0685 - Monster-Town
hübschen Balkonen davor.
Tricia hatte mal einen Urlaub in der Schweiz verlebt. Ein wenig erinnerte sie Rockwell an Orte im Berner Oberland.
Auch hier war es sehr sauber. Keine Papierfetzen wehten über die Straße, nicht einmal Laub schob der Wind vor sich her, und die Papierkörbe an den Pfosten der Straßenlaternen quollen ebenfalls nicht über. Das Wort sauber war untertrieben. Tricia sah Rockwell schon als klinisch an. Wie desinfiziert…
Und kein Mensch war zu sehen.
Da sie sehr langsam fuhr, konnte sie durch die Fenster in die Häuser hineinschauen, wenn keine Gardinen vorgezogen waren.
Auch hinter den Scheiben nahm sie keine Bewegung wahr. Die Menschen hatten, ihre Häuser und Wohnungen verlassen! Plötzlich drückte die Furcht wieder hoch. Diesmal intensiver, und sie dachte auch an Clive Donovan. Er hatte am Telefon überhaupt nicht begeistert geklungen und nur berichtet, daß er einer gewissen Sache auf die Spur gekommen war.
Einem Geheimnis, dem Rätsel von Rockwell, das sich irgendwie hier verbergen mußte.
Tricia merkte das Kratzen im Hals. Rasierklingen stiegen hoch, schabten in der Kehle, nur schmeckte sie kein Blut. Trotz der langsamen Fahrt hielt sie das Lenkrad mit beiden Händen regelrecht umkrampft, und über ihren Knöcheln spannte sich dünn die Haut.
An einer Kreuzung ließ sie das Fahrzeug ausrollen. Die Sonnenstrahlen fielen bereits im schrägen Winkel auf die Erde, sie tupften gegen die breite Motorhaube des Wagens und verwandelten diese in einen roten Spiegel.
Bald würden die ersten Schatten in das Hochtal fallen und diese noch helle Welt in eine düstere Zone verwandeln. Tricia, die New Yorkerin, hatte sich nie vor der Nacht gefürchtet. Jetzt aber dachte sie mit einem gelinden Schrecken an die Dunkelheit. Wenn sie Clive gefunden hatte, wollte sie ihn davon überzeugen, so schnell wie möglich Rockwell zu verlassen.
Auf den Hausdächern waren Kamine, aber nicht ein Rauchfaden quoll hervor. Bei diesem Wetter mußte man noch heizen. Ob die Bewohner sich nur auf die Heizung verließen, wollte Tricia nicht glauben. Das Holz brauchte nur aufgehoben zu werden, denn der Wald wuchs an einigen Stellen bis an den Ort heran.
Noch stand sie an der Kreuzung.
Sie schaute in beide Richtungen. Fahrzeuge, die an den Straßenrändern parkten, gaben der Stadt wieder ein normales Aussehen. Über einer Bar glänzte ein Reklameschild. Es zeigte einen Skifahrer, der sich mitten im Sprung befand.
Neben der Bar tat sich eine schmale Gasse auf. Nicht viel breiter als eine Einfahrt.
Genau dort sah sie die Bewegung!
Zuerst hatte sie an eine Täuschung geglaubt, an ein Schattenspiel, durch Licht und Dunkelheit herbeigezaubert, aber das war es nicht, denn etwas löste sich aus der Gasse.
Da kam ein Hund!
Tricia schluckte, ihr Gesicht verlor die gesunde Farbe, denn dieser Hund sah zwar aus wie ein Hund, aber er war keiner. Ein deutscher Schäferhund, groß wie ein Esel, nur nicht braun, sondern grau und mit einem buschigen Schwanz.
Tricia saß bewegungslos in ihrem Käfig auf viel Rädern. Sie hätte nur zu starten brauchen, statt dessen stand sie noch immer auf der Kreuzung und sah dem Hund entgegen.
Hatte das Tier etwas bemerkt?
Wieso Tier, dachte sie. Das ist kein Tier. Dieser Hund erinnerte sie in seiner Größe eher an ein Ungeheuer auf vier Beinen, das sich durch den Ort bewegte, auf der Suche nach Beute.
Hoffentlich nicht nach Menschen…
Sie hörte sich laut atmen, ihre Hände zitterten, und der eselgroße Hund betrat die Straße.
Er ging nicht schwerfällig, eher »leichtpfötig«, den Kopf aber leicht gesenkt. Tricia hatte seine Augen zwar nicht gesehen, glaubte jedoch, daß sie sehr böse und grausam blicken konnten.
Was tat der Hund?
Er blieb mitten auf der Straße stehen, hob den Kopf und schaute dann in die Richtung, wo Tricia mit ihrem Wagen stand. Sie hatte auf der Straßenmitte angehalten, kein Fahrzeug stand so, da mußte sie einfach auffallen.
Im letzten klaren Licht des Tages hob sich dessen Gestalt sehr deutlich ab, als wäre sie gezeichnet worden. Er öffnete sein Maul und stieß die Zunge hervor.
Sie war lang wie ein Lappen, aber nicht rot, sondern grau wie Asche.
Und dann ging er.
Tricia flüsterte Worte, die sie nicht verstand. Die drangen einfach so über ihre Lippen, denn der riesige Köter schlug ausgerechnet ihre Richtung ein. Im schrägen Winkel ging er auf den Wagen zu, und sein Körper schaukelte dabei.
Er machte im Prinzip keinen gefährlichen Eindruck, es
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