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0684 - Wald der toten Geister

0684 - Wald der toten Geister

Titel: 0684 - Wald der toten Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wird.«
    »Mit einer Strafe?«
    »Ja.«
    »Die zu gering ausfällt. Was sind für euch Menschen schon die Probleme der Umwelt? Nichts, gar nichts. Deshalb muss er mit seinem Leben dafür büßen. Ich sehe keine andere Möglichkeit.«
    »Der ist verrückt!«, keuchte Watkins und kicherte zugleich. »Der Knabe ist irre.« Er hatte sich weiter auf seinen Schreibtisch zu bewegt, auf allen vieren, und er hatte zugeschaut, wie das Blut tropfenweise aus seiner Stirnwunde auf den Teppich gefallen war.
    »Ich muss ihn töten!«, sagte Mike.
    Sir James breitete die Arme aus. »Dann erst mich!«
    Mike Evans bewegte sich auf ihn zu. Die Blechschere zitterte nicht. Der junge Mann hatte sich unter Kontrolle, aber er drückte die beiden Spitzen gegen Sir James' Kleidung.
    Noch spürte der Superintendent nichts, weil der Stoff seines grauen Mantels zu dick war.
    Unbeweglich blieb er stehen. Wenn Evans zudrückte, würde die Schere erst die Kleidung und dann den Körper durchdringen.
    Sir James hatte sich perfekt in der Gewalt. Nicht eine Schweißperle lag auf seiner Stirn. Die Augen hinter den dicken Brillengläsern waren fest auf das Gesicht des jungen Mannes gerichtet, als wollten sie diesen hypnotisieren. »Es ist schon genug Blut geflossen!«, erklärte er. »Ich will nicht, dass es noch weitere Tote gibt.«
    »Das bestimme ich!«
    »Denk an deine Mutter, Junge. Verabschiede dich von den Verfluchten der Nacht. Es ist nicht deine Welt. Kehr zurück zu deiner Mutter. Sie wartet auf dich…«
    »Sie ist selbst zu einer Verdammten der Nacht geworden. Und sie wird ebenso bei ihm bleiben wie ich.«
    »Wer ist er?«
    »Ein Mächtiger. Ein Wesen, das die Umwelt schützt, das die Natur liebt. Dass die…«
    Sir James gehörte zu den Menschen, die immer eingeweiht waren. Nach jedem Fall mussten John Sinclair und Suko Bericht erstatten.
    »Reden Sie von Mandragoro?«
    Mike Evans zögerte einen Moment, bevor er nickte. Dann sagte er: »Ja, er ist es.«
    »Ich kenne ihn. Und deshalb weiß ich auch, dass er nicht zu den Dämonen gehört, die grausam und böse sind. Ich meine, dass er den Mord verabscheut.«
    »Nicht immer!«
    »Wir können ihn fragen.«
    »Nein!«
    In Watkins nährte sich die Hoffnung, es doch noch zu schaffen. Er hatte den Schreibtisch erreicht und hockte jetzt dicht neben seinem antiken Holzstuhl. Rechts von ihm befand sich die Schublade.
    Er brauchte nur die Hand auszustrecken, um den Griff fassen zu können. Dann aufziehen, die Waffe hervorholen, die durchgeladen und schussbereit in der Schublade lag. Eine Kugel musste reichen.
    Über seine Lippen huschte ein kaltes Grinsen, als er die Finger um den lockeren Griff der Schublade legte.
    Noch unterhielten sich die beiden unterschiedlichen Männer, und er dachte daran, dass dadurch seine Chance größer wurde.
    Er zog die Lade auf.
    Altes Holz verzieht sich oft. Mal lief die Lade wie auf Schienen, mal klemmte sie.
    Das tat sie ausgerechnet heute.
    Und Watkins stand unter Strom.
    Er zerrte daran. Es entstand ein Geräusch, das nicht nur er hörte.
    Auch Mike nahm es wahr. Bisher hatte er ausschließlich Sir James angeschaut. Dieses leise Knarren oder Schaben erinnerte ihn wieder an die Realität. Er sah, dass Watkins seinen Platz verlassen hatte, entdeckte auch die Blutspur auf dem Boden und fuhr herum.
    Sir James sprang zurück. Dennoch hakten sich die Spitzen in seinem Mantel fest, rissen den Stoff auf und zerstörten auch ein Knopfloch.
    »Du kleines Schwein!«, brüllte Watkins und tauchte blitzartig hinter seinem Schreibtisch auf.
    Die Waffe hielt er in der rechten Hand.
    Er schoss.
    Und Mike schleuderte die Blechschere!
    ***
    Sir James tauchte in Deckung. Er ging zu Boden, und wieder hatte er den Eindruck, dass die Zeit für ihn stehen geblieben war. Ersah die Vorgänge so überdeutlich, so hart konturiert, so glasklar, und so erlebte er auch den Schrecken.
    Natürlich konnte eine geschleuderte Schere nicht schneller sein als eine Kugel.
    Und die Kugel traf zuerst!
    Sie erwischte die Brust des Mike Evans, drang tief in den Körper ein und hinterließ ein Loch, aus dem die rote Flüssigkeit sprühte, weil eine Ader zerfetzt worden war.
    Aber auch die Schere traf!
    Vielleicht hätte Watkins ihr entgehen können, aber er hatte sich nach dem Schuss zu weit über den Schreibtisch gebeugt, als wollte er sich dort abstützen und sich überzeugen, ob er Erfolg gehabt hatte.
    Sein Fehler, deshalb erwischte ihn die Blechschere, denn sie war noch vor dem Einschlag der Kugel

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