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0679 - Der Schrecken von Botany Bay

0679 - Der Schrecken von Botany Bay

Titel: 0679 - Der Schrecken von Botany Bay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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willst du denn schon wieder hin?«, entgegnete sein Freund. »Pass bloß auf, sonst spürst du auch bald die Peitsche auf dem Rücken.«
    Watling grinste nur, ohne zu antworten.
    Er hob kurz den Kopf, um sicherzugehen, dass keiner der Wachen in seine Richtung sah, dann verschwand er auch schon geduckt zwischen den Bäumen.
    Cooper seufzte leise. In den letzten Monaten verschwand der Fälscher immer wieder auf diese Weise in der Wildnis. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er dabei geschnappt wurde. Cooper hatte ihn schon oft gebeten, doch zu erklären, was so wichtig an diesen Ausflügen war, dass er dafür die Peitsche riskierte, aber Watling hatte ihm nie geantwortet.
    Dabei gab es da draußen doch nichts, was einen gebildeten Mann, und das war Watling zweifellos, interessieren konnte. Da draußen war nichts außer dem Land - und den Wilden…
    Gegenwart:
    Nicole trat zwischen den Blumen hervor und sah sich um.
    Na toll, dachte sie nach einem kurzen Blick, da dürfte Zamorra es in seinem Phantasieland doch wesentlich besser getroffen haben.
    Vor ihr lagen die Überreste einer Farm, die vor langer Zeit abgebrannt sein musste. Inzwischen hatte die Natur einen Großteil des Geländes zurückerobert und es mit Efeu und Unkraut überwuchert. Nur der steinerne Kamin war einigermaßen intakt und zeigte wie ein anklagender Finger in den trüben Himmel. Um das ehemalige Gebäude herum wuchsen Gräser und kleine Büsche zwischen verrosteten Werkzeugen und einem Traktor, von dem nichts außer der Karosserie übrig geblieben war.
    Niemand war zu sehen.
    Nicole ging langsam an den Ruinen vorbei. Der Vegetation nach zu urteilen, hatte sie sich nicht weit von Frankreich entfernt. Vermutlich befand sie sich irgendwo in Mitteleuropa. Die Dämonenjägerin fragte sich, ob Watling absichtlich an diesen Ort gereist war, oder durch eine zufällige Vorstellung hierhin gekommen war. Wenn letzteres zutraf, war er möglicherweise bereits weiter gesprungen.
    Sie erreichte die Rückseite des Gebäudes und stutzte.
    Unmittelbar hinter dem Kamin hatte jemand in einer windgeschützten Ecke einen Gemüsegarten angelegt. Nicole sah Tomaten, Kartoffeln und Möhren, die ordentlich in verschiedenen Reihen wuchsen. Kein Grashalm und kein Unkraut war in dem kleinen Feld zu sehen. Wer auch immer den Garten betreute, kümmerte sich tagtäglich darum.
    Ein leichter Nieselregen setzte ein. Krst als die ersten Tropfen auf die verrostete Karosserie des Traktors schlugen, bemerkte Nicole, wie still es rund um die abgebrannte Farm war. Kein Vogelgesang, kein Rascheln zwischen den Büschen, nur das metallische Klopfen des Regens.
    Und das Klicken, mit dem der Hahn eines Gewehrs gespannt wurde.
    »Keine Bewegung«, sagte eine heisere Stimme hinter ihr.
    Nicole schluckte.
    ***
    Australien 1794:
    Captain John Macarthur und Major Francis Grose beugten sich über die Papiere, die sie vor sich auf dem Schreibtisch ausgebreitet hatten.
    »Was meinen Sie, John«, sagte der Major und inoffizielle Herrscher über die Kolonie von Botany Bay, »wird es das Pack verkraften, wenn wir die Rationen noch einmal kürzen?«
    Macarthur grinste. »Warum nicht, Sir. Wenn sie kein Fleisch mehr bekommen, werden sie eben die Krebse vom Strand essen, so wie das die Wilden tun. Die schlagen sich schon durch, Sir.«
    Er lehnte sich auf seinem hohen Holzstuhl zurück und trank einen Schluck indischen Tee. »Wir sollten allerdings etwas diskreter vorgehen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Francis Grose runzelte die Stirn. »Diskreter? Mein lieber Freund, wir reden hier nicht über eine Steuererhöhung im Mutterland, sondern über die Rationen von Verbrechern. Wenn wir belieben, sie zu senken, werden wir das tun, ob es dem Pack gefällt oder nicht.«
    Der Captain, der um einige Jahre jünger als sein Vorgesetzter war, stellte die Teetasse auf dem Schreibtisch ab und nickte. »Selbstverständlich, Sir, aber vergessen Sie nicht, dass es wesentlich mehr Pack als gottesfürchtige Menschen in diesem Land gibt. Die Gefangenen könnten meutern, wenn wir zuerst ihre Rationen senken und sie anschließend an die kanadischen Walfänger verkaufen.«
    Der Major stand auf und ging zum Fenster. Er wusste, dass sein Untergebener intelligenter als er selbst war, deshalb hatte er ihn unter anderem auch auf diesen Posten gesetzt. Macarthur diente ihm durch seine Intelligenz, und er diente Macarthur durch seine Beziehungen, die ihm eine rasche und erfolgreiche Karriere in der Flotte bescheren würden.

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