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0652 - Der Bogie-Mann

0652 - Der Bogie-Mann

Titel: 0652 - Der Bogie-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Technik beherrschten Welt, doch sie selbst war sich und ihrer eigenen Welt treu geblieben.
    Sie lebte in London, in einem Haus unter dem Dach, das Wohnraum und Atelier zugleich war.
    Atelier für das, was sie herstellte.
    Es waren Puppen!
    Wunderschöne Kleinode, künstlerisch angehaucht, und keine war wie die andere. Trotz ihrer etwas fremd wirkenden Art stand Jessica mit beiden Beinen im Leben. Sie reiste sehr gern, weil sie viele Eindrücke aufnehmen musste, um sie bei ihrer Arbeit verarbeiten zu können. Strömungen, Trends, auch Stimmungen, das musste ein Künstler einfach spüren, wenn er am Ball bleiben wollte.
    In einer Glasgower Zeitung hatte Jessica Long die kleine Annonce gelesen, mit der die drei Schwestern für sich und ihren Künstlerhof warben.
    Allein wie der Text aufgesetzt worden war, hatte sie neugierig gemacht, und so war der kleine Umweg auf dem Weg nach Süden gerade recht gekommen, um den Künstlerinnen einen Besuch abzustatten.
    Jetzt war sie da und war sehr freundlich aufgenommen worden. Man hatte sie sogar überredet, über Nacht zu bleiben, ihr einen kleinen Imbiss gereicht und sie durch die Ateliers geführt.
    Jessica zeigte sich an allem interessiert. Zu Esthers Verwunderung auch an ihrer Arbeit, der Mode.
    »Wozu brauchst du das?« Die Frauen waren bereits beim du.
    Jessica lächelte hintergründig. »Die Kleider meiner Puppen oder Performance-Figuren sind jedes Mal etwas Besonderes, wenn ihr versteht.«
    »Ja, sehr gut sogar.«
    Durch Tippys Atelier waren sie schnell gewandert. Es war am besten, wenn sie dem Gast ihre Bilder erklärte.
    »Kommt die denn noch in dieser Nacht zurück?«
    Esther nickte heftig. »Das wollen wir doch hoffen.« Sie zwinkerte Jessica zu. »Tippy ist mit einem Mann in die Berge gefahren.«
    »Das kann dauern…«
    »Mag sein.«
    Sie schlenderten weiter. Marion schaltete weitere Lampen ein. Wer draußen in der Dunkelheit stand und von dort aus auf den Hof schaute, der wurde an eine wunderbare und außergewöhnliche Lichtinsel erinnert, die sich aus der Dunkelheit erhob, als wollte sie schon auf den neuen Tag hinweisen.
    »Darf ich vorgehen?«, erkundigte sich Marion.
    »Bitte.«
    Sie betraten den Teil ihres Ateliers, wo es am meisten nach Arbeit aussah, denn viel Material, mit dem sich Marion Drake beschäftigte, war noch nicht verarbeitet worden.
    Trotzdem zeigte sich Jessica beeindruckt. Vor dem bemalten Fels blieb sie stehen und strich mit der rechten Handfläche darüber hinweg. »Es fühlt sich sanft an.«
    »Ich habe eine Ökofarbe genommen, keine künstliche. Tippy und ich mischten sie uns selbst.«
    »Verrätst du das Rezept?«
    Marion lächelte. »Mal sehen.«
    Gegen Jessica Long wirkte sie zierlich, denn Jessica gehörte zu den großen Frauen. Sie liebte lange Kleider, mal wallend, dann wieder eng anliegend, aber auch auf kurze Röcke verzichtete sie nicht.
    An diesem Tag trug sie ein rehbraunes Kostüm mit kurzem Rock. Unter der Jacke ein schlichtes weißes T-Shirt. Die Fülle ihres Haares hatte sie im Nacken mit Spangen zusammengesteckt, die unterschiedliche Farben aufwiesen und an ihren Rändern mit Perlen besetzt waren.
    »Und es gibt keinen Mann bei euch?«, erkundigte sich Jessica aus einem Impuls heraus.
    »Nein.«
    »Wieso?«
    »Wer will denn schon mit uns leben?«, fragte Esther.
    »Ich weiß nicht…«
    »Doch, einen gibt es«, sagte Marion. »Es ist Juri, ein Tänzer, der sich ebenfalls in diese Gegend zurückgezogen hat. Wahrscheinlich wird er noch in dieser Nacht hier erscheinen. Er kommt oft zu uns. Dann sitzen wir zusammen und reden. Bei uns kann er sich aussprechen.«
    »Sehr nett…« Jessica ging weiter. Sie interessierte sich jetzt mehr für die kleinen Kunstwerke, die Marion geschaffen hatte. Da war einiges fertig und auf der Bank vor dem Fenster aufgestellt.
    »Wo verkaufst du es?«
    »Auf den Flohmärkten.«
    »Greifen die Leute denn zu?«
    »Ja, sie sind manchmal wie verrückt danach. Bei uns ist alles von Hand gefertigt.«
    »Wie meine Puppen.« Jessica schaute sich die Gegenstände sehr genau an. Manche von ihnen waren sehr abstrakt. Da musste sich der Käufer eben selbst etwas darunter vorstellen.
    Andere wiederum zeigten Menschen, Tiere, aber auch Mutationen, Mischungen aus Mensch und Tier, sodass etwas Monsterhaftes dabei herauskam. Dazu waren sie grell bemalt wie Fetische aus fremden Ländern.
    Marion hatte Jessicas Interesse sehr wohl bemerkt. »Ich lasse viele Strömungen in meine Arbeiten mit fließen«, erklärte sie.

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