0678 - Der Zauberschädel
verschwinden sollen, aber dort stehenblieb, als hätte man sie hypnotisiert. Ich fuhr herum.
Der Schnabel hackte zu, während der Vogel wie eine schwarze Decke über mir schwebte.
Ich bekam den kurzen, kräftigen Hals zu fassen. Es war ein Glücksgriff.
Ich hielt fest und schüttelte ihn durch, dann schleuderte ich ihn herum, und ließ ihn gleichzeitig los.
Er klatschte gegen die Wand und gab abermals einen Laut von sich, der an ein wütendes Kläffen erinnerte.
Ein kurzer Seitenblick zu Suko. Er hatte seine Lage nicht verändert.
Blass und wie gezeichnet hockte er auf seinem Platz, die Augen weit geöffnet und mit zitternden Lippen.
Mein Gott, welch eine Hölle musste in ihm toben, während ich mich mit dem Vogel beschäftigte.
Töten oder nicht?
Er flatterte hoch. Ungelenk sah es in der Enge des Büros aus, aber nicht weniger gefährlich.
Mordlust?
Ich machte mir darüber keine Gedanken mehr, schleuderte ihm einen Stuhl entgegen, brachte seinen Angriff somit aus dem Konzept und setzte sofort nach.
Diesmal mit dem Dolch!
Die Klinge drang durch Gefieder, Haut, Knochen und auch dünnes Fleisch. Sie riss einen breiten Spalt. Eine dunkle Flüssigkeit drang aus der Wunde, dann schlug das Tier noch einmal mit den Flügeln, während es sich auf dem Boden wälzte und Sekunden später still dalag.
Ich hatte gewonnen!
Glenda Perkins flüsterte Worte, die ich nicht verstand. Mein rechter Arm sank nach unten, mit der linken Hand winkte ich ab, dann ging ich zu Suko.
Sah er mich, sah er mich nicht?
Er war bleich geworden, durchscheinend, ein Gespenst schaute mich an, ein Geist, der noch einmal den Kopf schüttelte und schneller war als ich, denn er ließ es nicht zu, dass ich ihn mit dem Kreuz berührte. Von einem Moment zum anderen war er weg. Genau dort, wo er gesessen und dem Kampf zugeschaut hatte, blieb noch eine kühle Insel zurück. Das war die einzige Erinnerung.
Ich stand da, schaute ins Leere und hörte Glendas Stimme. »Himmel, John, was war das?«
»Kein Traum, Glenda.«
»Dann haben wir Suko gesehen?«
Ich hob die Schulter und versuchte, Ordnung in meine Gedanken zu bringen. »Das kann ich dir nicht einmal genau sagen. Es war Suko, er sah so aus, er sprach mit seiner Stimme, und trotzdem hatte ich den Eindruck, einen Fremden zu sehen. Verstehst du das? Er ist mir fremd geworden, er ist…«
Sie kam auf mich zu, blieb neben mir fröstelnd stehen und drückte ihren Körper gegen den meinen. »Ich wollte, es wäre ein Traum gewesen, John. Ja, ich wollte es. Was hat man mit Suko nur gemacht, John? Was ist mit ihm geschehen?«
»Wenn ich das wüsste, Glenda, ginge es mir besser.«
»Und dieser Mordvogel?«
Ich räusperte mich. »Sorry, aber da kann ich dir auch nichts zu sagen. Irgendwie gehörte er dazu. Man hat ihn geschickt. Als Aufpasser, als Leibwächter, als Killer.«
»Für Suko?«
»Sicher, Glenda.«
»Kannst du mir sagen, John, was wir da gesehen haben? Einen Menschen sicherlich nicht.«
»Da hast du recht.«
»Und was? Ein Gespenst?«
Ich schüttelte den Kopf. »Sein zweites Ich, Glenda. Jeder Mensch hat zwei Leiber. Einen stofflichen und einen feinstofflichen. Suko hat mir selbst gesagt, dass er zu einem Suchenden geworden ist. Er sucht die Kraft seines Stabes, die zurückkehren muss, und er hat eine Spur gefunden, glaube ich. Den Felsen der Weisheit, wie ich ihn richtig verstanden habe. Dort lebt ein Mann namens Duvalier, der in der Lage ist, die beiden Ichs eines Menschen zu trennen. Um den Astralleib entstehen zu lassen, braucht der andere nicht in einen tiefen Schlaf zu fallen. Beide Körper können voneinander getrennt existieren. Das ist positiv für Suko. So hat er mit uns Kontakt aufgenommen, um auf diese Art und Weise zu erklären, dass es ihn noch gibt. Nur will er sich nicht helfen lassen. Er hat den Stab verloren, er fühlt noch immer die Bürde der Verantwortung. Er hat ihn zwar zurückerhalten, doch er sucht noch immer die Kraft, die verlorengegangen ist. Ob er eine Chance auf dem Felsen der Weisheit bekommt, das wissen die Götter. Ich jedenfalls nicht.«
»Und dieser Duvalier?« fragte Glenda. »Was ist denn mit ihm?«
»Weißt du es?«
»Nein.«
»Ich ebenfalls nicht. Ich habe nur den Namen gehört, mehr ist mir nicht bekannt.«
Glenda ging einen kleinen Schritt nach vorn. Sie deutete auf den Vogel, der nicht mehr als solcher zu erkennen war, denn auf dem Boden verteilten sich seine Überreste.
Der Fleck sah aus, als hätte jemand dort Teer hingekippt und
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