0662 - Sturm auf den Todestempel
Schicksal zu erfahren.
Hoffentlich redete Cheng Wu auch…
***
Dann hatten wir es hinter uns!
Das heißt, die grüne Mauer hatte ein Loch bekommen, etwas freie Fläche, eine wie aus dem dichten Grün herausgerissene Lichtung, auf der als Bauwerk der Tempel stand.
Welche natürliche Farbe sein Gestein hatte, konnten wir nicht erkennen. Er kam uns jedenfalls klobig vor, ein Gebilde aus viereckigen, mächtigen Steinen, über die die Natur ihre Patina gelegt hatte, als wollte sie ihn mit dieser Schicht verbergen.
Es war ein für Archäologen sicherlich interessantes Bauwerk und doch nicht so ein Kasten, wie Suko zunächst berichtet hatte. Er hatte schon die Andeutung einer Pagodenform, denn zur Spitze hin lief er etwas spitzer zu.
Ich wandte mich an unseren Gefangenen. Hiob hatte seit der Entdeckung kein Wort gesagt. Er stand da und schaute gegen das äußere Mauerwerk, war aber enttäuscht, denn einen Eingang entdeckten wir nicht.
»Du kennst ihn?«, wandte ich mich an Hiob.
Der rückte sein Stirnband zurecht, das ebenfalls vom Schweiß nass geworden war. »Nein, ich kenne ihn nicht. Ich weiß aber, dass er das Haus Cheng Wus gewesen ist.«
»Dann hat er hier gelebt?«
»Das sagt man.«
»Wie alt ist der Tempel?«
Hiob fühlte sich durch die Frage auf den Arm genommen. »Das dürfen Sie mich nicht fragen. Ich habe zu der Zeit noch nicht gelebt.«
»Das hätte mir auch meine Großmutter sagen können.« Ich stieß gegen seinen Rücken. »Los, geh vor!«
Er stolperte auf das gewaltige Gebäude zu. Noch immer strömte das Licht aus den Öffnungen, die sich an allen vier Seiten des Tempels verteilten. Es war ein sehr ruhig fließendes Licht, dennoch kam es mir nicht natürlich vor. Ich hatte etwas dagegen und sah es sehr skeptisch an. Suko hegte ähnliche Gedanken, wie ich seinem Gesichtsausdruck entnehmen konnte.
»Ich weiß nicht, John, es gibt auch keinen Beweis, aber ich könnte mir vorstellen, dass wir erwartet werden.«
»Da sind wir einer Meinung.« Ich wollte es genau wissen. »Hatte Cheng Wu Helfer, Vertraute oder Diener, die auf seiner Seite standen und ihm treu ergeben waren?«
Hiob drehte sich um. »Das weiß ich nicht.«
Rasch war ich bei ihm und zerrte ihn an der Schulter. »0 doch, mein Junge, das weißt du verdammt genau. Was ist also mit ihm geschehen, zum Henker? Wie war es früher?«
»Sie haben ihn gewählt.«
»Als Nachfolger Buddhas?«
»Einige von ihnen, weil er eben die überirdischen Kräfte besaß und den Tod besiegen konnte.«
»Seine Diener aber nicht?«
»Ich habe keine Ahnung.«
Zunächst blieb mir nichts anderes übrig, als ihm zu glauben. Vorsichtig war ich allemal, denn ich hielt es nicht für ausgeschlossen, dass der Tempel eine Falle war.
Nicht umsonst dachte ich an die alten ägyptischen Pyramiden, in denen zahlreiche Fallen lauerten, die gegen Tempelräuber eingerichtet worden waren. Zahlreiche Archäologen und deren Helfer hatten beim Eindringen in diese Tempel ihr Leben verloren, und mit ähnlichen Fällen mussten wir auch hier rechnen.
Wir schritten durch eine Luft, die mir vorkam wie eine schwülfeuchte Mauer. Eine dumpfe Dunkelheit drückte auf unsere Stimmung. Es war ja nicht ruhig, der Dschungel in unserer Nähe entließ zahlreiche Geräusche, die uns einlullten, an die wir uns allerdings gut gewöhnt hatten. Sie machten uns nichts mehr aus.
Natürlich wucherte der Dschungel immer weiter vor. Irgendwann würde er auch den Tempel erreicht haben und ihn überdecken. Noch konnten wir relativ mühelos an ihn herankommen.
Er machte auf mich einen abweisenden Eindruck und mein Freund Suko dachte ähnlich. Ich sah, wie er den Kopf schüttelte, als wollte er das Bild nicht glauben.
»Hast du was?«
»Gefahr«, flüsterte er. Bewusst hatte er so leise gesprochen, Hiob sollte ihn nicht hören.
»Durch wen?«
»Er ist nicht leer, John, er ist bestimmt nicht leer. Ich habe das Gefühl, dass man auf uns wartet. Warum ist Cheng Wu an diese Stätte zurückgekehrt?«
»Weil er sich hier sicher fühlt.«
»Richtig. Bestimmt steht er unter einem besonderen Schutz. Frag mich nicht, unter welchem.«
Wir standen so nahe, dass unsere Lichtstrahlen das Mauerwerk trafen und als helle Kreise darüber hinwegwanderten. Sosehr wir uns anstrengten, wir fanden keinen Eingang, kein Tor oder eine große Tür. Das wiederum ärgerte uns.
»Uns bleiben nur die Öffnungen«, murmelte Suko und hob die Schultern.
»Ja, die Kletterei.«
Die Rechtecke, durch die das Licht in die
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