066 - Das Tor zur Hölle
anzuvertrauen.
Es war der Punkt erreicht, den Iwan Kunaritschew für
seine Mission am besten ausnutzen konnte.
»Gut, gut«, sprudelte es über Bramhills Lippen. »Sie
sollen alles wissen. Kommen Sie mit in meine Bibliothek!«
Dort erzählte er die Story eines Archäologenlebens, wie
sie wahrhaftig nicht alltäglich war. Er berichtete von seinen Forschungen an
der ehemaligen Stätte, wo angeblich Gorho, ein Sklave der legendären
Dämonengöttin, verehrt wurde und Opfergaben empfing. Opfer in Form von Menschen
und Blut.
Die monströse Ungeheuerlichkeit, die auch Bramhill nicht
zu beschreiben imstande war, bereitete Rha-Ta-N'mys Ankunft vor.
Dieser Ort, nämlich Bramhills Haus, war dazu ausersehen,
Gorho zu empfangen. Und Lady Elisabeth, die auf unerklärliche Weise eine
furchtbare Wandlung durchmachte, war der Mittler zwischen Menschen und Dämonen
weit.
Bramhill redete ziemlich konfus durcheinander, verlor den
Faden, sprach dann zügig und logisch weiter. Sein ganzes Verhalten war ein Auf
und Ab, seine geistige Verfassung spiegelte sich in seinen Worten.
Kunaritschew hörte aufmerksam zu. Zwischendurch
unterbrach Bramhill sich und rief nach seinem Diener.
»Hol uns eine Flasche Kognak, Charles! Jahrgang
einundsiebzig. Natürlich voriges Jahrhundert. Ich will meinem Gast eine seltene
Kostbarkeit kredenzen.«
»Danke«, meinte Iwan Kunaritschew. Butler Charles ging
langsam und diskret davon. Das Wort Eile schien es bei ihm nicht zu geben.
Kunaritschew erfuhr die Geschichte der Begegnung zwischen
Larry und Bramhill. Nach den Aussagen des Lords war X-RAY-3 noch bis vor drei
Tagen als Gefangener bei den Indios in der Höhle gewesen, wo das mysteriöse
»Tor zur Hölle« von Bramhill besucht worden war. Bei dieser Gelegenheit hatte
Larry sich befreit und sein Sturz durch das Tor war erfolgt. Das lag drei Tage
zurück. Mit Sicherheit aber konnte man sagen, daß X-RAY-3 bis vor drei Tagen
noch gelebt hatte. Daß er sich in der zurückliegenden Zeit nicht meldete, wurde
nun auch erklärbar dadurch, daß Millionen Tonnen von Felsen über der geheimen
Höhle lagen und von dort aus eine Funkverbindung zur Außenwelt nicht möglich
war. Nicht mal ein Supersender hätte es vermocht, die hermetisch abdichtenden
Steinmassen zu durchdringen.
Erstaunlicherweise vermochte Bramhill auch Auskunft
darüber zu geben, auf welche Weise Larry in die Hände jener peruanischen, das
Vermächtnis Rha-Ta-N'mys bewahrenden Indios gelangt war.
Larry hatte in Mexico City das Telefongespräch zwischen
Ondella Marichi, eine der Aliaspersonen von Raymondo Camero, und einem
Sektenführer in den Anden Perus belauschen können.
Die beiden Partner hatten abgesprochen, sich zu treffen.
Larry war Ondella Marichi nachgefolgt und dabei ertappt worden, noch ehe eine
Meldung an die PSA-Zentrale abgehen konnte.
Man hatte ihm ein starkes Betäubungsmittel gegeben. In
Peru, in der Höhle, war er wieder zu sich gekommen. Bei seiner Bewachung legte
man strengste Maßstäbe an.
»Er sollte geopfert werden. Seine Neugierde, Rha-Ta-N'mys
Geheimnis kennenzulernen, sollte Befriedigung finden«, fuhr Bramhill fort. »Er
sollte den ›Tod zu Ehren Rha-Ta-N'mys‹
sterben. Aber Larry Brent kam seinen Häschern zuvor.
Seine Flucht allerdings endete in einer Sackgasse.«
Immer wieder der Hinweis darauf, daß mit der Flucht
Larrys Leben beendet war.
Aber Kunaritschew glaubte nicht, daß Larry Brent tot sein
sollte.
»Was geschah mit Ihrer Frau?« wollte er wissen. »Die
Krankheit, ihr seltsames Verhalten im Flugzeug – das alles geht auf das Wirken
Rha-Ta-N'mys und dämonischer Kräfte zurück, die von Frevlern geweckt wurden.«
»Ich reiste nach Peru mit der Absicht, meine Frau als
Eingangsopfer für Gorhos Ankunft zu bestimmen. Im Gespräch mit Martino erfuhr
ich, daß Gorho sich nur zeigen würde, wenn der jetzige Besitzer des Heiligtums
bereit war, als Diener den engsten Verwandten zu wählen. Ich habe weder Vater
noch Mutter, noch Geschwister, noch Kinder. Blieb nur meine Frau.
Gorho nahm das Opfer an. Elisabeth wurde zum leibhaftigen
Dämon, nichts mehr Menschliches haftet ihr an.«
»Wer ist Martino?« hakte Iwan sofort nach.
»Ein Indio, der offiziell in Machu Picchu einen kleinen
Andenkenladen führt. Von der Briefmarke bis zum selbstgewebten Poncho kriegen
Sie dort alles. Martino ist als einziger eingeweiht in das Geheimnis des
unterirdisch lebenden Volkes, das in Reinheit noch die alte Sprache spricht.
Nur in der Ursprache selbst sind die
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