0673 - Die Jagd
ihres Aussehens, konnte aber nichts daran ändern. Sie hörte kaum hin, denn ihre Gedanken beschäftigten sich mit Francine Joy, die sie auf eine derartig perfide Art und Weise reingelegt hatte. Das empfand sie schlichtweg als ungeheuerlich.
»Sie wollen mich also mitnehmen?«
»Sicher.« Jetzt redete der Zweite.
»Dann darf ich mir wenigstens etwas überziehen?«
»Klar, darfst du. Aber nicht umziehen.«
»Keine Sorge.« Jane schaute auf ihre Füße, die noch immer in den wadenhohen Stiefeln steckten.
Sie kamen ihr plötzlich mehr als lächerlich vor. »Costello wird sich wundern«, sagte sie leise. »Es ist noch jemand unterwegs.«
»Das wissen wir, Süße. Nur befinden wir uns hier auf neutralem Boden. Das wird auch Sinclair merken.«
»Schon gut.«
Jane wollte nicht, dass der Name laut ausgesprochen wurde, damit Francine Joy nicht noch auf den allerletzten Trumpf aufmerksam gemacht wurde. »Mein Mantel hängt im Flur.«
»Du darfst sogar vorgehen.«
»Wie großzügig.« Jane schielte auf ihre Waffe, die leider für sie in einer nicht erreichbaren Entfernung lag. Wenn sie sich nur falsch bewegte, würden die anderen sofort schießen.
Der Raum war nicht sehr breit. Um Jane passieren zu lassen, traten die Mafiosi zur Seite und schufen so einen Durchlass. An der linken Seite strich die Mündung der Waffe über Janes nackte Schulter. Sie schauderte unter der kalten Berührung.
Im schmalen Flur standen nur die Garderobe und ein schmales Sideboard aus Holz. Zwei schwere Kerzenleuchter hatten dort ihren Platz gefunden. Eine Schmiedearbeit aus den Bergen. Auch der Garderobenständer bestand aus Eisen. Vier Stangen wurden unten von einem Ring gehalten. Nach oben hin breiteten sie sich aus wie die Blätter einer Blume und waren an ihren Enden mit Haken versehen.
Jane nahm ihren weichen Mantel ab. Der Stoff schimmerte in einem warmen Gelb. Sie schlüpfte in das wärmende Kleidungsstück und schaute dabei über die Schulter zurück.
Die Mafiosi standen nahe der Tür und praktisch direkt vor der nach oben führenden schmalen Treppe, deren Stufen im oberen Drittel im Dunkeln verschwanden.
»Fertig?«
»Augenblick noch.« Jane war dabei, den Mantel zuzuknöpfen und wollte auch den sich in der Taille befindlichen Gummizug strammziehen. Die Mafiosi hatten nichts dagegen. Sie fühlten sich ihrer Sache mehr als sicher. Keiner von ihnen dachte an eine Gefahr.
Sie waren zu sehr Machos, die sich Frauen nahmen, wenn sie Vergnügen haben wollten, ansonsten mussten sie ihnen zu Diensten stehen oder Helferinnen spielen.
Wie Francine Joy…
Ein Weib, das sie vom Bildschirm her kannten. Wie die plötzlich klein geworden war und sich förmlich darum gerissen hatte, ihnen zu helfen, war schon phänomenal.
Alles ging so glatt, war so einfach.
Von Killern konnte man nicht erwarten, dass sie gleichzeitig auch Psychologen waren, höchstens Psychopathen. Von ihnen versetzte sich niemand in die Haut des anderen und erst recht nicht in die einer Frau. Frauen wurden schnell abgehakt.
Ein Irrtum.
Es gab auch andere.
Wie Francine Joy, zum Beispiel.
Bisher hatte sie sich nicht gezeigt und sich in der oberen Etage versteckt gehalten.
Das änderte sich.
Keiner hatte sie gesehen und gehört, wie sie das Zimmer verließ. Auf leisen Sohlen war sie wie ein Schatten in Richtung Treppe geschlichen.
Vor der obersten Stufe blieb sie für einen Moment stehen. Sie schaute nach unten und sah, dass sich Jane den Mantel überstreifte. Etwa zwei Meter von ihr entfernt standen die beiden Mafiosi.
Um Francines Lippen spielte ein eisiges Lächeln, als sie lautlos die Treppe betrat.
Auf der drittletzten Stufe blieb sie stehen. Von diesem Zeitpunkt an änderte sich die Lage schlagartig.
»Zur Seite, Jane!«, gellte ihre Stimme, und Francine hob beide Arme an, um ihre Rache einzuläuten…
***
Jane Collins und die beiden Mafiosi hatten die Stimme der Frau gehört. Gemeinsam kreiselten sie herum und starrten die Treppe hoch.
Francine Joy stand dort wie ein rächender Engel!
Wie eine Bürste standen ihre Haare hoch. Die Arme halb erhoben, bewegte sie die Finger, und plötzlich floss ein bläulichweißes Licht um ihre Gestalt, das ihr Gesicht zu einer Fratze mit übergroßen Augen verzerrte.
Jane huschte zurück, in den Schutz der Treppe, denn sie bekam mit, wie die Augen der Frau schockgrün leuchteten.
Es geschah wie im Kino!
Plötzlich schwebten die beiden schweren Kerzenleuchter in der Luft. Aber keine Hände trugen sie, es war einzig
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