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0679 - Der Schrecken von Botany Bay

0679 - Der Schrecken von Botany Bay

Titel: 0679 - Der Schrecken von Botany Bay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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weitere Musketen noch geladen waren. Allerdings schienen die Soldaten nicht ernsthaft auf eine Gegenwehr vorbereitet zu sein. Mit ein wenig Glück…
    »Und was ist mit ihm?«, unterbrach der junge Soldat Henry seine Gedanken und zeigte auf den immer noch grinsend vor ihm stehenden Schwarzen.
    Der Ältere kratzte sich einen Moment den Bart.
    »Leg ihn um«, befahl er dann.
    Henry nickte und hob die Muskete.
    ***
    Gegenwart:
    Nicole stieg vorsichtig die steile Treppe herunter, die in den Keller des ehemaligen Farmhauses führte. Die gemauerten Räume schienen das Feuer relativ unbeschadet überstanden zu haben. An einem Balken hing eine einzelne Petroleumlampe, in deren Licht die Dämonenjägerin einen Tisch und einige Stühle erkennen konnte. Durch eine offen stehende Tür sah sie Matratzen, die auf dem Boden lagen.
    Hier leben Menschen, dachte sie überrascht.
    »Bleib stehen«, befahl der Mann hinter ihr. Er hatte ihr verboten, sich umzudrehen und seine Aussage mit dem Hinweis bekräftigt, er habe eine abgesägte Schrotflinte in der Hand. Nicole hatte keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln.
    »Leg deine Waffen auf den Tisch.«
    Nicole seufzte. Sie hatte die leise Hoffnung gehabt, der Unbekannte hätte den Blaster nicht bemerkt, aber das war wohl ein Trugschluss gewesen. Sie löste die Strahlenwaffe aus ihrer Magnethalterung und legte sie auf den Tisch.
    »Nach links«, sagte der Unbekannte. Seine Stimme klang wie die eines alten Mannes. Nicole tastete sich vor. Das Licht der einen Lampe reichte nicht aus, um den Gang zu erhellen.
    »Schneller!«
    »Es ist dunkel hier«, gab Nicole gereizt zurück. »Ich kann kaum etwas sehen.«
    Die Stimme kicherte.
    »Stehen bleiben«, verlangte sie einen Moment später. Nicole hörte, wie hinter ihr mit einem Schlüsselbund gerasselt wurde. Jetzt hätte sie möglicherweise die Chance gehabt, den Spieß umzudrehen, aber der Gedanke an die abgesägte Schrotflinte hielt sie davon ab. Bei der ungeheuren Streuwirkung, über die eine solche Waffe verfügte, reichte ein einziger ungezielter Schuss, um sie zu verletzen oder gar zu töten.
    »Geh rein zu den anderen.«
    Nicole drehte sich um. Der Unbekannte hatte eine Tür geöffnet, die sie im Vorbeigehen noch nicht einmal bemerkt hatte. Jetzt stand er schräg dahinter, so dass sein Gesicht im Schatten verborgen blieb. Nur der Lauf der Schrotflinte ragte deutlich sichtbar hervor.
    Nicole folgte seiner Aufforderung und betrat einen kleinen Raum. Eine Kerze, die in der hinteren Ecke stand und für etwas Licht sorgte, war der einzige Gegenstand, den sie sehen konnte. Und der bis jetzt einzige Bewohner war Thomas Watling.
    »Mylady«, sagte er zugleich erschrocken und erleichtert.
    Hinter Nicole fiel die Tür ins Schloss. Ein Schlüssel wurde mehrfach umgedreht.
    »Ich glaube, wir können auf die Förmlichkeiten verzichten, Thomas,« entgegnete sie. »Sag mir einfach, wo wir hier sind.«
    Der Sträfling breitete die Arme in einer Geste aus, die klarstellen sollte, dass er eigentlich nichts für diese Lage konnte. »Ich wollte doch nur nach Hause.«
    »Woran genau hast du gedacht, als du in das Blumenfeld gegangen bist?«
    »An meine Heimat. An England.«
    Nicole spürte, wie sie blass wurde. Sie lehnte sich gegen die kühle Mauer und schloss die Augen. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
    Warum muss ich ausgerechnet in England landen?, dachte sie. Auf der Todesinsel…
    ***
    Australien 1794:
    »Nein!«, rief Zamorra und stellte sich schützend vor den Schwarzen. »Ihr könnt ihn doch nicht umbringen, nur weil er ein Huhn gestohlen hat.«
    Die Soldaten sahen sich an. Der Ältere hob die Schultern. »Ob wir ihn hier erschießen oder ob er unter der Peitsche stirbt, macht keinen Unterschied. Natürlich könnten wir ihn mit zur Bay nehmen, aber dann müssten wir seinen Gestank den ganzen Weg riechen. Da legen wir ihn lieber hier um.«
    In seinen Worten lag eine Menschenverachtung, die den Parapsychologen schockierte. Anscheinend sah der Soldat in dem Eingeborenen nicht viel mehr als ein wildes Tier.
    Zamorra setzte zu einer Erwiderung an, aber der Schwarze fasste ihn am Arm. Immer noch grinsend zeigte er auf eine Stelle hinter den Rücken der Soldaten. Während der Dämonenjäger seinem Hinweis mit dem Blick folgte, fragte er sich, wieso der Schwarze im Angesicht der Musketen so unbekümmert war. Selbst wenn er die Sprache der Weißen nicht verstand, die Situation war trotzdem eindeutig.
    Doch dann sah er sie und verstand die Gelassenheit des

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