0672 - Countdown für Terra
der neun Monate als ,tot' bezeichnen, dann können Sie damit nur die biologischen Plasmazusätze meinen.
Diese lebenden Plasmasegmente von der Hundertsonnenwelt sind es, die uns zu schaffen machen. Das sage ich Ihnen, werter Kollege."
„Wahrscheinlicher ist es aber, daß der Widerstand gegen die Dateneingabe von der Bioinpotrpnik als Ganzem kommt", erklärte ein dritter.
„Darf ich einen Augenblick um Ruhe bitten, meine Herren?"
Das war Professor Waringer. Sofort wurde es still in der Programmierungszentrale.
„Sie alle wissen inzwischen, was für ein Problem wir haben", ergriff der Hyperphysiker das Wort. „Nathan weigert sich plötzlich, die Daten, die wir ihm aus Sicherheitsgründen vor neun Monaten entnahmen, wieder in sich aufzunehmen. Die Gründe dafür kennen wir noch nicht. Aber alles deutet darauf hin, daß der Widerstand von den Plasmazusätzen ausgeht. Sie waren während der neunmonatigen Pause tatsächlich in einem todesähnlichen Zustand.
Das Bioplasma wurde zwar die ganze Zeit über die Lebenserhaltungssysteme versorgt, aber sie waren leer und deshalb ohne jegliche Bestimmung. Das könnte Neurosen und Psychosen zur Folge haben. Wir werden jetzt einige Tests machen, um die Ursachen für die Weigerung der Datenannahme herauszufinden."
Hetschic hatte immerhin soviel aus Waringers Worten herausgehört, daß Nathan sich weigerte, die Daten wieder in sich aufzunehmen. Das hörte sich grotesk an, aber immerhin lag es innerhalb von Hetschics Vorstellungskraft, daß auch Plasmazusätze von Robotern in Extremsituationen so etwas wie Geisteskrankheiten entwickeln konnten. Und eine solche Extremsituation war die neunmonatige Ruhepause für Nathan zweifellos gewesen.
Waringer ließ einen Konservierungsroboter kommen, der vom selben Typ war wie die 14.608 Teillasten. Von Waringer erfuhren die Anwesenden jedoch, daß es sich um keinen Teillasten handelte, sondern um einen Konservierungsroboter mit einer Anhäufung von mehr oder minder wertlosen Daten.
Die Umstehenden hielten den Atem an, als Waringer von seinen Assistenten den Konservierungsroboter an die Dateneingabe anschließen ließ.
Nachdem dies geschehen war, nahm Waringer selbst die Schaltungen vor, die nötig waren, um die Daten aus dem Roboter in die Bioin-potronik zu speichern. Dabei stellte der Hyperphysiker auch die Sprechverbindung zu Nathan her.
„Kannst du mich hören, Nathan? Hier spricht Professor Waringer."
„Der Hyperphysiker Waringer?" kam die wohlmodulierte Stimme der Bioinpotronik aus dem Lautsprecher.
„Stell dich nicht so an, Nathan. Du kannst doch nicht so tun, als würdest du mich nicht kennen."
Hetschic war von der Art, wie sich Waringer mit dem Computer unterhielt, fasziniert - als handle es sich um ein lebendes Wesen.
Und im weiteren Verlauf erkannte Hetschic auch, daß Nathan eine Verhaltensweise wie ein Lebewesen zeigte. Allerdings hatte Nathan einige Schrullen.
„Ich kenne Sie, Professor Waringer. Irgendwo in meiner Erinnerung existieren Sie. Aber das ist mehr eine Ahnung als ein Wissen. Meine Erinnerung läßt zu wünschen übrig -Überall in mir ist Leere."
„Ich weiß, Nathan. Deshalb bin ich hier. Ich will dir deine Erinnerung zurückgeben."
„Sie sind unpräzise, Professor Waringer. Ich sagte doch, daß ich keine Erinnerung habe. Sie können mir also nicht meine, sondern nur eine neue Erinnerung geben."
Waringer warf den Umstehenden einen bezeichnenden Blick zu.
„Gut, wie du meinst, Nathan. Bist du bereit, die Erinnerung anzunehmen?"
Das war eine Frage, die Hetschic einen leichten Schauder über den Rücken jagte. Konnte sich ein Computer denn überhaupt gegen die Dateneingabe wehren? Pie Datenannahme verweigern? Aber Nathan war eben kein simpler Computer.
Durch die Plasmasegmente besaß er so etwas wie ein Bewußtsein - einen eigenen Willen. Er lebte tatsächlich!
„Ich bin bereit!"
Waringer leitete die Überspielung der Daten aus dem Konservierungsroboter in die Speicher der Bioinpotronik ein.
Es dauerte nur wenige Minuten, dann war der Prozeß beendet.
„Ist alles glatt gegangen?" erkundigte sich ein Wissenschaftler, dem die anderen die Sicht auf das Hauptgeschehen verstellten.
„Nathan hat die Daten angenommen", sagte Waringer, der die Frage gehört hatte. „Jetzt wollen wir dasselbe mit einem der Teillasten versuchen."
Er wandte sich den Sensoren Nathans zu.
„Bist du bereit, weitere Bruchstücke einer Erinnerung aufzunehmen, Nathan?"
„Wie viele solcher Bruchstücke insgesamt?"
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