0670 - Der Sarg-Designer
gefährlich.
»Antworte!«
»Ich… ich weiß es doch nicht.« Leo lief rückwärts und hätte beinahe zwei Kerzen umgestoßen. So aber glitt das Licht als Schattentanz an seinem Körper hoch.
Der andere sprang vor. Er war schnell, packte zu und drückte Leos Schulter. Das Leder seiner Jacke knarrte bei jeder Bewegung. Den Helm hatte er in der Waschküche zurückgelassen, die Augen wirkten wie Punkte, die hypnotisieren wollten. Das Messer befand sich plötzlich an der Kehle des Mannes.
»Du wirst es ausprobieren!« flüsterte er. »Verdammt noch mal, du wirst es ausprobieren. Du hast die Särge erschaffen, du wirst dich in einen von ihnen hineinlegen und mir dann sagen, wie es ist, in diesen Totenkisten zu liegen. Hast du gehört?«
»Ja… ja, ich … ich …«
Monty bewegte die Klinge. Sie schnitt nicht in die Haut am Hals, aber sie schabte über sie hinweg und dieser kalte Streifen war für Leo ein Hauch des Todes.
Er dachte verzweifelt darüber nach, wie er dieser verfluchten Falle entrinnen konnte, es gab einfach keine Chance für ihn. Er steckte fest und würde nicht davon wegkommen.
»Nun…?«
»Was ist los? Warum willst du mich…?«
Monty kantete die Klinge. Blut spritzte!
Liberance spürte den Schmerz. Er jagte wie ein böser Stich quer durch den Hals und dann hinein in den Kopf. Es war einfach grauenhaft, er raubte ihm die Luft, er…
Monty lachte nur. Er genoß seinen Auftritt. Mit Verena hatten sie auch keine Gnade gekannt und sie in ihren verfluchten Hexenwahn hineingezogen. Er war gekommen, um sie zu befreien. Er war der Hexenjäger. Er war so wie die Töter der Inquisition aus dem Mittelalter. In der letzten Zeit hatte er viel über sie gelesen und war durch diese Literatur zu einem Fanatiker geworden.
Das Blut rann an Leos Anzug entlang. Es tropfte auch auf den Boden, wo es Flecken hinterließ, die den Killer nicht störten. Er wollte nur seine Rache.
»Da, er ist offen. Dieser wunderschöne Sarg ist nicht verschlossen. Du kannst hineinsteigen, mein Freund. Geh hinein und probiere ihn aus. Ich warte nicht mehr lange.«
Fieberschauer durchschüttelten ihn. Leo kam sich vor wie ein Tier, das genau wußte, was seine Stunde geschlagen hatte. Er glaubte nicht mehr daran, daß er noch mehr als eine Minute zu leben hatte.
Das alles würde schrecklich ins Auge gehen. Er konnte doch kein Blut sehen, ihm wurde übel, doch der Faustschlag in seinen Rücken trieb ihn voran. Er zeigte ihm, daß der Mann nicht gewillt war, ihm auch nur die kleinste Chance zu geben.
Leo Liberance merkte kaum, daß er in die gestylte Totenkiste kletterte. Er fühlte sich dieser Welt nicht mehr zugehörig. Einmal fiel sein Blick noch in die Höhe.
Da kam ihm die Decke des Kellerraumes vor wie ein fremder Himmel, über den die Schatten zuckten, ein Spiel aus huschenden Reflexen und dunklen Flecken tanzten und ihm einen ersten Gruß aus dem vor ihm liegenden Totenreich sandten.
In den Sarg sollte er steigen.
Er kippte hinein, fiel auf die Seide, faßte selbst in seine Kleidung, wo er die Nässe spürte, die das Blut hinterlassen hatte. Als er die Hände zurückzog und auf die Flächen schaute, waren sie von einem roten Schleim überzogen.
»Auf den Rücken mit dir!« flüsterte der Killer. Er stand dicht am Sarg und schaute über den Rand.
»J… ja … ja …« Leo wollte alles tun, was dieser verfluchte Irre verlangte. Und sein Leben mußte er behalten, darauf kam es ihm an.
Vielleicht bluffte der Kerl auch nur. Das war so ein Irrer, der nur dann Befriedigung erlangen konnte, wenn andere in bestimmte Situationen gerieten und gequält wurden.
Der Designer drehte sich. Die Schmerzen am Hals spürte er kaum.
Er schaffte es, den Kopf dabei so schräg zu halten, daß sein Blick gegen den Sargrand fiel und er darüber das grausamkalte Gesicht seines zukünftigen Mörders erkennen konnte.
In den Augen des Eindringlings lag das blanke Eis. Erbarmen gab es nicht. Dobson fühlte sich als Rächer, in seiner Psyche hatte es einen starken Riß gegeben. Er wollte Tote sehen, nur dann konnte er mit seiner Existenz zufrieden sein.
Und dann kroch die Klinge über den Rand. Bisher hatte Leo nur das Gesicht gesehen. Die Klinge aber war wie eine furchtbare, kalte, starre Schlange, die sich allerdings blitzartig in ein tödliches Instrument verwandeln konnte.
Der Designer lag im Sarg, er kam nicht weg, konnte sich kaum bewegen, denn gewisse Maße hatte er auch als Künstler einhalten müssen. Auf den Friedhöfen gab es nur
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