0663 - Das Unheil erwacht
wie das Blut aus dem Körper der Frau herausgeflossen ist?«
»Möglicherweise eine neue Abart von Vampirismus, die wir noch nicht kennen. Ich kann mir vorstellen, dass immer wieder jemand versucht, neue Möglichkeiten zu finden.«
»Jemand, John?«
Mein Nicken sah gedankenverloren aus. »Das Flüssige Leben, Suko. Hier haben wir den Beweis. Es muss einfach das Blut sein, und es ist aus dem Körper der Frau herausgesaugt worden. Ich kann dir nicht sagen, wer es war, aber ich glaube zumindest, dass du dabei auch an Mallmann denkst.«
»Richtig.«
»Wo sind die Spuren, die Biss-Stellen?«
»Die hat es bei diesem Forstbeamten auch nicht gegeben«, erklärte Suko. Dann hob er die Schultern. »Ich weiß es nicht. Jemand, der uns hätte etwas sagen können, ist tot. Dieser Slaine, dann Mrs. Prentiss, es lebt noch die Tochter.«
»Die ich habe entkommen lassen.«
»Das ist unser Problem.«
Ich hatte mich auf einen zweiten Stuhl gesetzt, das Hosenbein hochgeschoben und rieb die getroffene Stelle, die sich etwas verfärbt hatte. Sie schimmerte leicht bläulich. »Der Tritt war nicht von schlechten Eltern. Mir kam es so vor, als wäre alles vorbereitet gewesen. Diese junge Frau hat nicht instinktiv gehandelt, die wusste genau, was sie tat. Wahrscheinlich ist sie in den Kreislauf des Grauens eingebunden worden. Sag du mir, wie ich ihn zerstören kann.«
»Weiß ich nicht.«
Ich stand auf. »Es hat keinen Sinn, wenn wir darüber lang und breit diskutieren. Wir sollten versuchen, Jade Prentiss zu finden. Ihr Bruder war schlimm, sie allerdings schätze ich als noch gefährlicher ein.«
»Darf ich das so verstehen, dass du davon ausgehst, eine Mörderin laufengelassen zu haben?«
Ich dachte einen Moment nach. »Es gefällt mir zwar nicht, Suko, aber ich weise es auch nicht von der Hand.«
»Dann hätte die Tochter die Mutter…?«
»Kann sein.«
Suko räusperte sich. »Es fragt sich nur, ob sie allein steht oder Hilfe hat.«
»Das wird sie uns sagen.«
»Optimist. Gehst du wirklich davon aus, dass wir sie schnell finden werden?«
»Vielleicht hat sie sogar auf uns gewartet?«
»Wäre nicht schlecht.«
»Was immer sie auch kann, was immer sich auch in ihrem Besitz befindet. Wir kennen dieses Etwas nicht, aber ich glaube fest daran, dass es scharf auf Blut ist. Es wird sich auf die Jagd machen, und da werden wir es finden.«
»Hast du das Haus durchsucht?«
»Nein.«
»Das sollten wir noch tun.«
»Wie du willst.«
Irgendwo war es schon seltsam, dass es mich nicht hinausdrängte. Ich hatte seltsamerweise den Eindruck, dass wir nicht zu spät kommen würden. Dass die Frau uns begegnen würde, wenn wir das Haus verließen. Irgendwo und irgendwann.
Suko merkte dies auch. »Du bist anders als sonst, John.«
»Kann sein.«
»Dann willst du das Haus nicht durchsuchen?«
»Nein.«
»Sondern?«
»Ich warte draußen auf dich, falls du dich hier zwischen den Wänden umschauen möchtest.«
Er winkte ab. »Das kommt nicht in Frage. So etwas machen wir gemeinsam. Wenn du der Meinung bist, akzeptiere ich das. Eine andere Frage hätte ich trotzdem.«
Ich stand bereits vor der Haustür und drehte mich um. »Was denn noch, Alter?«
»Kannst du dir vorstellen, dass das Flüssige Leben gefährlich sein kann?«
»Ja, Suko, ja«, erwiderte ich leise. Dann öffnete ich die Tür und trat hinaus in den dichten Dunst…
***
Jade Prentiss hätte schreien können vor Glück, als es ihr gelungen war, den Bullen mit einem derart heftigen Tritt auszuschalten. Jetzt konnte er nichts mehr machen, gar nichts. Er war viel zu sehr mit sich und seinen Schmerzen beschäftigt, denn sie hatte ihn voll erwischt. Hart, brutal und überraschend.
Und sie musste weg.
Das Haus bot keinen Schutz mehr, selbst für das mächtige Ei nicht.
Wichtig war, dass sie zusammenhielten und auch zusammenfanden.
Alles andere würde folgen.
Jade kannte dieses Wetter. Eine nebelverhangene Novemberstimmung, die sich über das Land legte. Dunst deckte alles zu oder machte die Konturen zu Gespenstern. Als Kind hatte sie sich davor gefürchtet, heute nicht mehr. Da freute sie sich auf den November mit seinen düsteren Tagen, denn dieses Wetter gab ihr Schutz und Deckung, da konnte sie sich bewegen, ohne von irgendwelchen Feinden entdeckt zu werden.
Dass Feinde in der Nähe lauerten, stand fest. Sie hatte das Haus zwar selten verlassen, doch über die Wachtposten war sie schon informiert.
Die Männer aus dem nächsten Ort hatten eine Art von Bürgerwehr
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