0682 - Das Geisterkind
schleuderte ihn zu Boden, er sprang jedoch katzenhaft schnell wieder hoch, als ich richtig zugriff.
Meine rechte Hand schloss sich um sein Gelenk. Eine rasche Drehung, dann schrie er auf, als er den schmerzenden Polizeigriff spürte, aus dem er nicht mehr befreien konnte.
Rami stand am Lift. Er überlegte noch, was er tun sollte.
Hart sagte ich: »Wenn du verschwindest, breche ich deinem Künstlerfreund den Arm!«
»Verdammt!«, keuchte Rami. »Verdammt noch mal, der tut das. Sinclair ist ein Hundesohn!«
»Nicht besser als ihr, Freunde. Wer beschmiert schon eine Straße auf die Gefahr hin, dass sich dort schwere Unfälle ereignen können? Ist auch nicht die feine englische Art. Und dann dieser Besuch des Geisterkindes mit dem Auftrag, etwas zu stehlen. Ich schätze, wir werden uns intensiv darüber unterhalten müssen.«
Rami fühlte sich angesprochen. Heftig schüttelte er den Kopf, streckte mir seine rechte Hand entgegen und bewegte sich hektisch. »Mach keinen Fehler, Sinclair, es ist alles im Fluss. Du kannst es nicht aufhalten.«
»Was kann ich nicht aufhalten?«
»Den Todesengel!«
Ich war irritiert, kompensierte es durch ein Lachen. »Das Mädchen meinst du? Das Geisterkind…?«
»Nein, nicht das Kind. Es ist derjenige, der dem Kind folgt. Ich habe dir gesagt, es ist der Todesengel.«
»Den sah ich nie!«
»Das kannst du auch nicht. Aber er ist da. Er hat darauf gewartet, jemanden zu finden, der ihm den Weg weist. Jetzt hat er seine Sphäre verlassen, in der er lange war.«
»Dann kennst du ihn?«
»Ich und Ray haben von ihm gehört. Immer wieder trat sein Schatten zwischen uns. Er ist ein mächtiges Wesen, denn er hat nur ein Ziel: engelgleich zu werden.«
»Wie bitte?«
»Versteh mich!«, schrie Rami. »Er will engelgleich werden. Er will so sein wie die mächtigen Erzengel, nur eben in seiner Welt, in seiner Stufe, die er dann, wenn er die Macht besitzt, verlassen kann, um noch höher zu steigen. Er muss andere Stufen erreichen, wenn er mächtig sein will. Das muss er.«
Rami hatte sehr konzentriert gesprochen, stand hinter seinen Worten. Ich glaubte nicht daran, dass er log. »Hat er auch einen Namen?«
»Raniel.«
Ich war überrascht. »Das hört sich nach den Namen an, wie sie andere mächtige Engel…«
»Ja, ich weiß. Er hat alles vorbereitet. Er brauchte nur einen Astralleib, der ihn in diese Welt hineinführt. Er kam als schauriges Gefolge des Mädchens.«
Ich erinnerte mich an einen früheren Fall, als wir gegen einen Flammenengel gekämpft hatten. Das war sehr schlimm geworden. Nahezu im letzten Augenblick hatten wir noch eine Flammenhölle innerhalb Londons vermeiden können.
Mein Griff war nicht mehr so hart. Ich glaubte nicht mehr daran, dass Ray und Rami mich angreifen würden. Wir waren zwar keine Freunde, aber wir lagen auf derselben Linie, was gewisse Dinge anging, die bekämpft werden mussten.
»Wo ist er?«
»Wir wissen es nicht«, sagte Rami.
Ich ließ Ray los, der sich aufrichtete und seinen Arm bewegte. Dabei schaute er mich böse an.
»Und ihr wolltet den Gral!«
»Ja, er ist wichtig. Wir hätten ihn damit in seine Schranken gewiesen, und der Gral hätte uns gleichzeitig neue Wege eröffnen können. Wege, die zu anderen Welten und Dimensionen führen. Hinein in die Magie der Druiden. Millie war eine Person, bei der alles zutraf. Sie spürte den Drang zu sterben. Sie hat die Botschaft bekommen, in die anderen Sphären einzusteigen. Es ist wunderbar für sie gewesen. Wer kann die höheren Ebenen schon verlassen. Sie kann zuschauen, wenn man ihren Körper beerdigt. Sie selbst wird nicht trauern, denn ihr geht es besser.«
»Aber sie steht nicht auf Raniels Seite?«
»Das kann niemand genau wissen. Du kennst seine Pläne nicht, wir wissen ebenfalls nicht Bescheid. Raniel ist der Todesengel, er ist ein Henker, ein grausames Etwas, das so mächtig sein will wie die großen Erzengel.«
»Könnt ihr ihn stoppen?«
»Nur mit dem Gral.«
Das hatte ich mir gedacht. Aber ich war dagegen, denn den Gral würde ich freiwillig nicht aus den Händen geben. Deshalb widersprach ich ihnen scharf. »Nein, wir werden eine andere Möglichkeit finden, die ihn stoppt. Habt ihr gehört?«
»Raniel ist zu stark!«
»Das glaube ich einfach nicht. Für mich ist es wichtig zu wissen, wo ich ihn finden kann. Da werdet ihr mir bestimmt helfen können. Ihr habt nicht grundlos hier gewartet. Euer Pech war, dass die für euch falsche Person die Wohnung verlassen hat.«
Ray stand in
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