0659 - Die indische Rache
Wesen mit menschlichen Umrissen gewesen. Das hörte nun auf.
Die positiven Kräfte meines Kreuzes hatten Energien freigesetzt, denen der Astralleib nichts entgegensetzen konnte. Er war in zahlreiche Stücke zerrissen worden, und das Bild erinnerte mich an ein dreidimensionales Hologramm, das man allerdings zu einem Puzzle auseinandergepflückt hatte.
Der Kopf saß nicht mehr auf dem Körper. Die Kraft des Kreuzes hatte ihn buchstäblich abgerissen und zur rechten Seite hin getrieben.
Auch die Arme waren nicht mehr vorhanden. In Schulterhöhe waren sie abgefetzt worden und drehten sich als Streifen dicht unter der Decke. Das rechte Bein war ebenfalls nicht mehr vorhanden, und plötzlich lösten sich auch die Augen aus dem Nebelkopf, so daß sie wie kleine Kugeln zu verschiedenen Seiten hin wegwischten.
Rechts und links gegen die Wand prallten sie. Ich hörte keinen Aufschlag, aber sie zersprühten wie farbige Nebelblitze, wobei sie sich noch drehten und in die Spiralform hineingingen, bevor sie endgültig verloschen.
Das genau war auch das Zeichen für die anderen Teile, nicht mehr so zu bleiben.
Beine, Arme, die Reste des Körpers, vor meinen Augen lösten sie sich auf.
Stumm, ohne einen Laut, ohne einen Schrei. Es war einfach alles vorbei. Siras Astralleib hatte meine letzte Attacke nicht überstanden. Hier regierte ich, vielmehr mein Kreuz, das ich in der rechten Hand hielt, die jetzt nach unten sank.
Ich hörte Helen Dexter weinen. Sie war vor der Wand zusammengesunken und konnte es nicht fassen.
Mein Weg führte mich an das Bett, wo Glenda Perkins lag. Ich schaute auf sie herab.
Zuerst wollte ich es nicht glauben, aber sie hielt tatsächlich die Augen offen und schaute mich an.
»Glenda…«
»John…?«
Es war mehr eine Frage, doch immerhin eine Hoffnung. Sie hatte mich erkannt.
Im nächsten Augenblick überkam es mich wie eine Woge. Die vergangenen Minuten waren einfach zu hart gewesen, auch die Spritze hatte mich nicht so aufputschen können. Ich merkte, wie meine Beine schwach wurden, in den Knien gaben sie zuerst nach.
Dann sank ich zu Boden.
Daß Helen Dexter dabei geschrieen hatte, bekam ich nicht mehr mit. Für mich war die Welt verloschen…
***
Tot war ich nicht. Wenn ich in den Himmel gekommen wäre, hätte ich bestimmt nicht Sukos Gesicht über mir schweben sehen, aber genau er war es, der mich anschaute.
»Du?« flüsterte ich.
»Bist du enttäuscht?«
»Kommt drauf an.«
Suko grinste, als er sich auf die Bettkante setzte. »Ich hätte dir ja auch jemand anderen schicken können. Sir James, zum Beispiel. Von ihm soll ich dir Grüße übermitteln.«
»Danke. Und was ist mit Glenda?«
»Sie liegt eine Etage unter dir. Anscheinend geht es ihr etwas besser.«
Ich atmete aus, denn mir war eine Zentnerlast vom Herzen gefallen. »Danke, Suko.«
»Wofür?«
»Die Nachricht ist Gold wert und bringt mich wieder auf die Beine.« Ich wollte aufstehen, doch mein Freund drückte mich zurück.
»Nicht jetzt, John. In zwei Tagen.«
»Was?«
»Ja, mein Lieber. Diese Zeit ist dir vom Arzt verordnet worden. Tut mir leid. Und Sir James persönlich hat Anweisung gegeben, daß du auch überwacht wirst.«
Ich verdrehte die Augen. »Sag mir doch eines, Alter. Was ist mit dem Palmblatt?«
Suko lächelte. »Das besitzen wir noch. Wir haben alle Chancen, den Text entziffern zu lassen.«
Es waren Worte, die mir guttaten. So gut, daß ich von einem Augenblick auf den anderen einschlief…
ENDE
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