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0679 - Der Schrecken von Botany Bay

0679 - Der Schrecken von Botany Bay

Titel: 0679 - Der Schrecken von Botany Bay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Information für den Fälscher von entscheidender Wichtigkeit. Nur mit Hilfe der Eora konnte sein Plan gelingen.
    Ein Kind, das ihn am Ärmel zupfte, riss Watling aus seinen Gedanken.
    »Oh natürlich«, murmelte er lächelnd. »Ihr wartet ja auf die Vorstellung.«
    Die Männer, Frauen und Kinder lehnten sich erwartungsvoll nach vorn, als er den Stift auf das Papier setzte. Mit einigen blitzschnellen Bewegungen entstanden dunkle Striche, die sich zu einer Figur zusammenfügten.
    Watling zog den Stift zurück und wartete. Die Eora betrachteten die Striche einen Moment. Sie waren an eine so abstrakte Darstellung nicht gewöhnt und es war für sie immer wieder eine Herausforderung zu erkennen, was der Engländer gezeichnet hatte.
    »Koala!«, rief das Kind, das ihn am Ärmel gezupft hatte, plötzlich. Watling nickte und fügte einige Striche hinzu. Unter den Augen der erstaunten Stammesmitglieder verwandelte sich der Koala in ein Känguru. Als einer von ihnen auch das erkannt hatte, wurde aus dem Känguru ein Hai. Die Zuschauer des Fälschers lachten erfreut, als sie auch dieses Tier in dem Wirrwarr der Striche identifiziert hatten.
    Watling deutete eine Verbeugung an. Die Eora lernten schnell. Es wurde immer schwieriger, sie zu überraschen. Sie hatten die Grundzüge seiner Kunst bereits begriffen, während er die seltsam bunten Bilder, die sie auf Steine und Felsen malten, noch nicht einmal im Ansatz verstanden hatte.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Watling, dass der Schamane aus der Höhle getreten war, die dem Stamm nachts als Schlafplatz diente. Der Fälscher stand auf, verbeugte sich erneut vor seinen Zuschauern, die diese Geste ein wenig linkisch kopierten und ging hinüber, um den wichtigen Mann zu begrüßen.
    »Gulajahli«, sagte er. »Es ist gut, dich zu sehen.«
    Der Schamane nickte. »Es freut mich, dich wieder in unserem Lager begrüßen zu dürfen. Deine Kunst bringt die Menschen zum Lachen. Das ist gut.«
    Er deutete auf einige Blätter voller Austern, Krebse und Beeren, die neben dem heruntergebrannten Feuer lagen.
    »Iss etwas, Thomas.«
    Der Fälscher hockte sich dankbar neben die Blätter und schlürfte die frischen Austern aus. Bei seinen ersten Besuchen hatte er sich noch geweigert, etwas von den fliegenumschwärmten Meeresfrüchten zu sich zu nehmen, aber das schien seine Gastgeber zu verärgern. Also hatte er seinen Ekel überwunden und die merkwürdigen Tiere gegessen. Mittlerweile hatte er sich so daran gewöhnt, dass er heimlich an den Strand ging und Krebse fing, wenn ihn niemand dabei beobachtete. Die neue Nahrungsquelle hatte noch einen anderen Vorteil. Während viele Gefangene regelmäßig an dem salzigen, von Maden zerfressenen Pökelfleisch erkrankten, blieb er gesund.
    »Thomas«, sagte Gulajahli. »Du hast viel für den Stamm der Eora getan. Durch dich verstehen wir euch Weiße besser. Ich weiß jetzt, wer ihr seid und woher ihr kommt.«
    Der Fälscher sah auf und fragte sich, worauf der Eora hinauswollte.
    »Du hast mir einmal gesagt, die Weißen erwarten für alles, was sie geben, eine Gegenleistung«, fuhr der Schamane fort. »Und doch kommst du zu uns, zeigst uns deine Kunst, lehrst uns deine Sprache… All das, ohne etwas zu verlangen. Warum?«
    Endlich, dachte Thomas. Das war der Moment, auf den er gewartet hatte. Betont langsam legte er eine Krebsschere zur Seite und wischte sich die Hände an seinem Hemd ab.
    »Nun«, formulierte er dann die Worte, die er seit Monaten auswendig konnte, »ich habe…«
    Ein lauter Ruf unterbrach ihn. Ein Krieger, der als Wächter des Lagers hoch oben in einer Baumkrone saß, schwenkte seinen Speer und rief ein paar Worte.
    Gulajahli stand erfreut auf. »Die Jäger sind zurück«, erklärte er. »Anscheinend haben sie einen Weißen dabei.«
    Er legte Thomas die Hand auf die Schulter. »Wir werden dieses Gespräch ein anderes Mal führen. Jetzt solltest du besser gehen, bevor der andere Weiße dich sieht. Wenn er ein Soldat ist, wäre das schlecht für dich.«
    Watling rang sich ein Lächeln ab, während er innerlich sämtliche Flüche ausstieß, die er von den Seeleuten gelernt hatte. Seine große Chance war durch die Ankunft von ein paar Kriegern ruiniert worden. Er wusste nicht, wann der Schamane ihn das nächste Mal darauf ansprechen würde.
    »Du hast recht«, sagte er zähneknirschend. »Außerdem ist heute Vollmond. Da sollte ich kein Risiko eingehen.«
    Der Schamane nickte. »Viel Glück auf dem Weg«, verabschiedete er sich und ging zum

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