0678 - Der Zauberschädel
ihn verrieben.
»Der ist aber in seiner normalen Existenz mit ihm gekommen, John.«
»Das glaube ich auch.«
»Kannst du dir denn denken, weshalb Suko in seine beiden Ichs gespalten wurde?«
»Eine gute Frage«, murmelte ich und räumte dabei auf. Ich stellte den Stuhl hoch, legte die Papiere wieder auf den Schreibtisch sowie die Kugelschreiber, Bleistifte und Füllfederhalter. Das Telefon hatte den Angriff schadlos überstanden.
»Bekomme ich keine Antwort?«
Ich setzte mich auf die Schreibtischkante. Mein Blick glitt durch das Fenster. Es hatte angefangen zu schneien. Die feinen Körner rieselten in gewaltigen Wolken aus dem aschgrauen Himmel. »Was ich dir jetzt sage, Glenda, ist reine Spekulation. Ich gehe davon aus, dass Suko sein zweites Ich ausgeschickt hat, um Kontakt aufzunehmen, mit dem Geist des toten Buddha. Er war an seinem Grab, das hat er mir berichtet, aber er hat dort keinen Erfolg errungen. Keinen hundertprozentigen. Er traf dort auf einen alten Mönch, der ihn zum Fels der Weisheit geschickt hat. Mehr kann ich dir auch nicht sagen.«
Glenda schaute ins Leere. »Bist du denn davon überzeugt, dass es so stimmt?«
Ich holte tief Atem. »Was heißt überzeugt? Ich will es hoffen, dass ich richtig liege, verstehst du?«
»Natürlich, aber es hat dich nicht überzeugt.«
»Richtig.«
»Nächste Frage, John. Wie kannst du ihm helfen?«
Ich lachte etwas bitter. Es war eine mehr als bescheidene Lage. Ich kam mir manchmal vor, als hätte sich Suko uns nur gezeigt, um uns zu erklären, dass wir eine Sache aufgeben sollten.
Nicht mehr weitermachen, es war genug, denn er wollte den Weg allein gehen. Andererseits hatte er uns Hinweise gegeben.
Glenda lächelte mit spitzen Lippen. »Wie heißt der Mann noch? Duvalier? Wo lebt er? Auf dem Felsen der Weisheit. Ich kann mir vorstellen, dass du ihm einen Besuch abstatten mußt, um Suko zu finden. Da hat er eine gute Spur gelegt.«
»Da hast du nicht unrecht.«
»Dann mach dich bereit.«
»Wer ist Duvalier, und wo finden wir den Felsen der Weisheit?«
»In Indien, nehme ich an.«
Ich konnte ein Lachen nicht unterdrücken, weil sich die Antwort so herrlich naiv angehört hatte. »Wunderbar, liebe Glenda. Kannst du mir auch den Weg zeigen?«
»Du verlangst verflixt viel.«
»Nicht mehr, als ich von mir verlange. Auch ich weiß nicht, wo ich ansetzen soll. Muss ich dir denn sagen, wie groß Indien als Subkontinent denn ist? Das ist ein Land mit Millionen von Geheimnissen. Eine uralte Kultur, die Zeit gehabt hatte, Welten aufzubauen, in denen viele Menschen noch heute leben. Indien besteht nur aus Rätseln, habe ich den Eindruck. Da reiht sich eines an das andere. Es ist für einen Europäer beinahe unmöglich, dies zu begreifen.«
»Dabei haben wir es noch gut«, sagte Glenda leise.
»Wie meinst du das?«
»Denk an Mandra Korab. Er ist Inder, er kennt sein Land, er weiß sehr viel.«
»Leider nicht alles. Glenda, denk doch daran, wie sich Mandra bemüht hat, eine Spur von Suko zu finden. Er hat es nicht geschafft.«
Sie starrte mich an und schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht zeigte einen beinahe schon bösen Ausdruck. »Sag mal, John, bist du irgendwie anders geworden in den letzten Minuten?«
»Wie meinst du das?«
»So negativ kenne ich dich gar nicht. Du bist mir aus dem Ruder gelaufen? Hat dich das Erscheinen dermaßen geschockt, dass du…?«
Ich winkte ab. »Nein, Mädchen. Ich weiß nur, dass es sehr schwer ist. Und ich ahne gleichzeitig, dass wir oder dass ich auch hier in London mit in den Fall hineingezogen werde.«
»Das sind wir schon.«
»Richtig, aber noch direkter. Ich habe den Angriff überstanden. Ich weiß nicht, wer oder was dieser Duvalier ist und vorhat. Jedenfalls klingt der Name nicht indisch, sondern französisch. Und darauf setze ich meine Hoffnungen.«
»Wieso?«
»Ganz einfach. Ich werde erstens den Computer einschalten und zweitens versuchen, mit Mandra Kontakt aufzunehmen. Das kannst du erledigen, während ich in die Unterwelt fahre.«
Glenda schaute mich skeptisch an. »Wartet Mandra denn auf einen Anruf von uns?«
»Er ist ein Mensch, der immer wartet.«
»Hör auf. Okay, ich versuche es.«
Bevor ich ging, hauchte ich einen Kuss auf ihre Wange. »Du bist super, Mädchen.«
»Klar, bin ich immer. Noch eine Frage. Wer entfernt die komischen Reste des Vogels?«
»Das ist allerdings ein Problem«, murmelte ich.
»Der Putzfrau können wir diese Schweinerei nicht überlassen. Ich wäre dafür, dass wir es
Weitere Kostenlose Bücher