067 - Der Redner
gern weiter mit Ihnen arbeiten. Sie fahren auch nicht schlecht dabei. Ich kenne mehr Leute im Fach als Sie, vor allem einen Hehler, von dem Sie sicher noch nie etwas gehört haben. Darauf gehe ich jede Wette mit Ihnen ein. Ich bin der einzige, der ihn ausfindig gemacht hat und seine Methoden kennt.«
»Wenn ich Ihren Rat und Ihre Kenntnis brauche, werde ich mich schon bei Ihnen erkundigen.«
»Ich wollte eigentlich nur sagen, daß ich Sie neulich abends sah ...«, begann Steiny.
»Sie sehen verdammt viel«, brummte Mark mit einem bösen Lächeln.
Eine Woche später traf Steiny mit zwei Kollegen in der Nähe von Soho Square zusammen. Von dort begaben sie sich auf verschiedenen Wegen zu dem Geschäft eines Geldverleihers.
Es war Samstagabend und das Haus daher wohlverschlossen. Mark hatte die Sache ausfindig gemacht und den Plan für den Einbruch zusammengestellt. Steiny ging mit seinen Freunden in eine Seitenstraße, um von der Hinterseite aus in das Haus einzudringen. Kaum zwölf Schritte entfernt stand ein Lieferauto, das in großen Buchstaben den Namen einer Dampfwäscherei trug. Aber das einzige Leinenzeug, das der Wagen enthielt, gehörte elf Polizisten vom Überfallkommando.
Nachher gab es eine kleine Rauferei, wobei Steinys Partei den kürzeren zog.
»Na, da ist also nichts zu machen, Mr. Rater«, meinte er. »Das war eine abgekartete Sache, um uns hereinzulegen. Aber seit wann sind Sie denn beim Überfallkommando? Bei der Polizei kennt man sich doch nie aus. Jeden Tag stecken Sie woanders.«
Der Redner schwieg.
»Machen Sie es gnädig, Mr. Rater«, bat Steiny. »Wir haben ja noch nichts Böses getan - können Sie mich nicht nach der neuen Verordnung anzeigen?«
Der Chefinspektor war in guter Stimmung. Bei der Anklage gegen Steiny wurde zum Ausdruck gebracht, daß man ihn gefangengesetzt hatte, um ein Verbrechen zu verhüten. Dabei kam er glimpflicher davon, als wenn man ihn verhaftet hätte wegen Umhertreibens mit der Absicht, einen Einbruch zu begehen.
Während der Verhandlung sah sich Steiny von der Anklagebank aus im Saal um. Unter anderen Bekannten entdeckte er auch Mark, der wieder sehr elegant gekleidet war und eine neue Freundin hatte, eine hübsche, schlanke junge Dame. Mark verstand es immer, die Bekanntschaft hübscher Damen zu machen. Er schaute zu Steiny hinüber. Aber dieser tat so, als ob er ihn nicht bemerkte.
Er hatte schon von Mr. Lings neuer Freundin gehört, denn Mark sprach gern über seine Eroberungen. Das war also die junge Dame, deren Vater ein Juweliergeschäft besaß. Steiny interessierte sich für den Fall. Nachdem ihm seine Strafe zudiktiert worden war, sah er den Chefinspektor.
»Sagen Sie mir doch nur, wer mich verpfiffen hat.«
Aber der Redner schüttelte nur mißbilligend den Kopf.
»Ich wette mit Ihnen, es war ein hübscher, eleganter Kerl, der immer den Kavalier spielt und hinter den Mädels her ist.«
Steiny wollte verzweifeln, als der Redner nicht das geringste Wort sagte.
»Donnerwetter, Mr. Rater, ich glaube, Sie sprechen nicht einmal im Schlaf!«
»Bloß keine große Lippe riskieren«, ermahnte ihn der Chefinspektor sanft.
Es gab nur einen »hübschen, eleganten Kerl« in der Verbrecherwelt, und das war Mark Ling. Der Redner wußte sehr gut, daß Mark der Polizei den geplanten Einbruch bei dem Geldverleiher verraten hatte. Wenn er auch nur den geringsten Zweifel gehabt hätte, daß Mark an dem Diebstahl der Couperschen Gürtelschnalle beteiligt war, hätte er die Sache verfolgt; aber Marks Alibi war unanfechtbar.
»Wissen Sie etwas über die Couper-Brillanten, Steiny?«
»Nein, und wenn ich etwas wüßte, würde ich Ihnen nichts davon erzählen«, erwiderte der kleine Mann. »Ich gehöre nicht zu den Angebern.«
Dann lachte er plötzlich laut auf und lachte immer weiter, so daß der Redner schon glaubte, der Gefangene hätte einen hysterischen Anfall bekommen.
»Schon gut, Mr. Rater«, sagte Steiny und trocknete sich die Augen. »Es ist nur ein kleiner Scherz - ich danke Ihnen auch für alles, was Sie für mich getan haben.« - Vom Polizeigericht ging Mark mit seiner hübschen Begleiterin nach Westen zu. Pauline war die Tochter des angesehenen Juweliers Eddering. Mark hatte ihre Bekanntschaft in einem Kino gemacht.
»Es war doch traurig zu sehen, daß der arme Mann verurteilt wurde«, meinte sie.
Er lachte.
»Es ist Ihre eigene Schuld, ich hätte Sie ja niemals mitgenommen. Aber Sie sagten doch, daß Sie noch nicht auf dem Polizeigericht waren und
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