0678 - Der Zauberschädel
Menschen.
Und genau der musste sich bei Suko gebildet haben.
Vor mir saß ein Astralleib, ein feinstofflicher Körper, dem Original voll und ganz gleichend. Deshalb klang seine Stimme auch so seltsam und hallend, als käme sie aus einer großen Ferne. Auch die Haut wirkte dünn und durchscheinend, die Augen ohne Leben.
Hinzu kam dieser Vogel. Er hockte wie ein schwarzes Ungeheuer auf dem Schreibtisch und ließ mich nicht aus dem Blick, als wollte er Suko beschützen.
Was sollte ich tun?
Ich wusste es nicht, stellte Suko aber eine Frage, die mir auf dem Herzen brannte. »Ich gehe davon aus, dass du nicht hier bei mir bleiben willst -oder?«
»So ist es.« Er sprach sehr leise. Die Stimme hörte sich für mich brüchig an, als würde sie jeden Augenblick zusammenbrechen. Er saß zwar greifbar vor mir und erinnerte mich trotzdem an jemand, der meilenweit entfernt von mir war.
»Und wo willst du hingehen, Suko?«
»Auf die Suche nach einer Lösung, John. Ich muss eine Aufgabe erfüllen. Man hat mir die Chance gegeben, ich habe den Felsen der Weisheit gefunden. Dort herrscht Duvalier. Er ist derjenige, der die Wege fand. Er hat den Spiegel, der einen Menschen teilen kann. Der Spiegel spaltet die Persönlichkeit. Aus einer werden zwei. Das habe ich am eigenen Leibe erfahren können. Ich sitze hier als mein zweites Ich vor dir, John, aber ich denke auch an euch. Glaube nur nicht, dass ich es vergessen habe. Ich will wieder zurück, doch nachher, John - nachher.«
Suko litt unter seinem Schicksal. Um das zu wissen, brauchte ich kein Prophet zu sein. Das hatte ich seiner Stimme entnommen. Es schmerzte ihn, nicht mehr der zu sein, der er früher einmal gewesen war. Ich konzentrierte mich auf sein blasses Gesicht, in dem hin und wieder die Haut zuckte, als bestünde sie aus sehr dünnem Papier. Sie wirkte sogar leicht durchsichtig auf mich, als könnte sie jeden Augenblick brechen und als Fetzen davonfliegen.
Es fiel ihm anscheinend schwer, den Zustand aufrechtzuerhalten, aber ich wollte mich nicht damit zufriedengeben. Suko bestand aus zwei Ichs.
Konnte ich einfach hingehen und sein zweites Ich so behandeln, wie ich es mit seinem ersten getan hätte?
Ihn anfassen, möglicherweise sogar mit meinem Kreuz konfrontieren.
Das käme auf einen Versuch an, wobei ich den Vogel ebenfalls nicht übersah, der mich nicht aus den Augen ließ und tatsächlich auf Sukos Seite stand und ihn bewachte.
»Ich habe dich verstanden, Suko. Ich möchte dich trotzdem fragen, was du vorhast.«
»Ich werde weiter nach einer Chance suchen.«
»Du willst die Kraft zurück?«
»Ja, mein Stab soll wieder gefüllt werden. Ich werde den mächtigen Buddha um Verzeihung bitten. Mein erstes Ich wird von meinem zweiten getrennt sein. Ich kann es auf die Reise schicken und bleibe persönlich auf dem Felsen.«
»Das ist gut.«
»Dann wirst du mir die Daumen drücken, John?«
»Nicht nur das.« Ich lächelte kantig. »Du hast mich überzeugt, Suko. Du bist mächtig geworden. Ich mache dir folgenden Vorschlag. Ich gehe den Weg mit dir zusammen. Lass uns gemeinsam versuchen, die Kraft des Stabes wieder zurückzugewinnen. Wir beide reisen durch die Dimensionen. Du kannst mich mit auf den Felsen der Weisheit nehmen, denn ich will ebenfalls versuchen, meinen Körper in zwei Ichs zu spalten. Gemeinsam sind wir stärker, glaube mir.«
»Nein, John, das geht nicht.« Auf seiner dünnen Gesichtshaut zeichnete sich Erschrecken ab. »Das ist unmöglich. Ich würde Duvalier betrügen. Ich habe sein Vertrauen, ich…«
»Denk auch an dich, Suko!«
»Das tue ich und…« Er schüttelte den Kopf. »Nein, John, das ist unmöglich.«
Ich stellte fest, dass Suko sich bereits zu einer inneren Immigration entschlossen hatte. Mit anderen Worten, er bereitete sich wieder auf eine Rückkehr vor. Und zwar ohne mich.
Ich wollte ihn halten. Er hatte sich entschlossen, sich uns zu zeigen und zu beweisen, dass er noch existierte. So etwas fand ich sehr nobel, aber ich sah nicht ein, dass er mir entwischte.
Natürlich konnte ich nicht hingehen und sein zweites Ich mit beiden Händen umfassen. Es einfach wegzerren und so tun, als wäre er völlig normal. Diesen Körper musste ich anders bannen und griff zu einem Trick. Ich fragte Suko: »Darf ich dich noch einmal anfassen? Ich möchte dir die Hand schütteln…«
»Nein, John, ich bin eine Projektion. Du würdest hindurchfassen. Ich bin nicht dreidimensional. Kannst du das denn nicht begreifen? Ich gehöre in dieser
Weitere Kostenlose Bücher