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0657 - Der letzte Henker

0657 - Der letzte Henker

Titel: 0657 - Der letzte Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die Köpfe wieder vor die Füße? Welchen Sinn ergibt das?«
    »Das weiß ich doch selbst noch nicht«, sagte Tendyke. »Aber ich werde es herausfinden.«
    »Wir werden es herausfinden«, sagte Zamorra.
    »Und vor allem müssen wir den Weg entdecken, auf dem Ma-Chona zumindest Deputy Bannard ins Jahr 1680 geholt hat. Hast du etwas von einem Zeittor gespürt?«
    »Nein«, sagte Zamorra. »Aber ich habe einen Verdacht…«
    ***
    Vergangenheit:
    Seltsamerweise durfte ich mich in der befestigten Ansiedlung völlig frei bewegen. Man beobachtete mich zwar aufmerksam, aber damit konnte ich vorerst leben.
    Nachdem ich von Conchita erfahren hatte, was ich wissen wollte, hatte ich sie in das kleine Haus ihrer Eltern zurückgeschickt. Falls es weiteren Ärger gab, sollte sie davon nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
    Zudem war’s mir schon ein bißchen peinlich, wie sie mich anhimmelte - so ritterlich habe sich noch nie ein Mann ihr gegenüber gezeigt, behauptete sie. Schön, wenn ein 185 jähriger, der allerdings wie Anfang 30 aussieht, so angeschmeichelt wird, aber… wenn, dann später! Dann, wenn dieser ganze teuflische Spuk hier vorüber war.
    Ich rätselte immer noch, wer der dritte Tote war, und in mir kochte der Zorn über den Tod von Frans und Igor. Verdammt, man konnte doch zwei Menschen nicht einfach so umbringen, nur weil sie unbefugt ein bestimmtes Stück Land betreten hatten! Oder weil man sich durch Menschenleben selbst das Wohnrecht im Indianerland erkaufte…
    Für mich hätte es nur zwei Möglichkeiten gegeben: entweder duldeten mich die Indianer auf ihrem Land, oder ich suchte mir einen anderen Platz. Aber ich hätte ihn mir weder mit Waffengewalt genommen noch durch Opfer. Spätestens nach meinem ersten »Tod« hatte ich begriffen, wie wertvoll ein Menschenleben war. Und ich bedauerte, daß ich oft genug gezwungen war, andere Menschen zu töten. Aus welchen Gründen auch immer. Aber jedes Leben, das ich zerstörte, brachte mich meinem Erzeuger einen Schritt näher. Mit Erschrecken stellte ich dabei fest, daß es um so leichter fiel, zu töten, je öfter man es bereits getan hatte…
    Allenfalls zwei Personen gab es, denen ich mit Vergnügen den Hals umgedreht hätte - Don Cristofero Fuego del Zamora y Montego und mein Erzeuger Asmodis.
    Aber bei beiden hoffte ich, daß mir ein anderer die Arbeit abnehmen würde.
    Manchmal fragte ich mich, warum ich meinen Erzeuger eigentlich so verabscheute. Er war, was er war, so wie ich auch. Er konnte nicht aus seiner Haut, folgte seiner Bestimmung. Und ich verdankte ihm viel. Ihm und seinem Lichtbruder Merlin. Sie hatten mir den Weg nach Avalon geschenkt und damit beinahe Unsterblichkeit - solange ich nicht unvorsichtig wurde. Wenn man mich überraschte, so daß ich Zauberspruch und Schlüssel nicht mehr rechtzeitig einsetzen konnte, würde ich nicht nach Avalon gelangen, um in ein neues körperliches Leben gebracht zu werden. Dann war ich unwiderruflich tot.
    Das lehrte mich, stets auf Mord und Totschlag vorbereitet zu sein. Auf mich aufzupassen. Ich war zum Überlebenskünstler geworden. Und im krassen Gegensatz dazu stand meine Abenteuerlust. Ich fühlte mich ständig herausgefordert, die Grenzen der Gefahr auszuforschen, mich dem Tod zu nähern und mit ihm zu spielen, in der vermeintlichen Sicherheit meiner Vorsicht.
    Und je mehr ich erlebte, um so blasser wurden die Gefahren. Würde ich irgendwann an eine Grenze stoßen? Eine, die nicht mehr zu überschreiten war? Oder würde mich irgendwann die Langeweile plagen, weil es kein Weiter mehr gab? Weil ich alles erlebt hatte, was ein Mensch erleben und überleben konnte?
    Nachts, wenn ich über mir die Sterne am Himmel zählte, glaubte ich nicht an diese Grenze. Von meinem Erzeuger wußte ich, daß jeder dieser Sterne so war wie die Sonne, daß es bewohnte Welten gab, die von diesen Sternen beschienen wurden; Welten, auf denen vielleicht auch ein Zigeunerjunge Roberto lebte. Aber das alles war jetzt unwichtig. Irgendwo draußen jenseits der Palisaden befanden sich meine Kameraden. Und hier war der Mörder Accosto.
    Wenn die Calusa Frans’ und Igors Körper tatsächlich verzehrten, dann schienen sie das nicht hier in der Umzäunung zu tun.
    Vermutlich gab es irgendwo draußen in der Wildnis noch ein Indianerdorf. Ich mußte hinaus.
    Eigentlich wäre das ja kein Problem gewesen. Accosto hatte ja verlangt, daß ich wieder verschwand.
    Allerdings ohne Waffen. Und ohne mein Beglaubigungsschreiben, von dem ich immer

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