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065 - Der Geisterreiter

065 - Der Geisterreiter

Titel: 065 - Der Geisterreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hivar Kelasker
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verstanden, Herr!“ meinte Sheng leise.
    „Ich erinnerte mich nur an vergangene Tage!“ sagte Torras. „Bist du bereit?“
    „Noch nicht!“
    Als der Fürst sich schwer aufstützte und die Beine von den Brettern schwang, rissen die letzten Leinenfetzen und fielen zu Boden. Das Gefühl tauben, nutzlosen Fleisches war jetzt völlig verflogen. Mit jedem Donnerschlag – das Gewitter kam schnell näher – erhöhte sich die Kraft und wuchsen die klaren Gedanken. Seine noch tauben Fußsohlen berührten den Boden.
    Wie ein Glutstrom schoß es in diesem Moment durch den Leib des Fürsten von Nyrmada. Er sprengte die letzten Fesseln. In dem schwachen Lichtschein, der von der Tür her kam, sah er an sich herunter.
    Alles an ihm war neu und unbenutzt. Die Teile der Rüstung, das Leder, der Stoff der Kleidung und die Pelze. Sogar die Sporen rasselten bei jedem Schritt; diese merkwürdigen Dinger, mit denen man ein erschöpftes Pferd noch schneller machen konnte. Mit drei Schritten war Torras an dem Tisch, fand seinen kostbaren Helm und setzte ihn auf.
    „Sheng!“
    „Herr?“
    „Ich bin jetzt bereit. Nur noch die Waffen!“
    Er nahm das Schwert mit der langen, gekrümmten Schneide. Es war von den Sklaven in unermüdlicher Arbeit gehärtet, mit Edelsteinen verziert und geschliffen worden. Zuletzt griff er nach den Dolchen und dem Speer.
    Nur der Köcher mit den langen Pfeilen und der Bogen waren verdorben. Ihre Seele hatte den langen Schlaf nicht ausgehalten.
    Langsam, wie vor dem Gefecht, rüstete Torras sich aus. Schließlich war er fertig, drehte sich um und lehnte sich gegen die Wand.
    Blitze zuckten und kamen näher.
    Krachende Donnerschläge erschütterten die Luft und bildeten die schauerliche Kulisse für den kommenden Kampf.
    Von Norden zogen Schleier von Staub und dürrem Laub heran. Es war ganz wie in der Heimat, wenn sich vor undenklichen Zeiten der Zug der Hunnen formiert hatte und die auserwählten Krieger in den Kampf gezogen waren.
    Vorsichtig spähte Torras durch die Öffnung der Jurte, die mit beträchtlichem Können gezimmert worden war. Vier der Feinde standen oder saßen um das Feuer herum. Sie hielten durchsichtige Becher in den Händen und sprachen laut miteinander. Die Flammen beleuchteten ihre Gesichter. Es schienen keine Kämpfer oder Krieger zu sein, eher Bauern oder Hirten.
    Torras hob die Schultern und wandte den Kopf. Eben schwang sich Sheng von der roh gezimmerten Bahre. Er hob die Hand und sagte: „Ich fühle mich kräftig genug. Gleich schlagen wir los!“
    „Gut so!“ gab der Fürst zurück.
    Er wartete, während sich Sheng bewaffnete. Torras hörte das Reißen von Binden, dann bemerkte er, wie Leder gegen Metall klatschte und Eisen gegen Bronze und Kupfer schlug. Sheng hob seinen Streitkolben hoch und schwang ihn prüfend um seinen Kopf. Er gab das gewohnte, sausende Geräusch von sich.
    Zufrieden flüsterte Sheng: „Wohin gehen wir, Herr?“
    „Zu unserem Heer! Zurück zu den anderen!“
    „Und wo finden wir unser Volk?“
    „Im Westen, wie du weißt.“
    „Kämpfen sie dort noch immer?“
    Torras blieb seinem Hauptmann die Antwort schuldig. Die beiden Hunnenkrieger wußten nicht, wie lange sie in dem Moorgrab geruht hatten, aber sie würden reiten, bis sie ihr Volk gefunden hatten. Es würde nicht leicht sein, doch sobald sie die Pferde der Grabschänder besaßen, waren sie schneller und konnten in einem größeren Gebiet suchen.
    Plötzlich hob der Fürst die Hand.
    „Still! Einer von ihnen kommt hierher!“
    Sheng flüsterte zurück: „Soll er kommen!“
    Sie schlichen in den Schatten zurück. Fieberhafte Erwartung erfüllte die beiden Männer, während draußen noch immer die unsichtbaren Musiker lärmten, das Feuer prasselte, die Donnerschläge hallten und die Blitze rund um den Platz einschlugen.
    Einer der fünf Fremden kam, einen Becher in der Hand, näher heran. Er war jung und bewegte sich sorglos, nicht wie ein geübter Krieger. Kurz vor dem Eingang blieb er stehen, drehte sich um und rief den anderen etwas zu. Die beiden Hunnen verstanden nur einzelne Worte, aber aus dem Klang und dem Tonfall konnten sie annähernd erkennen, was er meinte.
    „Ich muß mir die beiden noch einmal ansehen. Kommen Sie mit, Glismann?“
    Eine undeutliche Antwort vom Feuer her. Der junge Mann zuckte die Schultern, lächelte unschlüssig und kam näher. Er durchquerte den Eingang und ging geradewegs auf die beiden leeren Bahren zu. Dann blieb er plötzlich wie gelähmt stehen.
    „Die

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