0685 - Monster-Town
als sie auf das Stück Papier schaute und sah, daß mit einem Kugelschreiber Buchstaben geschrieben worden waren, die sich zu einem Wort zusammensetzten, das für Tricia keinen Sinn ergab.
Cigam
Sie las das Wort, sogar mehrmals, eine Erleuchtung überkam sie jedoch nicht. Die Frau konnte damit nichts anfangen. Sie dachte natürlich nach und kam schließlich zu dem Ergebnis, daß es sich um ein Kunstwort handelte, um einen Begriff, den man einfach erfand, wenn ein neues Produkt auf den Markt geworfen wurde. Das war bei Autos so und auch bei Lebensmitteln oder Dingen des Lebens, die oft so überflüssig wie ein Kropf waren.
»Cigam!« flüsterte sie. Als sie es diesmal aussprach, überkam sie ein Schauer. Sie spürte Furcht davor. Das war eine Botschaft aus der Hölle, aus dem Totenreich, aus dem Unsichtbaren. Einfach schlimm, wie sie fand.
Aber sie dachte auch logisch und kam zu dem Ergebnis, daß dieser fremde Begriff etwas mit dem Geschehen zu tun hatte, das sich in Rockwell abspielte.
Cigam war gefährlich, war bedrückend, war für Menschen sogar tödlich. Sie knüllte den Zettel zusammen und ließ ihn in ihrer Hosentasche verschwinden.
Doch was jetzt? Wie ging es weiter? Tricia wußte es nicht. Eine Spur ihres Verlobten hatte sie nicht gefunden. Möglicherweise war er doch im Haus. Es gab ja noch mehrere Räume, hier unten als auch oben. Tricia fürchtete sich davor, sie zu untersuchen. Wie leicht konnte es sein, daß sie in einem anderen Zimmer eine zweite Leiche fand, dann die ihres Verlobten.
Das wäre furchtbar gewesen, aber sie mußte einfach Klarheit haben. Mit sehr kleinen Schritten ging sie rückwärts auf die Tür zu, die sie nicht geschlossen hatte. Sie drückte sich durch den Spalt. Erst im Flur holte sie Luft.
Plötzlich hörte sie etwas.
Sofort stand Tricia bewegungslos. Sie fror äußer- und innerlich regelrecht ein, denn dieses Geräusch paßte einfach nicht zu der herrschenden Stille. Es war zu schlimm, zu grauenhaft, zu…
Ihre Gedanken irrten ab.
Unter ihren Füßen hatte sie es gehört. Als wäre jemand dabei, sich durch die Tiefe zu bewegen, durch einen unheimlichen Keller, durch ein großes Grab.
Und es wanderte.
Vom Flur her in Richtung Küche, verbunden mit leisen, knackenden Geräuschen, dazwischen ein Rascheln, als würde altes Papier gegeneinanderreiben.
Für sie war dieses Haus zu einem kalten rätselhaften Ozean geworden. Hier lauerte das Unheil, und es war auch hörbar, denn die Geräusche in der Tiefe verlagerten sich der Küche entgegen, ohne daß sie hätte durch die Tür treten müssen.
Sie ging ihnen nicht nach.
Zitternd wartete sie ab und hatte sich so hingestellt, daß sie nicht in die Küche hineinschauen mußte.
Das konnte sie einfach nicht, es hätte sie eine zu große Selbstüberwindung gekostet. Sie mußte im Flur bleiben und abwarten.
Die Laute blieben, aber sie veränderten sich, denn plötzlich hörte sie ein hartes Reißen und Knacken. Dazwischen ein Splittern, und sie dachte an den Fußboden, der auch in der Küche aus Holzbohlen bestand, die einen so großen Druck von unten her bekommen hatten, daß sie aufgerissen worden waren.
Nein, sie wollte und würde nicht hingehen. Um Himmels willen, der lauerte im Nebenraum und…
Dort geschah etwas Furchtbares.
Das Knurren drang wie aus einer anderen Welt zu ihr. Dabei blieb es nicht. Sie hörte ein Knacken und Schmatzen, Kaugeräusche…
Tricia preßte ihre Handfläche gegen die Lippen und atmete nur mehr durch die Nase. Sie wußte, daß sie noch bleicher geworden war. Ein unwahrscheinlicher Vorgang, den sie zwar beschreiben konnte, wobei ihr aber die Worte fehlten. Sie wollte sie einfach nicht aus ihrem Gedächtnis abrufen.
Das Knacken, Kauen und Schmatzen blieb ihr noch für eine Weile erhalten.
Schließlich verlor es an Intensität, es wurde leiser und war nicht mehr zu hören.
Aus…
Stille - so erschreckend widerlich. So anders, so bedrückend, so unheimlich.
Tricia spürte das Eis auf ihrem Rücken, das sich hin- und herbewegte. Der Magen war zu einem Klumpen geworden, von einer mächtigen Faust nach innen gedrückt.
Es war alles so schrecklich, so unfaßbar. Sie hätte fliehen müssen, das tat sie nicht. Wie unter Zwang ging sie auf die Küche zu und schob die Tür mit dem Fuß weiter auf.
Der erste Blick!
Ja, es hatte sich etwas verändert. Die Leiche der Frau war verschwunden, genau dort, wo sie gelegen hatte, zeichnete sich ein Loch im Boden ab. Kein einfaches, als wäre es
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