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067 - Der Redner

067 - Der Redner

Titel: 067 - Der Redner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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haben sich sicher auch überlegt, daß bei einem Todesfall weniger Lärm über einen gefälschten Scheck gemacht wird, als wenn der Betreffende noch höchst lebendig ist und sich selbst um die Sache kümmern kann. Alle Leute glaubten doch, daß Mr. Gillan bei dem Flugzeugunglück umgekommen war. Aber er lebt noch und macht nun einen Mordsspektakel, wenn Sie diesen wenig damenhaften Ausdruck gestatten.«
    Der Redner betrachtete sie mit einem sonderbaren Blick.
    »Wie klug von Ihnen!« entgegnete er dann. »Sie wissen so viel, daß ich Sie eigentlich mit mir nach Scotland Yard nehmen möchte, um mich einmal gründlich mit Ihnen über den Fall auszusprechen!«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das wäre nur Zeitverschwendung. Aber ich kann Ihren Standpunkt sehr gut verstehen. Warten Sie, ich will Ihnen einmal etwas zeigen.«
    Sie zog die oberste Schublade ihres kleinen Schreibtisches auf und nahm ein ledergebundenes Notizbuch heraus. Sie blätterte schnell darin und deutete dann auf eine Seite, die ganz mit Zahlen beschrieben war. Er bemerkte, daß die letzte Eintragung »£ 35 000.-« lautete.
    »Das ist das Notizbuch, das Mrs. Luben-Keller hier liegenließ ... Ich habe gesagt, daß ich es nicht gesehen hätte.«
    Der Redner nahm es ihr aus der Hand und steckte es ein.
    »Sehr interessant. Aber nun möchte ich Ihnen auch ein paar recht merkwürdige Tatsachen mitteilen. Kennen Sie einen Joe Purdew?«
    Zu seinem größten Erstaunen nickte sie.
    »Er ist doch ein sehr gerissener Buchmacher?«
    »Sehr gerissen!« antwortete sie trocken.
    »Und außerdem ein niederträchtiger Charakter. Eine junge Dame geht jeden Abend zu ihm. Ihr Haar ist nicht so glattgekämmt wie das Ihre, und sie trägt auch keine Hornbrille.«
    »Vielleicht tut sie das nur in seinem Büro. Sie ist bestimmt kurzsichtig«, erwiderte sie ruhig.
    »Sie nennt sich aber nicht Miss Lyne, sondern Miss Larner, wenn ich mich nicht sehr irre.«
    Sie lächelte.
    »Sie sind wirklich klug«, sagte sie anerkennend.
    »Es ist doch nichts Besonderes daran, daß ich Sie beobachtet habe. Aber nun erzählen Sie mir bitte, warum und weshalb Sie abends zu diesem offenkundigen Verbrecher gehen.«
    Das Lächeln verschwand aus ihren Zügen.
    »Ich führe seine Bücher. Er braucht nicht viel für meine Arbeit zu zahlen, und er hat es schließlich aufgegeben, Annäherungsversuche zu machen - das war zuerst eine recht unangenehme Geschichte.«
    »Ist Mrs. Kellner eine Kundin von ihm?«
    Sie nickte.
    »Seine beste Kundin!«
    »Ich kann sie nicht verstehen, und mich selbst begreife ich auch nicht. Sooft ich sie sehe, muß ich an zerbrochenes Glas denken -«
    »Von einem Bilderrahmen?« meinte Miss Lyne.
    Er sah sie verblüfft an, reichte ihr impulsiv die Hand und drückte sie herzlich.
    »Wo wohnt sie?«
    »In Pentley, Berkshire, wenn Sie sie besuchen wollen.«
    »Ist sie verheiratet?«
    »Ja. Sie ist auch beinahe ehrlich«, sagte sie ernst, »aber sie hat diese dumme Eitelkeit mit ihren Pferden - sie ist davon überzeugt, daß sie etwas vom Rennsport versteht. Ich habe den Eindruck, daß sie das Opfer ihres ersten Mannes geworden ist. Haben Sie einmal gesehen, wie ihr zweiter Mann in die Stadt kommt? Er fährt in einem großen Luxusauto, steigt aber jedesmal bei dem Denkmal im Green Park aus und geht den Rest des Wegs zu Fuß -«
    Der Redner winkte ihr zu schweigen. Es war ihm peinlich, wenn ihm andere Leute über den Kopf wuchsen. Und diese Miss Lyne wußte wirklich zuviel.
    Eine gute Stunde von London entfernt liegt ein kleines Dorf am Fuß der Birkshire-Hügel. In der Nähe der Ortschaft steht ein großes, rotes Haus, umgeben von einem schönen Garten. Der Redner fuhr mit seinem Auto nicht am Eingang vor, er machte es vielmehr wie der zweite Mann von Mrs. Kellner und näherte sich dem Gebäude zu Fuß. Von einem Gebüsch aus beobachtete er, daß die Tür weit offenstand, ging in die Diele, ohne zu klingeln, und lauschte.
    Er hörte Stimmen in einem Zimmer jenseits der Treppe, schlich sich leise in die Nähe der Tür und horchte. Er schien sich wenig darum zu kümmern, was geschehen würde, wenn Dienstboten kämen und ihn beobachteten.
    Mrs. Luben-Kellner konnte sehr ausfallend und heftig werden:
    ». nun sitzt du hier herum und machst ein böses Gesicht, statt ins Büro zu gehen und dich dort zu zeigen ..., was soll nun dieser Polizeimensch davon denken . , du wirst mich noch ruinieren! Daß du auch dieses verdammte Notizbuch im Büro liegenlassen mußtest, damit alle Leute es

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