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0679 - Der Schrecken von Botany Bay

0679 - Der Schrecken von Botany Bay

Titel: 0679 - Der Schrecken von Botany Bay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Dolch wieder, den er einmal als Souvenir aus einer anderen Dimension mitgebracht hatte und seitdem als Brieföffner benutzte. Er wusste, wie scharf die Klinge war.
    »Behandelt man so in Australien seine Gastgeber?«, fragte er ruhig.
    Watling grinste. »Nur die, die einen ans Messer liefern wollen.«
    Er nahm die Klinge ein wenig zurück. Zamorra wusste nicht, ob ihm die Ironie seiner Formulierung in dieser Situation aufgefallen war.
    »Tritt ganz langsam einen Schritt vor«, befahl Watling. »Eine falsche Bewegung…«
    Er musste nichts weiter sagen. Die Drohung war auch so offensichtlich genug.
    Zamorra folgte seiner Aufforderung, während er genau auf die Haltung des Engländers achtete. Bei ihrer ersten Auseinandersetzung war deutlich geworden, dass Watling ein miserabler Kämpfer war, aber mit dem Messer konnte er entschieden besser umgehen. Er hielt die Klinge so, dass Zamorra sie nicht beiseite schlagen konnte, ohne einen Stich zu riskieren. Zurück konnte er auch nicht, weil er das offenstehende Türblatt im Rücken hatte und mit Sicherheit dagegen stoßen würde.
    »Was hast du jetzt vor?«, fragte er Watling in der Hoffnung, ihn ablenken zu können. »Willst du mich umbringen?«
    »Ich will nicht zurück, das ist alles.«
    »Wir sollten über die Konsequenzen reden«, entgegnete Zamorra. »Wenn du hier bleibst, setzt du das Leben von Millionen von Menschen aufs Spiel.«
    Watling hob die Schultern. »Haben die je was für mich getan? Was interessiert mich deren Leben…«
    Er stockte, als sei er über seine eigenen Worte schockiert. Dann räusperte er sich und fuhr fort: »Wie dem auch sei, ich habe keine Zeit mehr, mich mit dir zu unterhalten. Leb wohl.«
    Ansatzlos schlug er dem Dämonenjäger die Faust in den Magen.
    Zamorra krümmte sich zusammen und ging zu Boden. Durch einen roten Nebel sah er, wie Watling sich zu ihm herunterbeugte, ihm die Geldbörse aus der Hosentasche zog, in die eigene steckte, und den Raum verließ. Der Engländer schloss die Tür von außen ab. Während Zamorra gegen die Nachwirkungen des Schlages ankämpfte, ging Watling durch den langen Korridor zurück und die Treppe hinunter. Ein weiterer Gang folgte, eine Tür, und Thomas Watling stand im Keller des Châteaus. Er orientierte sich einen Moment und entschied sich für einen dunklen Gang, der, wenn man den mangelnden Spinnweben trauen konnte, häufiger als die anderen benutzt wurde. Wenige Minuten später stand er zwischen den mannshohen Blumen, durch die er einige Stunden zuvor an diesen Ort gekommen war.
    Nach Hause, flüsterte ihm die Stimme des Aborigines zu. Geh nach Hause, Thomas.
    Und Thomas Watling verschwand.
    ***
    Gulajahli lehnte sich gegen einen Baum und kaute langsam auf einem Stück Känguru. Sein Geist war so stark mit der Traumzeit verbunden, dass er ihre Pfade auch mit offenen Augen außerhalb der Trance sehen konnte. Sie umschlossen die ganze Welt, so wie er es sich erhofft hatte.
    Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart spielten sich gleichzeitig ab.
    Der Schamane versenkte sich tiefer in seine Gedanken, bis er die Träume seiner Kundschafter, nein, korrigierte er sich und benutzte statt dessen das Wort der Weißen, seiner Agenten spüren konnte, die überall auf der Welt verteilt waren, die Weißen beobachteten und manipulierten. Gulajahli sah, wie der Mann Thomas Watling seine Flucht fortsetzte und sich, ohne es zu ahnen, dabei auf den Pfaden bewegte, die der Schamane für ihn vorgesehen hatte. Und er sah einen zweiten Mann, der sich bereit machte, seinen eigenen Weg anzutreten. Gulajahli wusste bereits, wohin dieser ihn führen würde.
    Zamorra , dachte er zufrieden, nur durch dich wird/konnte mein Plan gelingen. Es ist/war eine Freude, dich zu treffen.
    Während der Schamane still lächelnd an seinem Baum lehnte, wanderte der Jäger Wantapari ziellos an der Küste entlang. So weit er sehen konnte, lag der Sandstrand menschenleer vor ihm. War dies das Paradies, von dem Gulajahli gesprochen hatte? Wenn dem so war, so konnte der Kundschafter nichts besonderes daran erkennen. Es war, wie es immer gewesen war, nur das Land, das sie Zeit ihres Lebens durchstreiften und das ebenso ein Teil von ihnen war, wie sie ein Teil von ihm waren. Das immer währende, leere Land.
    Und doch, dachte Wantapari, als er sich seinen Weg zurück zum Lager sang, hatte sich etwas verändert. Er sah es in den Bäumen, den Gräsern und sogar in der Sonne, die heiß und leuchtend über ihm stand.
    Nur konnte er nicht sagen, was es

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