. »Ich rief ihn von deiner Wohnung aus an. Es ist John Sinclair.«
»Nein!« rief Frank Conrad…
***
»Doch, er hat nicht gelogen!«
Aus einer mit blutigrotem Licht gefüllten Lücke zwischen den Steinen war die Antwort geklungen, und ich war derjenige, der sie gegeben hatte.
Leider oder zum Glück hatte ich mich etwas verspätet, weil ich den genauen Weg erst hatte suchen müssen, denn es war nicht einfach gewesen, bis zum Zentrum zu gelangen. Die letzten Erklärungen hatte ich mithören können und betrat nun die Szene wie ein Schauspieler, der auf seinen Einsatz lange genug gewartet hatte.
Überrascht waren der Eiserne Engel und Frank Conrad. Tim, Hectors ehemaliger Knappe, blieb gelassen. Er nickte mir freundlich zu. »Du bist genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen, John.«
»Das bleibt abzuwarten.« Um Tim kümmerte ich mich nicht, denn für mich war der Eiserne wichtiger. Ich hatte seinen Absturz aus der Ferne miterleben müssen, ging nun zu ihm und kniete mich neben ihn nieder.
»Wie geht es dir?«
»Es sieht nicht gut aus, John. Ich bin in seinen Dunstkreis hineingeraten. Er ist sehr mächtig. Er hat es auch geschafft, Kara und Myxin zu schocken. Kara war nicht einmal in der Lage, ihr Schwert gegen ihn einzusetzen. Sie wollte ihn bewusstlos schlagen, doch er hielt voll dagegen. Hüte dich vor ihm.«
Mein Freund hatte sehr leise gesprochen. Die Worte waren trotzdem von Tim verstanden worden, der sich ein Lachen nicht verkneifen konnte. »Er hat recht, John. Er hat in allem so schrecklich recht. Ich habe durch meinen Tod nicht an Kräften verloren, nur gewonnen. Ich werde da weitermachen, wo ich damals aufhörte.«
Ich erhob mich wieder. »Du willst alles haben?«
»Zunächst den Gral.«
Ich drehte mich um, damit ich ihn anschauen konnte. »Wer sagt dir denn, dass ich ihn besitze?«
»Ich weiß es.«
»Okay, es stimmt. Aber ich bin kaum anders als Hector de Valois. Er hätte den Gral nicht hergegeben, hätte er ihn besessen. Und ebenso reagiere ich auch. Ich werde ihn nicht aus der Hand geben. Er gehört zu mir, denn ich bin der Sohn des Lichts.«
»Hector dachte ähnlich.«
»Und ich werde wieder so ähnlich handeln wie er, Tim.«
Der Junge lachte. »Du willst das tun? Hast du dir nicht zuviel vorgenommen? Vergaß nicht, dass die Zeiten andere geworden sind, Sinclair. Vergaß es nicht. Wir stehen uns heute mit umgekehrten Vorzeichen gegenüber, das darfst du nicht vergessen. Damals besaß de Valois die Macht, heute bin ich es.«
»Ist dein untotes Dasein der Unterschied?«
»Ja, Sinclair. Ich habe doch gewusst, dass die Zeit reif ist. Irgendjemand würde erscheinen und das Tor öffnen. Das ist geschehen, deshalb muss ich Frank dankbar
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