0662 - Sturm auf den Todestempel
die letzten Instruktionen.
Dann nickte der Chef.
Und er war der Erste, der anfing, die breite Treppe in die Tiefe zu steigen.
Suko hoffte, dass auch Shao die Ankömmlinge gesehen hatte. Mit der rechten Hand zog er die Beretta aus dem Holster und legte sie so, dass die Mündung wie ein Auge aus dem Spalt hervorglotzte…
***
Cheng Wu hatte mich am Arm berührt und mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung genickt.
Ich verstand das Zeichen und ging hinter ihm her. Wir betraten einen Teil der Höhle, die ich noch nicht kannte. Es gab dort eine verwinkelte Ecke, wo sich eine Tür befand, die im ersten Augenblick aussah, als bestünde sie aus Stein, was jedoch nicht der Fall war, denn vor mir sah ich eine Imitation.
Er stieß sie auf.
Vor mir betrat Cheng Wu die Dunkelheit einer Nische oder eines kleinen Raumes.
Ich blieb auf der Schwelle stehen, denn ich wartete darauf, dass er Licht machte.
Ein Zündholz ratschte über die raue Fläche. Kleine Funken sprühten, dann zuckte die Flamme und einen Moment später fing der Docht einer Ölleuchte Feuer. Cheng Wu zündete auch noch eine Zweite an, bevor er auf eine der beiden sich gegenüberliegenden Matten deutete, wo ich mich hinsetzen sollte.
Ich nahm Platz und schaute auf die Platte des blanken Tisches, der zwischen uns stand.
Auch Cheng Wu ließ sich nieder.
Sehr ernst schaute er mich an, bevor er den Mund bewegte und die ersten Worte sprach. »Du bist gerade noch zur rechten Zeit gekommen, mein Freund, denn die Uhr meines Lebens ist abgelaufen.«
Ich hatte ihn sehr wohl verstanden, fragte aber sicherheitshalber noch einmal nach. »Wie kommst du darauf?«
»Ich werde sterben.«
Ich zwinkerte mit den Augen und musste leise lachen. »Du lebst schon so lange. Wann und wo wirst du…?«
»Hier, mein Freund. Diese Nacht ist die Letzte. Jemand wird kommen und mich vernichten.«
»Kalis Diener sind…«
Er hob die Hand. »Ich weiß, dass deine Freunde sehr genau Acht geben, John Sinclair, aber auch sie können das Buch des Schicksals nicht umschreiben.«
Ich nickte. »Gut, ich will dir nicht widersprechen. Belassen wir es dabei.«
»Und du hast ein Problem?«
»Ja, ein großes sogar. Deshalb habe ich dich gesucht. Es geht um das Schicksal einer Frau, die mir sehr nahe gestanden hat. Sie war zunächst ein Mensch, dem die Seele entrissen wurde, die in den Körper einer Wölfin gefahren ist. Nach Jahren konnten wir sie erlösen, dann aber schaffte es einer meiner Todfeinde, sie in seine Gewalt zu bringen und ihr den Vampirkuss zu geben.«
Cheng Wu hatte gut zugehört. »Dann ist sie jetzt eine Wiedergängerin, die sich vom Blut der Menschen ernährt.«
»Richtig.«
Der Weise strich über seine dünne Haut. Ich befürchtete, dass sie reißen könnte, aber sie blieb über den Knochen wie festgeklebt. »Und du willst sie retten?«
»Das versuche ich.«
Er legte seinen Kopf zurück. Für einen Moment schloss er die Augen. »Ich möchte dich nicht belehren, mein Freund, denn ich weiß, dass auch du deine Erfahrungen gesammelt hast, und doch möchte ich dich fragen, ob das nicht unmöglich ist.«
Ich hob die Schultern. »Im Prinzip schon. Ja, man kann einen Vampir nicht mehr zurückverwandeln. In der Regel nicht, obwohl es angeblich Menschen gibt, die dies möglich machen. Es darf nur nicht mehr als ein Jahr vergangen sein. Aber das möchte ich mal dahingestellt sein lassen, denn ich weiß nicht, ob es echt oder nur gelogen ist. Mich interessiert etwas ganz anderes, und das hat mich auch misstrauisch gemacht. Es war das Palmblatt der Nadine Berger, denn so heißt die Person, um die es mir geht. Ich habe es aus der Bibliothek bei Bangalore hervorgeholt und in meine Heimat bringen können. Die weisen Bibliothekare dort hätten mir, dem Fremden, nie Auskunft gegeben, und ich hätte das Blatt des Schicksals auch dort gelassen, wäre ich nicht von der Masse der Schriftzeichen auf beiden Seiten überrascht gewesen.«
»Dann rechnest du damit, dass diese Frau noch eine Zukunft hat?«
»Ja. Und ich will wissen, ob als Vampirin oder als eine lebende Person. Das ist mein Problem, deshalb bin ich zu dir gekommen, um dich zu bitten, den Text zu entziffern.«
Er hatte noch nicht direkt zugestimmt. Ich hoffte stark, ihn überzeugt zu haben.
Wir schauten uns über die Platte des Tisches hinweg an. Weder in meinen noch in seinen Augen stand Falschheit. Wir wussten, dass wir uns vertrauen konnten.
Cheng Wu nickte. »Ja, ich werde dir helfen, mein Freund. Ich habe gespürt,
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