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065 - Der Geisterreiter

065 - Der Geisterreiter

Titel: 065 - Der Geisterreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hivar Kelasker
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das ist einfach unfaßbar! Das grenzt an Vorstellungen aus dem Mittelalter, wie Schwarze Magie oder Hexenwahn. Begreif doch, was im Teufelsmoor geschehen ist, wäre demnach ständig wiederholbar! Es wäre dasselbe, als ob sich der Pharaonenfürst Tutenchamun aus seinem Sarkophag erheben, zu reiten, zu töten und zu rauben begänne!“
    Mich gruselte bei dieser Vorstellung. Gleichzeitig tat mir Jürgen leid. Er besaß offensichtlich nicht meine Fähigkeit, unangenehme Dinge zur Seite zu schieben und sie in kleinen Dosen zu verarbeiten. Wie ein Gewitter war es an jenem Abend über ihn hereingebrochen, hatte ihn gleichsam überrollt, und jetzt versuchte er vergeblich, sich davon zu befreien.
    „Versuch doch“, flüsterte ich und legte die Arme um seinen Hals. „Nicht mehr daran zu denken. Denke ein bißchen an mich, ja?“
    Er nickte zerstreut. Ich drängte mich an ihn und küßte ihn. Jürgen war nur langsam aus seiner Starre herauszubringen, aber schließlich schien er die lastenden, quälenden Gedanken zu vergessen und zu bemerken, daß ich versuchte, ihn zu verführen. Einige Minuten später waren nur noch unsere Atemzüge zu hören.
     

     
    Wir waren eingeschlafen, denn das Telefon klingelte mehrere Male, ehe ich registrierte, daß dieses Geräusch mich aufgeschreckt hatte. Ich sprang auf und suchte meinen Morgenmantel. Ehe ich den Hörer ergriff, warf ich einen langen Blick auf Jürgen, der ausgestreckt, mit angewinkelten Armen auf dem Bett lag und schlief. Sein schlanker, sonnengebräunter Körper zeichnete sich auf dem weißen Laken ab. Sein Gesicht wirkte entspannt und friedlich.
    „Ille Wachholz!“ sagte ich leise, um ihn nicht zu wecken.
    „Hier spricht Kommissar Schlüter. Störe ich?“
    Es war der Leiter unserer Polizeistation, ein Freund von Vati. Ich kannte ihn gut. Er war ein vernünftiger Mann von etwa fünfzig Jahren, der oft bei uns zu Gast war. Sein Atem ging heftig, und seine Stimme klang alarmierend aufgeregt.
    „Ein bißchen schon, Herr Schlüter“, sagte ich und schirmte die Sprechmuschel ab. „Was ist los?“
    Er machte eine Pause. Ich blickte von meinem Schaukelstuhl auf Jürgen, der sich jetzt unruhig bewegte. Gleich würde er erwachen.
    „Unsere Station wurde überfallen. Und Christina Gloede ist verschwunden!“
    Ich begriff kein Wort. Ich war noch so wunderbar schläfrig und konnte mir nichts Schöneres vorstellen, als neben Jürgen zu liegen, den Kopf in seiner Armbeuge, einen Arm über seiner Brust. Langsam kam ich ganz zu mir.
    „Was hat das mit mir zu tun?“ fragte ich leise. Jürgen bewegte sich heftiger und drehte sich auf den Rücken.
    „Ist Herr Sander bei Ihnen?“
    „O ja“, erwiderte ich und verbiß mir ein Lachen. „Er ist hier. Aber ich kann ihn jetzt nicht stören. Warum wollen Sie ihn sprechen?“
    Ich blickte auf die kleine Uhr an meinem Handgelenk. Es war nach ein Uhr nachts.
    Er wiederholte: „Unsere Station ist überfallen worden …“
    „Ich verstehe. Und …?“
    „Ich habe deutlich gesehen, daß es zwei bewaffnete Männer waren. Sie saßen auf Pferden, hatten schwarzes Haar, lange Schnurrbarte und eine Rüstung. Ich muß mit Sander sprechen. Können Sie ihn an den Apparat bitten?“
    Ich schüttelte den Kopf. Im gleichen Augenblick fiel mir ein, daß der Mann mich ja nicht sehen konnte.
    „Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?“ fragte ich ziemlich kurz. „Wenn es wirklich so eilt, Herr Schlüter, kommen Sie bitte zu uns.“
    Schlüter zögerte sekundenlang, dann sprach er hastig weiter. Er schien tatsächlich verzweifelt zu sein und ließ nicht locker.
    „Selbstverständlich weiß ich, wieviel Uhr es ist, aber ich würde Sie nicht stören, wenn es nicht wirklich ganz dringend wäre. Entschuldigen Sie, Ille, aber …“
    „Gut kommen Sie, Kommissar. Soll ich Ihnen einen Kaffee machen?“
    Er lachte sarkastisch auf.
    „Den könnte ich gut gebrauchen. Und wenn es nicht zu unbescheiden ist, auch einen großen Kognak!“
    „In Ordnung!“ antwortete ich und legte auf.
    Ich blieb einige Minuten nachdenklich neben dem Bett stehen. In dem schwachen Licht einer weit entfernten Straßenbeleuchtung, das durch die Vorhänge fiel, sah ich, daß Jürgen die Augen geöffnet hatte.
    Langsam zog ich mich aus und setzte mich neben ihn.
    „Was war los?“ murmelte er und streckte die Hand aus.
    „Nichts Besonderes“, sagte ich. „In einer Stunde gibt es Kaffee und Kognak.“
    Er verstand mich nicht recht und war noch viel zu schläfrig, um

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