0659 - Die indische Rache
war. Nach wie vor unbefriedigend, aber es hatte sich nichts verschlechtert.
Im Zimmer bleiben konnte sie nicht. Betty hatte die gezischelten Botschaften nicht vergessen, und ihr war klargeworden, daß sie etwas unternehmen mußte.
Mit steifen Bewegungen ging sie auf die Tür zu. Als sie das Zimmer verlassen hatte, kam sie sich vor wie in einer anderen Welt. Es ging nicht mehr weiter. Sie mußte sich gegen die Wand lehnen und hätte beinahe noch einen der fahrbaren Wagen zur Seite gestoßen.
Sie schloß die Augen, atmete tief durch, und so wurde sie von einer Kollegin gefunden.
»Betty, was ist los?«
»Wie bitte?« Die Schwester kam sich vor wie aus einem tiefen Schlaf erwacht. Sie öffnete die Augen, und sah Linda vor sich stehen. Etwas verstört.
»Bist du krank oder erschöpft?«
»Weiß nicht.«
»Mein Gott, du mußt doch…«
Betty legte ihre Hand auf den Ellbogen. »Sorry, Linda, aber ich muß weiter.« In der Drehung stellte sie die nächste Frage. »Weißt du, ob Dr. Clement noch hier ist?«
»Ja, natürlich.«
»Gut, das ist gut.«
Linda schaute ihrer Kollegin kopfschüttelnd nach, wie sie auf das Schwestern- und Ärztezimmer zuging. Sie verstand die Welt nicht mehr. Aus der resoluten Oberschwester war beinahe ein Nervenbündel geworden. Mit so etwas hatte sie auch nicht rechnen können.
Dr. Clement war noch anwesend. Er bekam übergroße Augen, als er seine Oberschwester über die Türschwelle gehen sah. Betty lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, preßte auch noch ihren Hinterkopf daran und flüsterte: »Das glauben Sie mir nie, Doktor. Das glauben Sie mir nie - wetten?«
»Was soll ich Ihnen nicht glauben?«
»Daß ich einen Geist gesehen habe. Eine weiße Frau, einen Astralleib, ein Gespenst.«
Der Arzt lachte. Allerdings nur kurz, und er hörte auf, als er in das Gesicht der Schwester schaute.
Diese Frau machte ihm nicht den Eindruck, als würde sie lügen. Schwester Betty hatte tatsächlich etwas erlebt.
Er ging auf sie zu. Willenlos ließ sich die Schwester zu einem Stuhl führen. Sie sank darauf nieder und redete leise, dabei mit einem leeren Ausdruck in den Augen.
»Es war ein Geist, er hatte ein Messer, und er hat ein Zeichen auf Glendas Stirn hinterlassen. Sie können zu ihr gehen und sich davon überzeugen.«
Dr. Clement warf einen Blick auf den Monitor. Da war alles wieder normal. Deshalb beschloß er, sich um Betty zu kümmern und fragte, ob sie ihm nicht von ihren Erlebnissen berichten wollte.
»Ja, das werde ich, Doktor. Ich werde Ihnen alles sagen. Ich muß Ihnen sogar alles sagen.«
»Bitte sehr.«
Sie berichtete. Was der Arzt zu hören bekam, ließ ihn an seinem Verstand zweifeln. Sie hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als er das Zimmer verließ und hinüber zu Glenda ging.
Sehr schnell kam er wieder zurück, diesmal ebenfalls blaß im Gesicht. »Sie hatten recht, Betty. Glenda Perkins hat tatsächlich das Zeichen auf ihrer Stirn.« Nach dem Satz schauderte er zusammen, wie unter eiskaltem Wasser.
»Ja, das ist so.«
Tief atmete er ein, dann pustete er die Luft aus. »Aber jetzt bin ich überfragt. Ich weiß nicht, was ich machen soll.« Er setzte sich hin und schüttelte den Kopf.
»Aber ich!« Auf einmal klang die Stimme der Schwester wieder sehr klar und auch aggressiv. »Ich weiß, was ich tun werde.«
»Und was?«
»Dr. Clement. Ich habe mir die Worte des Geistwesens genau gemerkt. Da ist indirekt von einer Person gesprochen worden, die uns keine Unbekannte sein sollte. Ein Mann, ein gewisser John Sinclair.«
»Ach Gott, der Oberinspektor, der nie Ruhe gegeben hat.«
»Okay, wahrscheinlich nicht ohne Grund, wie ich jetzt weiß.«
»Und was wollen Sie von ihm?«
»Nicht viel. Er soll nur herkommen, das ist alles. Oder trauen Sie sich zu, Glenda Perkins vor einem Geist zu schützen?«
»Nein.«
Er hatte die Antwort noch nicht richtig ausgesprochen, als Schwester Betty bereits zum Hörer griff…
***
Daß es ein Sanitäter gewesen war, der sich um mich gekümmert hatte, sah ich erst, als ich die Augen öffnete und gegen den weißen Kittel schaute.
Ich zuckte zusammen, als er hinter dem Ohr ein Pflaster festdrückte.
»Alles wieder klar?«
Ich grinste schief. »So weit, so gut. Wenn ich jetzt vielleicht von der Trage aufstehen könnte.«
»Das können Sie nicht.«
»Wieso nicht?«
»Sie werden wie alle anderen…«
»Hören Sie auf zu reden, Meister. Ich weiß genau, was für mich am besten ist.«
»Was denn?«
Mit einem Ruck richtete
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