0659 - Die indische Rache
ich mich auf - und hatte den Eindruck, auf dem Meer zu schwimmen, zudem bei hohem Wellengang. Der Knabe grinste, aber ich riß mich zusammen. Ich wollte keine Schwäche zeigen und schaffte es auch, sitzen zu bleiben. Als ich den Kopf nach rechts drehte, fiel mein Blick durch die offenstehende Hintertür des Ambulanzwagens hinaus auf den Platz, wo der Wagen explodiert war. Polizisten und Feuerwehrleute gaben sich hier ein Stelldichein. Es herrschte ein wahnsinniger Betrieb. Zudem hatten sich natürlich die Gaffer eingefunden, aber das interessierte mich persönlich nicht. Mir ging es allein um den Fall der Maske und des mordenden Astralleibs.
Dann fiel mir Helen Dexter ein.
Ich sprach den Sanitäter darauf an, der aber hob nur die Schultern und meinte: »Wer ist das denn?«
Ich beschrieb ihm die Frau.
»Ach die. Ja, sie hat Glück gehabt. Mehr als Sie jedenfalls. Soviel ich weiß, ist ihr nichts passiert.«
»Wo kann ich sie finden?«
»Wahrscheinlich draußen. Die Polizisten sind noch dabei, die Zeugen zu verhören.«
»Das ist gut.« Ich kletterte aus dem Wagen, was nicht so einfach war. Doch ich biß die Zähne zusammen. Ich konnte mir keine weitere Schwäche mehr leisten. Wenn sich das fortsetzte, konnte Siras Totengeist sich ins Fäustchen lachen.
In meinem Kopf tuckerte es. Zudem brannte die Platzwunde. Eine Spritze hatte ich auch bekommen, wie mir der Sani sagte und hinzufügte, daß ich sonst noch mehr Schmerzen hätte.
»Danke, das ist okay.«
Helen Dexter hockte auf einem Klappstuhl nicht weit von dem großen Wagen entfernt. Sie rauchte und sprach gleichzeitig Sätze in den Mini-Recorder, der auf ihrer linken Handfläche lag. Daß ich kam, sah sie nicht. Erst als mein Schatten auf sie fiel, schaute sie hoch.
»Na, Helen?«
»John.« Sie stellte den Recorder ab, stand auf und legte ihre Hände auf meine Schultern. »Tut mir leid, aber damit konnte ich nicht rechnen. Welche Geister bedienen sich schon einer Bombe.«
»Das braucht nicht unbedingt eine Bombe gewesen zu sein. Auch Feuer oder reine Magie. Jedenfalls zeigt es uns, daß die andere Seite nicht gewillt ist, den Anschlag hinzunehmen.«
»Ja, da haben Sie recht.«
»Wer leitete die Ermittlungen?«
Sie zeigte auf einen schmächtigen Mann in zu langem Trench. Ich kannte ihn. Paul Glaser galt als hervorragender Sprengstoff-Experte. Oft genug hatte er auch für uns gearbeitet.
Als er mich sah, legte er den Kopf schief. »Seit wann kümmern Sie sich um Sprengstoff-Attentate?«
»Seit sich die Methoden gewisser Feinde verändert haben. Man kämpft nicht allein mit den Mitteln der Magie.«
»Aha.«
»Haben Sie schon etwas herausfinden können?«
Glaser deutete auf das Wrack. Es bestand aus einer Mischung aus verkohltem Blech und Kunststoff.
Über beidem breitete sich ein Teppich aus Schaum aus. Zudem wehte uns der Wind einen beißenden Gestank entgegen. »So gut wie nichts. Das ist es ja.«
»Ich gehe unter Umständen davon aus, daß diese Explosion eine andere Ursache gehabt hat.«
»Tatsächlich? Welche denn?«
»Magie.«
Er verzog die dünnen Lippen. »0 ja, Magie. Sorry, ich vergaß, daß Sie ja der Experte sind und…«
Jemand aus der Expertengruppe liefàuf mich zu. »Sind Sie Oberinspektor Sinclair?«
»Ja.«
»Telefon für Sie.« Er räusperte sich. »Bitte, kommen Sie mit zu unserem Wagen.«
Ich folgte ihm und ging, als wären Kugeln unter meinen Schuhsohlen befestigt worden. Es war schlimm. Wenn ich diesen Fall durchstand, dann als angeschlagene Figur.
Ich rechnete mit einem Anruf meines Freundes Suko, war allerdings überrascht, als ich eine mir unbekannte Frauenstimme hörte, die nach meinem Namen fragte.
»Ja, ich bin John Sinclair.« Der Wagen war niedrig, ich hockte geduckt und versuchte, nicht mehr an die Schmerzen in meinem Kopf zu denken.
»Das ist gut, denn ich bin Schwester Betty.«
»Okay, aber ich kann…«
»Aus dem Krankenhaus, in dem Glenda Perkins liegt!«
Ein Adrenalinstoß jagte durch meinen Körper. Siedendheiß schoß mir das Blut ins Gesicht. Die Haut stand plötzlich in Flammen. Ich hätte sie abreißen können. Ausgerechnet Glenda.
»Sind Sie noch dran, Mr. Sinclair?«
»Natürlich, sprechen Sie.« Ich kannte meine eigene Stimme kaum wieder.
Es sprudelte aus ihr hervor. Auch wenn ich es gewollt hätte, es wäre mir kaum gelungen, sie zu unterbrechen. Die Schwester mußte sich einfach alles von der Seele reden. Als sie endete, brach ihre Stimme mit einem lauten Schluchzen ab.
Eine direkte
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