0683 - Das Mädchen von Lemuria

eine Modifikation des Homo sapiens, so wie die Ertruser beispielsweise."
    Neryman Tulocky lachte.
    „Merkst du nicht, daß du nur aufgezogen wirst, Tongh?" fragte er seinen Partner.
    „Aufgezogen?" fragte Ortokur mit leichter Verwunderung. „Du meinst, es war alles nicht ernst gemeint?"
    „Stimmt", antwortete Tulocky. „So sind Menschen nun einmal."
    Powlor Ortokur wölbte die Brauen und erklärte vorwurfsvoll: „Das ist ein Trugschluß, Tungh. Ich bin ebenfalls ein Mensch, aber ich bin nicht so."
    „Weil dein Gehirn wie ein Computer arbeitet, Partner", erwiderte Neryman Tulocky.
    „Wenn du damit meinst, daß meine Denkprozesse auf der Logik basieren, hast du recht damit, Tungh", sagte Ortokur steif.
    „Dennoch arbeitet mein Gehirn nicht genau wie ein Computer, sondern besser, da ich zu Inspirationen befähigt bin, ein Computer jedoch, um zum gleichen Ergebnis zu gelangen, alle denkbaren Möglichkeiten durchrechnen und vergleichen muß."
    „Aber was haben Eingebungen mit Logik zu tun?" fragte Conschex provozierend.
    „Inspirationen sind Logik", antwortete Ortokur. „Andernfalls wären sie keine Inspirationen. Es handelt sich bei Inspirationen um die Produkte von übergeordneten geistigen Prozessen.Vielleicht ist es eine erst in der Entwicklung begriffene Fähigkeit, über die später jeder Mensch in einem Maße verfügen wird, die wir uns heute noch nicht genau vorstellen können."
    „Hm!" machte Esto Conschex. „Ich gebe mich geschlagen."
    „Wieso geschlagen?" erkundigte sich Powlor Ortokur höflich.
    „Sie haben mich etwas gefragt, und ich habe geantwortet.
    Dabei können doch nur beide Partner gewinnen, aber keiner verlieren."
    „Tongh", sagte Neryman Tulocky. „Dein größter Fehler ist, daß du immer das letzte Wort haben mußt. Kannst du nicht einmal als erster schweigen?"
    „Warum?" erkundigte sich Ortokur verwundert. „Wenn ich einen Irrtum entdecke, habe ich doch die Pflicht, ihn aufzuklären."
    In den Helmempfängern erscholl mehrstimmiges Gelächter.
    Powlor Ortokur wölbte die Brauen, blickte seinen Partner fragend an und zuckte mit den Schultern, als er keine Antwort erhielt.
    Einige Minuten später stoppte der Robotgleiter vor einem Kuppelbau, der größer war als alle anderen, die die Terraner bisher gesehen hatten.
    Eine torgroße Öffnung bildete sich in der Außenhülle, dicht über dem Boden.
    Der Robotgleiter wich zur Seite aus, als wollte er damit klarstellen, daß er den Weg freigab.
    Langsam schwebte der Konvoi durch die Öffnung in eine riesige Halle, an deren Wandung sich sieben Galerien hinzogen, von denen Öffnungen ausgingen, die tiefer in die Kuppel führten.
    Powlor Ortokur blickte auf seinen Armband-Detektor und meinte: „Hier herrscht eine Temperatur von fünfundzwanzig Grad Celsius, und es gibt eine für Menschen atembare Atmosphäre.
    Das bedeutet, wir müssen beim Einschweben eine Druckschleuse passiert haben, ohne es zu bemerken."
    „Wahrscheinlich eine Energieblase, auf die unsere Detektoren nicht ansprechen", sagte Neryman Tulocky. „Darüber brauchen wir uns nicht die Köpfe zu zerbrechen."
    „Das habe ich auch nicht vor", erwiderte Ortokur. „Mich stört nur, daß es hier Dinge gibt, die sich mit unseren Instrumenten nicht feststellen lassen. Wir werden sehr vorsichtig sein müssen, wenn wir die Kommandostatioh suchen, Tungh."
    Neryman Tulocky deutete auf den Boden der Halle.
    „Ich schlage deshalb vor, wir suchen uns einen Weg unter der Oberfläche."
    „Einverstanden", erwiderte Powlor Ortokur.
    Goarn Den Thelnbourg und Esto Conschex standen vor einem großen halbrunden Pult, das mit Kontrollanzeigen, Sensorknöpfen und Schaltplatten übersät war.
    „Die größte derartige Anlage, die ich bisher gesehen habe", sagte Thelnbourg beinahe andächtig.
    Conschex nickte.
    „Ich staune immer wieder über die gigantischen Leistungen, die von unseren Urahnen vollbracht wurden. Wir dagegen betrachten es schon als Glanzleistung, wenn es uns gelingt, lemurische Sonnentransmitter zu finden und sie zu bedienen."
    „Wir stehen ja auch erst, am Anfang", erwiderte Thelnbourg.
    „Rund anderthalb Jahrtausende sind vergangen, seit der Mensch die Raumfahrt zum zweitenmal erfand. Die Lemurer dagegen haben viele Jahrtausende Zeit gehabt, um ihr Sternenreich aufzubauen und technische Wunderwerke wie solche Sonnentransmitter zu errichten."
    Er trat näher an das Pult heran und musterte eine Gruppe von Sensorvertiefungen. Durch seine Erfahrungen mit anderen lemurischen