0674 - Im Höllenloch
damals sehr deutlich davor gewarnt, den Stab zu entehren. Das ist nun geschehen, und es gibt kein Zurück mehr.«
»Können wir nicht trotzdem nachforschen?«
»Wie denn?«
»Wir müßten jemand damit beauftragen, der sich ebenfalls auskennt. Das ist unsere Chance.«
Suko lachte mich scharf aus. »Beauftragen, John? Wen willst du denn damit in Schwierigkeiten bringen?«
Ich winkte ab. »Ich weiß nicht, ob es sich dabei um so große Schwierigkeiten handelt. Jedenfalls bin ich nicht gewillt, dies alles hinzunehmen.«
»Dann bitte, rücke mit konkreten Vorschlägen heraus. Oder nur mit einem.«
Ich schaute Suko an. »Das mache ich auch, keine Sorge.« Wieder begann ich durch das Zimmer zu wandern. »Der Buddhismus ist nicht allein auf Tibet begrenzt. Wir finden ihn in China ebenso wie in Malaysia oder in Indien. Und Indien ist für mich ein Stichwort. Wenn wir den Chronisten Glauben schenken, ist Buddha während seiner langen Wanderjahre oft genug in Indien gewesen. Er hat dort gelehrt, er hat dort seine Anhänger gefunden, er hat in diesem Subkontinent seine Lehren verbreitet, die bis heute noch Bestand haben. Es gibt dort viele Weise, Mönche, Erleuchtete, die eventuell einen Weg wissen, was wir tun müssen, um die Kraft des Stabes zurückzugewinnen.«
»Sag mir Namen.«
»Ich kann dir direkt keinen nennen, Suko, das weißt du. Aber es gibt jemand, der sich auskennen muß.«
»Mandra Korab.«
»An ihn habe ich gedacht!«
Suko bewegte seine Augenbrauen und die Stirn. Bei ihm ein Zeichen, daß er intensiv nachdachte.
»Mandra Korab hat mit dem Stab nie etwas zu tun gehabt.«
»Das weiß ich, Suko. Trotzdem kennt er das Land, weiß um die Geheimnisse dieses Kontinents. Ich könnte mir vorstellen, daß sich zumindest eine Lösung andeutet.«
Mein Freund atmete schwer. »Okay, John, dann versuche es bitte. Vielleicht erreichst du ihn.«
Zeit, bis ich durchkam. Längst war es tiefdunkel über London geworden.
Dann hatte ich Mandra Korab am Draht. Seine Stimme klang dünn, als wäre jemand dabei, ihm allmählich die Luft abzuschnüren. Ich redete ziemlich lange mit ihm. Er hörte sich die Probleme an und versprach, etwas zu unternehmen.
»Besteht überhaupt eine Chance?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Wartet auf meinen Anruf. Er kann schnell erfolgen, kann aber noch dauern.«
»Okay, bis dann.«
Ich berichtete Suko, daß unser Freund Mandra sich bemühen wollte, doch der Inspektor hob nur die Schultern. Er schien dem Braten einfach nicht zu trauen.
Suko blieb bei mir. Keiner von uns wollte ins Bett. Wir erlebten, wie lange sich die Nacht hinzog.
Auch die Glotze lenkte uns nicht ab. Nur bei Nachrichtensendungen, deren Inhalt sich mit der Golfkrise beschäftigte, schreckten wir hoch.
Mitternacht näherte sich, es begann ein neuer Tag, und Mandra rief noch immer nicht an. Mir fielen die Augen zu.
Als ich erwachte, war es Zeit, ins Büro zu gehen. So lange hatte ich eigentlich nicht schlafen wollen.
Suko hing noch schläfrig in seinem Sessel. »Fahren wir ins Büro?« fragte er.
»Nein, wir warten.«
»Gut, dann sag aber Bescheid.«
Das wollte ich später machen. Dazu kam es nicht mehr, denn als das Telefon läutete, wußte ich einfach, daß es nur Mandra Korab sein konnte. Das hatte ich im Gefühl.
Und er war es.
»Gibt es eine Chance?« rief ich.
»Eine winzige, sie wäre jedoch einen Versuch wert. Wir müssen in die heilige Stadt Benares.«
»Du bist dabei?«
»Sicher.«
»Wann sollen wir los?«
»So rasch wie möglich. Noch hält sich meine Kontaktperson in der heiligen Stadt am Ganges auf. Ich werde mit ihr über das Problem reden, das wir dann hoffentlich lösen können.«
»Wäre phantastisch, Mandra.«
»Hoffen wir das Beste. Ich bleibe in meinem Haus. Ruft ihr an wegen des Flugs?«
»Natürlich.«
Ich legte auf. Verdammt noch mal, meine Hand zitterte sogar. So aufgeregt war ich plötzlich.
Über das Telefon hinweg schaute ich Suko an. Das Gesicht des Inspektors verriet nicht mehr die Leere. Jetzt zeichnete sich die Spannung darin ab.
Ich spreizte einen Daumen zum Zeichen des Sieges.
Mein Freund winkte ab. »Soweit ist es noch nicht.«
Ich schwang mich aus dem Sessel. »Los, hoch mit dir, Alter! Kümmern wir uns um den Flug…«
Eine fette Fliege hatte sich mein Gesicht als Landeplatz ausgesucht und krabbelte über die Haut.
Das schreckte mich aus meinen Gedanken hoch. Ich scheuchte sie weg und hörte Sukos leise Stimme.
»Hast du geträumt?«
»Nein, nur an London
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