0655 - Der Tod in Moskau
diese Schweinebacken am hellichten Tag unter den Augen der Gesetzeshüter ein Auto!«
Gregor lächelte süffisant.
»Vielleicht sollte der FSK Ihnen das Fahrzeug in Rechnung stellen.«
»Wenn«, warf Zamorra ein, der Saranow etwas blasser werden sah, »dann mir. Schließlich ist der Wagen für mich bereitgestellt worden, nicht wahr? Ich werde dann Ihre Firma verklagen, weil das Fahrzeug ungenügend gesichert war. Ach, zum Teufel, warum nehmen wir nicht einen Wagen aus der Fahrbereitschaft der Polizei? Kommissar Ratekin kann sicher dafür sorgen.«
Er konnte. Er ließ einen Einsatzwagen mit Blaulicht Vorfahren, kein ziviles Fahrzeug. »An dem hier vergreift sich jedenfalls keiner der Diebe«, erklärte er. »Und nach dem Mercedes lassen wir fahnden. Der kann noch nicht weit sein.«
»Es ist immerhin schon wenigstens zwei Stunden her, seit wir hier einparkten«, sagte Zamorra.
Ratekin streckte den Arm aus. »Schauen Sie sich den Verkehr an. Wenn er nicht durch die Luft geflogen ist, kann er höchstens ein paar hundert Meter weit gekommen sein«, sagte er spöttisch.
Er selbst schaltete vorsichtshalber Signallicht und Sirene ein, um besser voranzukommen. Trotzdem dauerte es eine Weile; die Moskowiter schienen vor Polizeifahrzeugen im Einsatz nicht sehr viel Respekt zu haben. Zamorra fragte sich, was geschah, wenn Notärzte oder Feuerwehr unterwegs waren.
Aber nach einer Weile ließen Verkehrsdichte und Hektik nach. Schließlich erreichten sie den ersten Tatort.
Zamorra und Saranow sahen sich hier und auch an den anderen Orten eingehend um. Aber es gab nichts, das auf bestimmte Gemeinsamkeiten zwischen den Opfern hindeutete. So, wie es auch keine persönlichen Gemeinsamkeiten gab. Ein Mafioso, ein Taxifahrer, ein Fabrikarbeiter… sie hatten keine gemeinsamen Bekannten, keine gemeinsamen Interessen. Weshalb also hatte ein und dieselbe dämonische Person sie ermordet? Welcher Sinn verbarg sich hinter diesen Taten?
Weder die Akten noch die Tatorte verrieten etwas.
Schließlich ließen Zamorra und Saranow sich vor Saranows Haus absetzen. Gregor wollte sich ihnen anschließen, aber Zamorra signalisierte ihm, er möge verschwinden. Erstaunlicherweise gab der Agent sofort nach. Das verstärkte Zamorras Verdacht, daß Gregor seine Telepathie benutzte, um über Saranow mehr zu erfahren.
»Das machen wir anders«, schmunzelte er und zog den russischen Kollegen mit sich ins Haus. »Du hast doch ganz bestimmt noch ein Gläschen Wodka für einen alten Freund im Keller, Brüderchen Boris?«
»Sogar ein ganzes Fläschchen«, signalisierte ihm der Russe. »Aber so kenne ich dich überhaupt nicht, Zamorra. Willst du dich etwa schon vor dem Mittagessen besaufen?«
Zamorra grinste ihn an.
»Zeig mir deine geheimen Kellervorräte«, verlangte er.
***
Es lohnte sich nicht, ein Taxi zum Hotel kommen zu lassen. Mit der Metro kamen Nicole und Eva wesentlich einfacher und preiswerter zum Ziel. Nicole mußte zwar nicht unbedingt jeden Pfennig vor dem Ausgeben dreimal umdrehen, aber es war schon ein Unterschied, für 20 Kopeken pro Kilometer Taxi zu fahren oder für 5 Kopeken unbegrenzt weit mit der Metro oder den Trolleybussen. [3]
Wobei das für westliche Verhältnisse so oder so beinahe lächerlich gering war…
Ebenso wie das Durchschnittseinkommen der russischen Bevölkerung…
Nicole, die nicht zum ersten Mal in Moskau war, wurde zur Fremdenführerin in Sachen Mode und landete mit Eva zunächst mal im »Vera Moda«, einem russisch-italienischen joint venture-Unternehmen, um danach diverse andere Läden zu durchstöbern, im größten Warenhaus GUM gegenüber dem Kreml nicht fündig zu werden und endlich im zweitgrößten Kaufhaus ZUM nahe dem Bolschoi-Theater endlich zu finden, was ihrem Geschmack entsprach. Dabei war Mode von der Stange eigentlich weniger ihre erste Wahl.
Sie staffierten sich beide komplett neu aus. Während Nicole die Sachen, die sie bisher getragen hatte, einpacken und zum Hotel schicken ließ, bestand Eva darauf, daß ihre Lederkleidung unverzüglich und endgültig entsorgt wurde. »Am besten verbrennen Sie die Sachen gleich«, verlangte sie.
Sie wirkte sichtlich erleichtert, als sie das Kaufhaus verließen. Sie hegte den Wunsch, noch ein wenig von der Stadt zu sehen. So bestiegen sie einen der Busse.
Nicole fühlte sich zwar nicht unbedingt zur Fremdenführerin berufen, die ihrer Begleiterin sämtliche Sehenswürdigkeiten bis ins Detail erklären konnte. Aber so konnten sie zumindest bei einer
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