0679 - Der Schrecken von Botany Bay
Nicole bereits häufiger durch die Zeit gereist waren, verfügten sie inzwischen über einen Kostümfundus, um den sie manches Theater beneidet hätte. Bei dieser Reise hatte sich Zamorra für ein einfaches helles Leinenhemd und eine ebensolche Hose mit Ledergürtel und Messer entschieden. Schließlich reiste er nicht zu einem europäischen Königspalast, sondern auf eine Sträflingskolonie irgendwo in der Südsee. In dieser Kleidung konnte er sich dort als Seemann oder Farmer ausgeben, ohne besonders aufzufallen. Aus dem gleichen Grund hatte er, trotz Nicoles Proteste, darauf verzichtet, einen der Blaster zum Schutz mitzunehmen. Das Amulett und ein Dhyarra-Kristall mussten reichen. Da die Kolonie vom Militär regiert wurde, war es nicht unwahrscheinlich, dass er durchsucht wurde. Amulett und Dhyarra konnte er ohne große Schwierigkeiten als exzentrische Schmuckstücke erklären, aber wie sollte er eine außerirdische Strahlenwaffe verharmlosen, die auch noch wie eine Pistole geformt war?
Nicole betrachtete ihn einen Moment kritisch und nickte dann. »Nicht gerade ein großartiges modisches Statement, aber durchaus überzeugend. Ein Blaster würde das Bild jedoch noch abrunden.«
Ihr Gefährte grinste. »Netter Versuch«, entgegnete er, »aber leider kann ich das nicht annehmen.«
Er sah Nicoles Blick und wurde ernst. »Du musst dir keine Sorgen machen. Ich habe den Dhyarra und das Amulett. Es ist nicht so, als ob ich waffenlos sein werde. Außerdem ist deine Aufgabe vermutlich viel gefährlicher. Ich werde mir nur ein wenig das Land ansehen und dann zurückkommen.«
»Wenn du meinst.«
Zamorra konnte die Zweifel in ihrer Stimme hören.
»Pass trotzdem gut auf dich auf,« fuhr sie fort und küsste ihn innig.
»Du auch auf dich,« sagte der Dämonenjäger zum Abschied, als sie sich voneinander lösten. Er trat zwischen die Blumen und konzentrierte sich. Normalerweise benötigte man eine konkrete bildliche Vorstellung von dem Ort, an den man reisen wollte, aber ein genaues Datum und die Konzentration auf die Person, die man dort zu finden hoffte, reichte auch. Da Zamorra wusste, dass Watling im Dezember 1794 geflohen war, nahm er dieses Datum als Anhaltspunkt. 1. Dezember 1794, dachte er angestrengt und konzentrierte sich auf Watlings Gesicht.
Auf welche Weise die Regenbogenblumen dieses Datum berechneten, wusste niemand, und ob auch exakt dieses Datum erreicht wurde, oder ob es Abweichungen um ein paar Stunden oder Tage gab, ließ sich erst hinterher feststellen. Wichtig war, dass die Blumen erkannten, welcher Watling als Zielperson gemeint war - der in der Gegenwart, falsch; oder der in der Vergangenheit, richtig. Zumindest war der Zeitabstand zwischen den »beiden« Watlings entschieden groß genug, um differenzieren zu können.
Zamorra holte tief Luft.
Und verschwand aus dem Keller.
Nicole blieb noch einen Moment stehen und wartete, aber ihr Gefährte kehrte nicht zurück. Anscheinend war er an dem Ort gelandet, an den er wollte, hatte sich nicht versprungen. Kurz checkte sie ihre eigene Ausrüstung durch, die sie in ihrem schwarzen Lederoverall untergebracht hatte. Ein Dhyarra-Kristall vierter Ordnung und ein Blaster sollten ausreichen, um einen entflohenen Strafgefangenen zurückzubringen.
Die Dämonenjägerin versuchte ihre Sorgen zu verdrängen, als sie ebenfalls zwischen die Blumen trat. Sie befürchtete immer noch, dass Zamorra zu leichtsinnig handelte. Es hatte sich fast so angehört, als wolle er in ein Urlaubsland reisen und nicht in eine Kolonie von Verbrechern. Der Blaster hätte ihn vor einer menschlichen Bedrohung wesentlich effektiver als der Dhyarra-Kristall oder das Amulett geschützt, die besser für magische Gegner geeignet waren. Und es hätte sich bestimmt eine Möglichkeit ergeben, die Waffe irgendwie zu tarnen.
Aber dafür hatte Zamorra sich nicht die Zeit nehmen wollen.
Nicole drängte den Gedanken zur Seite und konzentrierte sich auf Thomas Watling, den in der Gegenwart. Ich bin gespannt, wo du bist, dachte sie, als auch sie aus dem Keller verschwand.
Zurück blieb nur der Aborigine…
***
Australien 1794:
Von einer Sekunde auf die andere wurde es brütend heiß. Zamorra schnappte unwillkürlich nach Luft und blinzelte in das grelle Sonnenlicht. Unter einem stahlblauen Himmel breitete sich die Landschaft vor ihm aus.
Im ersten Moment glaubte der Parapsychologe ein Bild zu betrachten, dessen Farben verblasst waren. Das Gelb der Gräser, das Grün der Büsche und das Grau
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