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065 - Der Geisterreiter

065 - Der Geisterreiter

Titel: 065 - Der Geisterreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hivar Kelasker
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Lüge, aber mir fiel nichts anderes ein. Außerdem hatte ich keine Wahl, denn ich konnte das Kind unmöglich allein lassen.
    Ich verließ die Bundesstraße und steuerte auf die hellen Lichtkreise der Straßenbeleuchtung zu. Nur dort, wo es dunkel war, lauerten Gefahren, bildete ich mir ein.
    Ich hielt vor dem Haus, in dem Familie Gloede wohnte.
    „Da sind wir, Schätzchen!“ sagte ich. „Endstation, alles aussteigen!“
    Christina bedachte mich mit einem düsteren Blick, als wolle sie ausdrücken, daß ich in ihren Augen eine Verräterin sei. Aber sie öffnete gehorsam die Tür und sprang hinaus. Ich ging um den Wagen herum und nahm wieder ihre Hand, dann drückte ich den Klingelknopf an der Gartentür. Es war kurz nach halb neun Uhr.
    Ich hörte das Läuten im Innern des Hauses. Niemand rührte sich. Ich klingelte ein zweites Mal – wieder nichts.
    „Sind deine Eltern nicht da?“ wollte ich wissen.
    Christina zog die Schultern hoch. Sie wußte es selbst nicht oder wollte es nicht sagen. Ich versuchte es noch einmal. Endlich ging das Licht hinter einem der Fenster an. Ich sah einen Schatten, dann wurde das Fenster halb aufgestoßen und Mutter Gloede rief: „Wer ist da?“
    „Ihre Tochter!“ sagte ich etwas gereizt. „Ich bringe Sie Ihnen zurück!“
    „Moment, ich komme gleich.“
    Das Fenster wurde zugeschmettert. In das Klirren mischte sich ein anderes Geräusch. Es kam aus der Gegend des Krankenhauses.
    Ein Schuß! Kurz darauf folgte ein zweiter. Ich erschrak, drehte mich langsam um, aber da war nichts zu sehen. Und da war wieder die Angst, dieses panische Erschrecken. Ichwollte ins Haus hinein, weg von der Straße, in den Schutz von Mauern und Türen.
    Langsam ging jetzt die Haustür auf. Frau Gloede machte einen Knoten in den Gürtel ihres Morgenrocks und kam näher. Sie hob das Gesicht, blickte an meinem Kopf vorbei, und ich sah, wie sich ihre Augen weiteten.
    Frau Gloede riß den Mund auf. Ein gellender, langgezogener Schrei zerschnitt die Nacht. Ich ließ die Hand des Mädchens los und wandte mich um. Zwischen den Reihenhäusern und Gärten uns gegenüber kamen die beiden Reiter auf uns zu. Der weiche Boden hatte bisher das Geräusch der Hufe verschluckt. Erst als die Tiere den Asphalt betraten, schlug das schnelle Trappeln an unsere Ohren.
    Christina riß sich los und lief auf den vordersten Reiter zu. Sie kreischte wie besessen: „Nimm mich mit! Nimm mich mit! Sie wollen euch umbringen!“
    Noch zwanzig Meter trennten uns von den Hunnenkriegern. Frau Gloede schrie noch immer. Überall begannen Hunde zu kläffen. Eine schnelle Folge von Schüssen war zu hören. Ich stand wie gelähmt da und sah die Männer, die der Vergangenheit entflohen schienen.
    Sie ritten schnell, aber nicht so rasend wie sonst. Hinter den Reitpferden liefen die Packtiere. Sie waren schwer beladen. Von den Sätteln der Reitpferde führten lange Leinen zu den Köpfen der drei folgenden Tiere. Die Kavalkade kam aus dem schmalen Weg heraus und direkt auf uns zu.
    „Nein!“ schrie ich, aber es war schon zu spät, etwas zu unternehmen. Der Freund des Fürsten, in dessen erbarmungslosem Griff ich schon einmal gezappelt hatte, bückte sich seitlich aus dem Sattel, streckte den Arm aus und legte ihn, während er scharf an Christina vorbeiritt, um die Hüfte des Kindes. Eine Sekunde später saß sie vor dem lachenden Krieger im Sattel. Er galoppierte weiter und ließ den Lichtschein hinter sich. Nur noch das Trappeln der Pferde erinnerte an das soeben Geschehene.
    Jetzt hatte der Fürst uns gesehen!
    Er riß seinen Rappen hoch, der die Vorderbeine in die Luft warf und fast auf den Hinterbacken rutschte. Frau Gloede rannte in panischer Furcht ins Haus zurück. Der Fürst zog einen Revolver aus dem Gürtel und feuerte drei Schüsse hinter ihr her. Glas barst klirrend, von der Mauer lösten sich handgroße Stücke des Verputzes. Krachend fiel die Haustür ins Schloß.
    Ich stand zwischen Wagen und Gartenzaun eingeklemmt und starrte dem Hunnen entgegen. Der Hengst stand jetzt wieder auf dem Boden, das Saumtier mit den Gepäckballen und einigen Gewehren dazwischen blieb gehorsam stehen und setzte sich erst in Bewegung, als sich das Leitseil straffte. Der Fürst zielte mit dem Revolver auf meine Stirn, hielt das Pferd zwei Meter vor mir an und sagte hart: „Komm!“
    Ich wandte den Kopf. Der andere Hunne war mit Christina verschwunden. Niemand war zu sehen, der mir hätte helfen können. Vielleicht telefonierte Frau Gloede mit der

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