0671 - Killer-Kobolde
zerfetzten.
Dann erschien ab und zu der fahlblasse Halbmond wie ein scharf gezeichneter Gegenstand. Er sah aus, als würde er jeden Augenblick auf die Erde fallen.
Suko bewegte sich zwischen den Trümmerstücken. Die Reste lagen dort wie hingeschaufelt.
Manchmal war der Platz zwischen ihnen eng, an einigen Stellen jedoch breiter, und dann blieb Suko so plötzlich stehen, als wäre er von einer Hand gestoppt worden.
Er hatte etwas gesehen!
Alles war sehr schnell gegangen, ein Huschen, mehr nicht. Aber er hatte sich den Ort merken können. Genau vor ihm war etwas durch die Luft geflogen und hatte ein leises Pfeifen hinter sich gelassen.
Von rechts war es gekommen und nach links geflogen, als hätte es sich dort ein Versteck suchen wollen. Auch Suko bewegte sich in die Richtung. Er sah einen kompakten Schatten, der aus dem dunklen Boden in die Höhe wuchs und so etwas wie einen Turm oder zumindest die Reste davon bildete.
Er war nur zur Hälfte überwuchert, wie Suko im Schein seiner Lampe erkennen konnte. Er hatte es einfach riskiert und die Leuchte eingeschaltet.
Zwischen manchen Efeublättern glänzten geheimnisvolle Spinnweben. Sie sahen aus wie Eisfäden und zitterten im Wind. Automatisch dachte Suko an alte Märchen und Geschichten. Nicht die aus seiner Heimat China. Im Laufe der Jahre hatte er sich auch einen Überblick über europäische Märchen und Legenden verschaffen können und erinnerte sich in diesen Augenblicken an manche Beschreibungen.
Da hatten die Erzähler und Rufzeichner es tatsächlich geschafft, eine Atmosphäre nachzuzeichnen, wie er sie hier erlebte. So düster, an manchen Stellen auch unheimlich und immer wieder bedrückend. Der Wind bewegte das Gras, er sorgte dafür, daß die Halme sich aneinander reiben konnten, und die dabei entstehenden Geräusche waren seine ständigen Begleiter. Automatisch war er bemüht, seine Schritte zu dämpfen. Er hatte das Gefühl, irgend jemand zu stören, und die Gänsehaut in seinem Nacken ließ sich nicht vertreiben.
Etwas stimmte nicht…
Hatten ihn die Geister der Spriggans schon eingekesselt? War er bereits in die Falle gelaufen?
Wo verbargen sie sich? Wo lauerten die kleinen, unheimlichen Wesen auf ihn?
Hockten sie hinter dem Buschwerk, hielten sie sich in Erdspalten verborgen? Waren sie tief in den Hügel eingedrungen, um mit den Spriggans zu praktizieren, die dort ihr Reich aufgebaut hatten?
Oder waren die Geister einfach nur Ausgestoßene und Verfluchte einer anderen Welt?
Suko lief um den hohen Rest herum. Wie ein kantiger Arm ragte er in die Höhe. Dahinter fiel das Gelände ein wenig ab, so daß sich eine Mulde hatte bilden können.
Und genau dort waren sie!
Obwohl Suko mit ihrem Erscheinen gerechnet hatte, erschreckte er sich doch.
Er war zwar stehengeblieben, zog sich dann blitzschnell wieder zurück, so daß er die mit Pflanzen bewachsene Wand des Turms im Rücken spürte.
Eine nur geringe Deckung. Sie erlaubte es ihm jedoch, die Szenerie zu beobachten.
Es war für ihn ein faszinierender Anblick, denn über der Mulde kreisten die Flaschengeister. Genau die Wesen, die durch John Sinclair befreit worden waren. Die Halbgeister mit den materialisierten und existenten Köpfen und den langen Schweifen, die sie wie Seelen hinter sich herschleppten.
Trotz der Dunkelheit erkannte Suko die Köpfe sehr deutlich und natürlich auch die unterschiedlichen Gesichter. Manche waren dick und aufgequollen, andere wiederum in die Länge gezogen, aber stets versehen mit wilden, kleinen Glutaugen, die für ihn einen erbarmungslosen Ausdruck besaßen.
Hinzu kamen die aufgerissenen Mäuler, so daß sie manchmal wirkten wie Fische, die nach ihrer Beute schnappen wollten.
Die Halbgeister kreisten zwar über der Mulde, doch ein jeder von ihnen hatte sich einen bestimmten Platz ausgesucht, so daß ihre Runden stets sehr klein waren.
Manchmal huschten sie ihm auf dem Untergrund entgegen, ohne allerdings in ihn hineinzustoßen, denn dicht vor Erreichen der Fläche drehten sie ab und jagten wieder in die Kreisbewegung hinein.
Suko wußte bereits nach einigen Sekunden Bescheid. Diese Geistwesen konnten sich nicht so bewegen, wie sie wollten. Irgendeine Kraft zwang sie in die bestimmte Richtung hinein.
Noch blieben sie dort, tauchten in die Tiefe, schwangen wieder hoch und begannen ihr Spiel von vorn.
Für Suko sah dies so spielerisch aus, für die Halbgeister war es sicherlich kein Spiel. Da mußte einfach mehr dahinterstecken. Es kam ihm vor wie eine
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