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0660 - Die Totenstadt

0660 - Die Totenstadt

Titel: 0660 - Die Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zwanzig Minuten Zugfahrt wurden zu einer der längsten meines Lebens. Eigentlich atmete ich erst auf, als wir den Tunnel dicht vor Kyoto hinter uns gelassen hatten und in die Stadt einrollten, deren Lichter Reflexe auf den Scheiben hinterließen.
    »Und jetzt bin ich mal gespannt, wie es weitergeht«, sagte Suko, als er nach seinem Koffer griff.
    »Ich auch, mein Lieber…«
    ***
    Aoyama wartete die Tageswende ab, bevor er seinen Beobachtungsplatz verließ und sich auf den Rückweg zur Hütte begab.
    Es war nichts weiter geschehen. Kein Schatten hatte sich in der Dunkelheit bewegt, kein fremder Laut war an seine Ohren gedrungen, und auch die Vögel zeigten sich nicht. Sie hockten dicht gedrängt in ihren Verstecken und schliefen.
    Ruhig lag der Sternenhimmel über ihm, doch eine Lösung der großen Probleme konnte er auch dort nicht finden.
    In ihm keimte wohl eine gewisse Ahnung auf. Sehr lange und intensiv hatten sich seine Gedanken um bestimmte Dinge gedreht. Sie waren dabei zurückgewandert in die Vergangenheit und hatten sich mit der Totenstadt beschäftigt, die gar nicht weit von seiner Hütte entfernt lag. Er bezeichnete sie als einen schrecklichen Schandfleck. Menschen hatten an diesem Ort Experimente vorgenommen. Der Misserfolg war kaum beschreibbar. Was da in der Totenstadt umherirrte, spottete jeder Beschreibung.
    Es waren die Zombies, die Untoten. Die magische Bombe hatte die Keime gesät, die nun als schreckliche Frucht aufgegangen waren.
    Nur wenige wussten davon. Fast alle schwiegen, keiner handelte, bis auf Aoyama. Er bildete die große Ausnahme und er hatte den Kampf gegen diese Mächte aufgenommen, denn letztendlich gehörte auch er mit seinem zerstörten Gesicht zu den Personen, die es getroffen hatte. Er musste etwas unternehmen und er würde nicht eher ruhen, bis keine lebende Leiche mehr durch diese verfallene Trümmerwelt irrte.
    Nun aber war noch etwas anderes hinzugekommen. Eine zweite Monsterart, möglicherweise noch gefährlicher als die Zombies.
    Vampire!
    Auch darüber hatte der Einsiedler nachgedacht. Er gehörte zu den Menschen, die Dinge nicht in Frage stellten, die es nicht geben durfte. Er rechnete grundsätzlich mit allem und glaubte zudem an die Vielfältigkeit der Welt und nicht nur an das, was er mit eigenen Augen sah. Er vertrat die Theorie der verschiedenen Ebenen, das heißt, er glaubte auch an die metaphysischen Gesetze und ging davon aus, dass sich hinter der sichtbaren Ebene noch viele andere befanden, die sich jedoch nur den Menschen offenbarten, die auch an sie glaubten.
    Aoyama hatte es nie geschafft, Zeitreisen zu unternehmen. Innerhalb seiner tiefen Meditation jedoch war er mit diesen Tatsachen konfrontiert worden und richtete sich danach.
    Welche Lebewesen die Welten bewohnen, darüber wusste er nichts. Die Welt der Geister war mächtig, riesig und für den normalen Menschen nicht überschaubar. Er bat um den Schutz der Geister, um seinen Aufgaben gerecht werden zu können.
    Wie er es auch in dieser Nacht getan hatte, denn er wusste genau, dass sehr schwere Aufgaben warteten, die er nur dann lösen konnte, wenn er sich richtig verhielt.
    Er dachte darüber nach, dass die große Fledermaus ihn nicht aus eigenem Antrieb attackiert hatte.
    Das konnte er sich einfach nicht vorstellen. Dahinter steckte eine andere Kraft, die ihm die blutsaugende Bestie geschickt hatte.
    Der Wald schwieg. Nur seine Schritte waren zu hören, als er sich durch den dichten Bewuchs schlängelte. Hin und wieder auch ein Rascheln und Schaben.
    Lächeln konnte er nicht mehr. Sein Gesicht wirkte sehr ernst, die Züge schienen vereist zu sein. Den Blick bohrte er in die dichte Finsternis, die hier von keinem Lichtfleck erhellt wurde. Auch an seinem Haus brannte keine Lampe.
    Schweigen und Dunkelheit hüllten ihn ein. Als er seinen Garten erreichte, blieb er stehen. Der sorgfältig verteilte Kies gab einen helleren Schein ab. Jeder kleine Stein lag auf seinem Platz. In den Stunden der Muße beschäftigte sich Aoyama in seinem Garten und harkte die Unterlage durch.
    Er hätte auch in der Dunkelheit gesehen, wenn jemand über die Steine hinweggeschritten wäre. Ihr gesamtes Mosaik wäre zerstört worden. Das war nicht der Fall. Glatt wie ein Teppich lagen die kleinen, helleren Inseln vor ihm.
    Der Einsiedler war beruhigt, jedoch nicht sorglos. Abermals sehr vorsichtig näherte er sich seiner Hütte, verfolgt vom leisen Rauschen des Bachs.
    Er verschloss die Tür nie, er brauchte sie nur aufzudrücken.

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