0662 - Sturm auf den Todestempel
geisterhaften spektakulären Entführung.
Wie in einem Wagen der Achterbahn, aus dem wir uns auch nicht befreien konnten.
Wann erfolgte der Aufschlag? Das endgültige Brechen, das Zerreißen des Metalls, des Glases?
Er kam anders, als wir es uns vorgestellt hatten. Die Wölke zerblitzte. Sie jagte in einem rasanten Wirbel um den Hubschrauber, hüllte ihn ein, zerrte an ihm, schien ihn hochzuheben und wegzuschleudern.
Mich erwischte der Blackout. Ob es bei den anderen auch der Fall gewesen war, bekam ich nicht mit, jedenfalls hatte ich das Gefühl, in die Tiefe gezerrt zu werden.
Dann war ich wieder klar.
Auch Suko regte sich neben mir. Er schnallte mich los, schaute mich an und konnte sogar lächeln.
»Was macht dir so viel Spaß?«, fragte ich.
»Wir sind gelandet.«
»Das Gefühl habe ich mittlerweile auch. Nur nicht auf dem Wasser. Dann haben wir das Land erreicht.«
»Nicht freiwillig, John, man hat uns geholt.« Er rief seine Frage zu Shao hinüber. »Ist bei dir alles in Ordnung?«
»Ich kann nicht klagen. Nur eines gefällt mir nicht. Cheng Wu ist verschwunden. Der Geist hat es tatsächlich geschafft und sich den Körper geholt.«
Nach dieser Antwort brach Hiob in ein fast irre klingendes Lachen aus…
***
Ich war wütend und hätte ihm am liebsten auf den Mund geschlagen, doch er stoppte das Lachen von allein. Zweimal schlug er mit der flachen Hand auf seine Oberschenkel, dann war er still.
Mich hatte es nicht mehr auf dem Sitz gehalten. Ich war aufgesprungen und stand neben Hiob.
»Verdammt noch mal, was ist los?«, fuhr ich ihn an. »Was wissen Sie?«
Er wartete mit der Antwort. »Wissen? Ich weiß gar nichts. Ich weiß nur, dass wir angekommen sind.«
»Wo befindet sich das Ziel?«
»Da, wo er uns hinhaben wollte.«
»Du sprichst von Cheng Wu?«
»Von wem denn sonst? Er hat die Kontrolle über uns. Er ist stärker als wir. Geist und Körper haben sich wieder zusammengefügt. Alles läuft nach seinen Plänen.«
»Ist ja wunderbar«, sagte Suko, der zugehört hatte. »Da brauchen wir nur zu ihm, damit er uns die nötige Aufklärung geben kann. Wo sind die Probleme?«
»Vielleicht will er nicht.«
»Das werden wir sehen.«
»Ich schaue mich draußen mal um«, schlug Shao vor und öffnete schon den Einstieg.
Die schwülwarme Luft drang in den Hubschrauber, als hätte ein gewaltiges Monstrum ausgeatmet.
Ich fühlte mich augenblicklich unwohl. Der Schweiß war mir ausgebrochen. Ich konnte zwar kaum etwas sehen, nur dunkle, sich leicht bewegende Schatten, doch ich musste einfach davon ausgehen, dass sich unser Platz inmitten des Dschungels befand.
Wir warteten auf Shao, damit sie uns von ihren ersten Eindrücken berichten konnte. Beim Einsteigen schon nickte sie, was ich als beruhigende Geste erkannte.
»Als hätte uns eine Hand berührt«, berichtete sie. »Wir befinden uns auf einer Lichtung, die in einem hügeligen Gelände liegt, das mit tropischem Regenwald bedeckt ist.«
»Wie schön«, sagte ich nur.
Shao hob die Schultern. »Wir müssen uns durchschlagen, so Leid es mir tut.«
»Wohin?«
»Ich weiß es nicht.«
Suko meldete sich. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir hier grundlos gelandet sind. Cheng Wu muss einen Grund gehabt haben, uns hier abzusetzen. Ich könnte mir vorstellen, dass unser Freund Hiob mehr darüber weiß. Nicht wahr?«
Der Tamile dachte gar nicht daran, uns etwas zu erzählen. Er presste zum Zeichen, dass er schweigen wollte, die Lippen zusammen. In seinen Augen jedoch funkelte der Spott. Dies wiederum bewies mir, dass er mehr wusste, als er zugeben wollte.
»Wir werden dich mitnehmen, Hiob. Wenn du nicht willst, schleifen wir dich durch das Gelände. Klar?«
»Ich habe verstanden.«
»Dann ist es gut. Ich werde dich später noch einmal fragen und bin jetzt schon auf deine Antwort gespannt.«
»Das kannst du auch, du Hund!«
Die Beleidigung überhörte ich. Suko erklärte mir, dass er sich um Hiob kümmern wollte. Er hielt bereits den kleinen Schlüssel in der Hand, um den stählernen Ring zu lösen.
Ich kletterte aus der Maschine. Im ersten Moment war ich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu wissen, auch wenn dieser weich war wie ein dicker Teppich.
Natürlich suchte ich die Umgebung ab, da ich mir einen ersten Eindruck verschaffen wollte.
Viel war in dieser düsteren, schwülen und dampfenden Dschungelnacht nicht zu sehen. Das hügelige Gelände zeichnete sich als erstarrter Schatten im Hintergrund ab. Darüber stand der
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