0655 - Der Fund
sich hinlegen, doch Lakeman kannte kein Pardon. Er umfasste das Halsband und zerrte Barney tiefer in das Haus hinein.
Der Förster hatte es nach seinen Vorstellungen umgebaut. In der unteren Etage Wände herausgerissen, sodass ein großer Raum entstanden war, den er als Wohn- und Arbeitszimmer benutzte und sich im Winter noch am Kaminfeuer wärmen konnte. Der Holzstapel lag in einer exakt eingebauten Nische.
Barney trottete schließlich hinter ihm her, blieb auf dem Teppichstück im Wohnraum liegen, das die Eintönigkeit der rötlichen Fliesen unterbrach, und machte »wuff«.
Für ihn ein Zeichen, dass die Sache erledigt war. Er öffnete das Maul und der Knochen fiel heraus.
Wie ein Stück Holz rollte er auf den Teppich.
»Bist ein braver Hund, Barney«, lobte Kevin Lakeman ihn und nahm den Knochen an sich.
Von der Decke hing eine Leuchte aus hellem Kiefernholz. Er schaltete sie ein. Das Licht fiel als großer Kreis auf die ebenfalls kreisrunde Platte eines Tisches, der aus wuchtigem Holz bestand und bereits seine Jahre auf dem Buckel hatte.
Der Knochen lag dort wie ein bleicher, fremder Gegenstand aus einer anderen Welt. Er passte einfach nicht in den gemütlichen Raum, er wirkte störend, aber Lakeman schaffte ihn nicht zur Seite, weil er ihn näher untersuchen wollte.
Wenn er sich nicht täuschte, gehörte der Knochen zum Bein. Er war blank, als hätte Barney auf seinem Weg hierher ständig daran geleckt. Bleicher als dieses Stück konnte ein Gebein nicht sein und Kevin Lakeman dachte daran, dass sich Fremde nach einem Grab erkundigt hatten. Sie suchten wahrscheinlich noch, aber Barney hatte es gefunden.
Der Hund schaute zu ihm hoch und Lakeman lächelte. Er wusste ja, was er wollte. »Ja, du bist ein sehr Braver gewesen, du bekommst deine Belohnung, glaub mir.«
Diese Worte kannte Barney. Er verließ seinen Platz und lief schwanzwedelnd dem Napf entgegen, der seitlich des Kamins stand, neben dem großen, ausgepolsterten Korb, in dem Barney meistens schlief.
Lakeman war mit seinen Gedanken nicht so recht bei der Sache, als er den Napf füllte. Dass der Hund den Knochen gefunden hatte, passte ihm überhaupt nicht ins Konzept. Diese Tatsache konnte durchaus so etwas wie der Anfang vom Ende sein, denn nun sah es der Förster als erwiesen an, dass dieses Grab existierte.
Gern hätte er sich mit den beiden Yard-Leuten in Verbindung gesetzt, aber die waren unterwegs und die Nummer des Autotelefons kannte er ebenfalls nicht.
Was tun?
Hier warten und alles an sich herankommen lassen, wenn überhaupt etwas kam? Nein, Kevin Lakeman gehörte nicht zu den Typen, für die so etwas in Frage kam. Er hatte den Job als Förster übernommen, um aktiv sein zu können. Im Haus hocken zu bleiben und die Stunden tatenlos vergehen zu lassen war einfach nichts für ihn.
Barney hatte den Knochen gefunden und Barney würde ihn auch zu der Stelle hinführen.
Noch fraß er. Sein Schmatzen klang durch den Raum. Der Förster ließ ihn fressen und ging in den Flur. Dicht neben der nach oben führenden Holztreppe hing seine Kleidung an mehrere Haken verteilt. Da es ziemlich kühl war, entschied er sich für die leicht gefütterte Parkajacke, die er noch nicht überzog, sondern neben den Spiegel hängte, wo auch sein Gewehr stand, ohne das er sein Revier nie durchstreifte. Bisher war er noch nicht in die Verlegenheit gekommen, auf Menschen zu schießen, doch er spürte irgendwie, dass sich dies sehr bald ändern konnte.
Im Spiegel betrachtete sich der Mann. Er war etwa fünfunddreißig, hoch gewachsen, noch mit einer sommerlichen Bräune versehen.
Den Bart hatte er sich vor zwei Wochen abgenommen. Er fand, dass er ihn zu alt machte. Die dichten Augenbrauen wuchsen wie zwei Balken, sodass sein Gesicht manchmal ein finsteres Aussehen zeigte.
Aber Kevin war harmlos. Er wollte nur seine Ruhe haben und seinem Job nachgehen, den er über alles liebte. Frauengeschichten gab es bei ihm kaum. Verheiratet war er auch nicht, nur hin und wieder kam eine Freundin vorbei, die in einer Umweltpartei arbeitete und stets voller Hektik und Stress steckte.
Barney schmatzte an seinen letzten Bissen, als der Förster den Wohnraum betrat. »Na, du alter Herr, hat es geschmeckt?«
»Wuff«, machte Barney. Das konnte bei ihm alles bedeuten. In diesem Fall Zufriedenheit. Er holte sich zudem noch seine Streicheleinheiten ab, dann erklärte ihm der Förster, dass sie noch einen Spaziergang machen würden. Als Kevin den Knochen aufnahm, bellte der Hund
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