0653 - Alfreds kleiner Horror-Laden
außerhalb?«
»Außerhalb. Auf halber Strecke zwischen London und dem Schloss der Windsors. Ziemlich dicht an der Themse. Nicht weit von Eton entfernt. Der Laden gehört sogar noch zu dieser Stadt.«
»Gut. Heißt er nur Alfred?«
»Ja, unter einem anderen Namen kenne ich ihn nicht.«
Suko stellte die nächste Frage. »Was haben Sie alles bei diesem Mann gekauft?«
»Nur das Beil.«
»Warum nicht mehr?«
Sie trank einen kräftigen Schluck und stieß sogar auf. »Kann ich Ihnen sagen, Mister. Alfred ist ein Mann, der sich an bestimmte Regeln hält. Er verkauft stets nur eines seiner wertvollen Stücke an eine Person. Denn sie alle sind etwas Besonderes.«
»Killen die anderen auch?«
Mrs. Hatfield hob die Schultern. »Da würde ich an Ihrer Stelle Alfred selbst fragen.«
»Was wir natürlich tun werden.«
»Seien Sie vorsichtig, Sinclair. Alfred redet nicht mit jedem. Er ist sehr eigen, denn er spürt genau, wenn jemand zu ihm kommt, der nichts kaufen will. Für den bleibt der Laden geschlossen.«
»Den Kopf wird er uns schon nicht abreißen«, sagte ich.
»Man kann nie wissen.«
»Was verkauft er denn noch so alles?«, erkundigte sich Bill. »Oder hat er sich auf bestimmte Dinge spezialisiert?«
»Nein. Sie finden in seinem Laden Stücke aus den Fünfzigern ebenso wie Dinge, die schon mehr als dreihundert Jahre alt sind. Alfred ist sehr flexibel.«
Ich nickte. »Halten wir das mal fest. Dann hätte ich noch eine Frage, Mrs. Hatfield.«
»Bitte.«
»Hatte das Beil noch etwas anderes als eine blutige Geschichte? Können Sie darüber was sagen?«
»Wie meinen Sie das denn?«
»Ich denke an gewisse Eigenschaften und möchte den Begriff Magie hinzufügen.«
Sie lächelte schmallippig. »Ah, daher weht der Wind.« Mokant hob sie die Schultern. »Da kann ich Ihnen nicht helfen, Sinclair. So Leid es mir tut.«
Ich hatte das Gefühl, einer Lügnerin gegenüberzustehen, konnte ihr das Gegenteil aber nicht beweisen.
»Sie können sich auch nicht vorstellen, wohin das Beil verschwunden ist?«, erkundigte sich Suko.
»Nein. Ich habe es jedenfalls nicht aus dem Hauklotz gezogen und ich habe meinen Mann auch nicht umgebracht.«
»Das nehmen wir Ihnen sogar ab, Mrs. Hatfield.«
»Wie schön.«
Bill hatte den Raum durchwandert und sich genau umgeschaut. Vor einem Fenster war er stehen geblieben, schaute in den rückwärtig gelegenen Garten hinein, wo zwischen den Laubbäumen noch kleinere Obstbäume wuchsen, die allerdings zu wenig Sonne bekamen, weil das Blätterdach der anderen Bäume zu dicht war.
Zwischen den Blättern einer Platane bewegte sich etwas. Es war nicht der Wind, der das bewirkte, auch keine Vögel, die von Ast zu Ast flatterten, das war etwas anderes, Helles, Blitzendes, das plötzlich hervorschoss und bei seiner Reise noch einige Blätter von Zweigen abrasierte.
Das Beil!
Bill stand für einen Moment starr, als er sah, wie sich das Mordinstrument senkte und auf die Wand zuraste.
Nicht nur das, es zielte auf das Fenster, hinter dem Bill Conolly stand. Mit einem Sprung warf er sich zur Seite, riss einen Stuhl mit um und schrie uns eine Warnung zu.
Wir fuhren herum.
Den Schatten des Beils sahen wir noch vor der Scheibe. Im nächsten Augenblick ging sie zu Bruch und das verfluchte Beil hatte freie Bahn…
***
Tilly Erskine gehörte zu den Frauen, die es liebten, in der Vergangenheit zu leben. Da dies nicht möglich war, freute sie sich auf gewisse Feste, die ihr wenigstens einen Hauch des viktorianischen Zeitalters vermittelten. Dazu gehörten große Bälle und Empfänge, die der Adel hin und wieder gab.
In ihren Adern floss zwar kein blaues Blut, aber sie wurde trotzdem eingeladen, denn Tilly arbeitete für die Regenbogenpresse als Reporterin. Im Gegensatz zu anderen Kollegen berichtete sie stets positiv über das Königshaus und allem, was damit zusammenhing. Sie wollte nichts wissen, von den »Erfahrungen«, die in letzter Zeit so manche Bediensteten aus dem Dunstkreis der Queen zu Papier gebracht hatten. So etwas verabscheute Tilly Erskine. Sie war königstreu und ließ sich von dieser Linie durch nichts abbringen.
Ihre Berichte machten Freude. Zwischen den Zeilen spürte der Leser den Glanz und den Glamour, der aus ihnen hervorsprang und den Käufer zurück in die große Zeit der Monarchie versetzte.
An diesem Abend fand wieder ein gewaltiges Fest statt und Tilly hatte sich dazu etwas Besonderes gekauft.
Ein Ballkleid!
Nicht irgendeines, nein, dieses Ballkleid würde viele
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