065 - Überfallkommando
die erste, die sich von dieser Überraschung erholte.
»Sie wollen doch nicht etwa mir gegenüber gnädig sein? Das hasse ich!« rief sie laut.
Der Richter versuchte, sie zum Schweigen zu bringen, aber sie ließ sich nicht beruhigen. Sie war in einer merkwürdig gehobenen Stimmung und fühlte sich als Herrin der Lage. Sie wußte, daß Bradley nicht die Wahrheit sagte! Er log um ihretwillen, und seine falsche Aussage brachte ihn in ihre Macht - dieser Gedanke war beseligend. Sie hatte nur den einen brennenden Wunsch, ihn tödlich zu treffen, ihn zu ruinieren, wie er Ronnie ruiniert hatte.
Ann verlor jedes Bewußtsein für die Gefahr, in der sie selbst schwebte - sie vergaß Mark und die gefährliche Situation, in der er sich befand. Sie dachte nur noch daran, daß sich ihr Feind selbst in ihre Hände gegeben hatte.
»Mein guter Freund, Inspektor Bradley, ist jetzt plötzlich ängstlich darauf bedacht, mir zu helfen! Und dabei war er es doch, der mich in eine Gefängniszelle gebracht hat!«
Durther starrte sie erschrocken an und versuchte, sie zum Schweigen zu bringen.
»Miss Ferryman, vielleicht dürfte es besser sein, wenn Sie ...«
Aber sie brachte ihn durch eine Handbewegung zum Schweigen.
»Inspektor Bradley war stets sehr liebenswürdig zu mir!« In ihrer Erregung sprach sie immer lauter. »Ich weiß nicht, wie oft er mich schon bessern wollte. Wir haben uns ja häufig genug in Restaurants zum Essen getroffen. Ich habe sogar mit Ihnen getanzt, Inspektor - das stimmt doch? Er ist in mich vernarrt - er sagt, er würde alles für mich tun, was in seinen Kräften stände!«
Bradley stand bewegungslos; sein Gesicht glich einer Maske.
»Schweigen Sie jetzt!« rief der Richter. Aber auch er warnte sie vergeblich.
»Ich werde nicht schweigen!« brauste sie auf. »Wenn ein Mann mir nachläuft, mich an der Hand hält wie ein verliebter Narr und dann die erste Gelegenheit ergreift, um mich in eine unsaubere Zelle zu stecken, so darf ich mich doch dazu äußern - und das tue ich jetzt. Bradley hat mein Auto in der letzten Nacht durchsucht - er behauptet, er habe nichts gefunden! Aber da lügt er! Er hat zwölf Päckchen Sacharin gefunden ...«
»Seien Sie doch ruhig!« jammerte Durther.
»Es war Sacharin, und ich habe es geschmuggelt! Er weiß auch, daß ich das tat. Aber trotzdem tritt er hier vor Gericht auf und lügt - dieser arme, haltlose Mensch! Er denkt wohl, ich falle ihm aus Dankbarkeit um den Hals, aber ich will seinen Vorgesetzten zeigen, was für ein Mensch er ist - ein Detektiv, der Schuldbeweise vernichtet, weil er in eine Frau verschossen ist!«
Ihre Stimme überschlug sich; sie stand atemlos da und war plötzlich verwirrt über die Wut, in die sie sich hineingeredet hatte.
»Wollen Sie jetzt endlich ruhig sein!« sagte der Richter zornig.
»Ich habe alles gesagt, was ich sagen wollte.«
Durther erhob sich und sah sie an.
»Sind Sie denn vollständig verrückt geworden?« fragte er. »Sehen Sie nicht, was Sie angerichtet haben?«
Der Richter legte sich nun ins Mittel.
»Ich weiß nicht, was all dieses Geschwätz zu bedeuten hat, und ich gebe nichts darauf. Es ist keine weitere Anklage gegen Sie erhoben. Erklären Sie sich für schuldig, daß Sie durch schnelles Fahren die öffentliche Sicherheit gefährdet haben?«
»Wir erklären uns für schuldig, Euer Ehrwürden«, erwiderte Durther, der sich schnell zu dem Richter gewandt hatte.
»Nun gut, Sie werden mit zwanzig Pfund bestraft und haben außerdem die Verhandlungskosten zu tragen. Ihr Führerschein wird für zwölf Monate eingezogen.«
Mark McGill atmete erleichtert auf; er hatte niemals geglaubt, daß die Verhandlung einen so glimpflichen Ausgang nehmen würde.
Ann hielt sich an dem Geländer der Anklagebank fest.
»Kann ich jetzt gehen und meinen Mantel holen?« fragte sie leise.
Die alte Wärterin winkte ihr. Ann reichte Mark die Hand, bevor sie in den Gang trat, der zu den Gefängniszellen führte.
»Warum, zum Teufel, hat sie das getan? Sie muß ihn fürchterlich hassen«, sagte Mark leise zu dem Rechtsanwalt, aber Mr. Durther war nicht in der Stimmung, die Sache weiterzudiskutieren.
»Kommen Sie mit und bezahlen Sie die Strafe«, erwiderte er nur.
Diese Verhandlung gegen Ann war der letzte Fall gewesen, der auf der Liste stand. Es war nahe an Mittag, und der Gerichtssaal leerte sich schnell. Nur der Richter ordnete noch seine Papiere auf dem Tisch. Er winkte Bradley zu sich heran.
»Das war ja ein ganz ungewöhnlicher
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