0654 - Wo Deborah den Teufel trifft
eingebildete Krankheiten heilen.«
»Aber nicht bei mir!«, fuhr Debbie die Freundin an. »Das darfst du nicht sagen. Ich habe mir die Krankheit nicht eingebildet. Diese Albträume entsprechen den Tatsachen, Jessie. Wann willst du mir das endlich glauben! War das Schwert mit der blutigen Klinge denn nicht Beweis genug? War es das nicht?«
Jessica Long gab keine Antwort.
Zunächst fiel es Debbie nicht auf. Nach einer Weile aber wunderte sie sich über die stumme Frau, wollte noch einmal nachfragen - und schwieg verbissen und erschrak.
Mit Jessica war etwas passiert. Sie saß zwar noch in ihrem Sessel, doch sie hatte eine schiefe Sitzposition eingenommen und sah so aus, als würde sie jeden Augenblick zu Boden fallen.
»Jessie…«
Langsam fielen die Augen der Angesprochenen zu. Debbie hatte noch soeben den starren Blick mitbekommen, dann war auch der verschwunden. Erschreckt und bleich wie eine Leinwand hockte sie vor der Freundin, unfähig, handeln zu können.
Sekunden verstrichen. Panik flutete wie eine Welle in ihr hoch. Sie fragte sich, was sie jetzt tun sollte. Zum Telefon laufen, einen Arzt anrufen? Dann entschloss sie sich, nach dem Herzschlag der Freundin zu fühlen, denn Jessicas Aussehen hatte sich verändert. Sie wirkte wie eine Tote.
Debbie legte die Hand unter die linke Brust.
Ja, das Herz schlug, aber die Atmung hatte sich bei Jessie stark reduziert.
»Die Pille«, flüsterte Deborah. »Die verdammte Tablette. Ich hätte sie ihr nicht geben sollen…«
Jessica bewegte plötzlich die blassen Lippen.
»Töten, ich werde töten - ja, ich werde töten…«, presste sie hervor.
***
Es war über sie gekommen wie ein Schlag, denn die Wirkung der Tablette setzte urplötzlich ein, auch für Jessica Long völlig überraschend. Soeben noch hatte sie ihre Freundin vor sich gesehen, dann verschwand das Bild schlagartig, als wäre es ausradiert worden.
Ein anderes erschien!
Das genaue Gegenteil von dem, was hinter Jessica lag, denn sie tauchte hinein in eine furchtbare Schreckenswelt.
War es Traum, war es Wahrheit oder Einbildung?
Jessica wusste es nicht. Sie wusste überhaupt nichts mehr, denn diese unheimliche Welt hielt sie umklammert und schwemmte sie weg. Es waren Wogen, die sie nicht sah, Wind, den sie nicht spürte, tiefe Schluchten, Berge, schroffe Felsen, die sich wie breite Nadeln in die Höhe reckten, als wollten sie nach dem düsteren braunen Himmel greifen, der schattenhaft auf die Welt herabschaute.
Von irgendwelchen Lebewesen sah sie nichts. Jessica schwebte allein durch die Welt, obwohl sie Bodenkontakt hatte. Aber sie merkte keinen Widerstand unter ihren Füßen und glitt immer tiefer hinein in dieses unheimliche Land.
Irgendwann kam sie zur Ruhe. Und diesmal stand sie auf dem Boden.
Sie konnte hineinschauen in die unheimliche Weite und sogar so etwas wie eine Erinnerung tauchte in ihrem Kopf auf. Hatte nicht eine andere Person ebenfalls über die Welt gesprochen?
Jessica dachte nach. Sie überlegte, wer die Person gewesen sein könnte. Der Name fiel ihr nicht mehr ein.
Dann schaute sie an sich herab.
Sie sah sich und sie sah sich verschwinden. Sie spürte Widerstand, aber ihre Füße verschwanden im Schwarzbraun des Untergrunds.
Was war geschehen?
Es half ihr nicht, nach einer Erklärung zu suchen, denn sie fand keine. Sie nahm ihr Schicksal hin und so etwas wie der Gedanke an ihr eigenes Ich turnte durch ihren Kopf.
Ein Ich, ein Bewusstsein, eine Seele, die sich von ihrem Leib gelöst hatte.
Nichts um sie herum bewegte sich. Diese Einöde war furchtbar und erschreckend. Und wieder erinnerte sie sich an den Bericht der Freundin Deborah. Hatte sie nicht von einer schwarzen Gestalt gesprochen, die auf einem ebenfalls schwarzen Pferd gesessen hatte?
Dieses Monstrum sah Jessica nicht. Ihr Blick aber fiel auf einen anderen bekannten Gegenstand, den sie ebenfalls aus bestimmten Beschreibungen kannte.
Es war dieser unheimliche schwarze Berg, aus dessen Spitze die langen, stangenartigen Gegenstände hervorragten und aussahen wie hellbraun gefärbte menschliche Knochen.
Sie konnte damit nichts anfangen, aber es siegte bei ihr die Neugierde, und so machte sich Jessica Long auf den Weg, um diesen unheimlichen Berg zu erreichen.
Wenn Luft sie umgab, so konnte sie darauf verzichten. Als nur feinstofflicher Körper brauchte sie weder zu atmen noch Nahrung aufzunehmen. Und sie war nicht verletzbar.
Seltsam, dass ihr so etwas durch den Kopf schoss. Nicht verletzbar, wohl aber ihr
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