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0686 - Engel der Finsternis

0686 - Engel der Finsternis

Titel: 0686 - Engel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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alle schaffen werden. Seid freundlich und zuvorkommend, aber beantwortet keine Fragen, die euch verdächtig erscheinen. Möge der Krähengott mit uns allen sein.«
    Die anderen Dorfbewohner wiederholten den frommen Wunsch murmelnd und verließen langsam das Geschäft.
    Katherine Dunbar blieb zurück. Sie verstand die Sorgen, die sich vor allem Howard und Elizabeth machten, teilte sie sogar bis zu einem gewissen Grad. Als das Flugzeug abgestürzt war, hatte sie gebetet, dass es keine Überlebenden gab, aber der Krähengott hatte sie nicht erhört.
    Der Fremde war in das Dorf gekommen wie ein Wolf, der in eine Schafherde gerät. Er stellte eine tödliche Gefahr dar. Ihr einziger Vorteil war, dass der Wolf nicht ahnte, was er der Herde antun konnte…
    ***
    »Nein!«, schrie Smith, aber es war zu spät. Mit einer fließenden Bewegung riss Duane die Waffe nach oben, richtete sie gegen seine eigene Schläfe und drückte ab.
    Der Lärm des Schusses dröhnte ohrenbetäubend in der kleinen Hütte. Staub rieselte von den Balken, als die Kugel sich tief in das alte Holz bohrte.
    Es wurde still.
    Der Regisseur hatte unwillkürlich die Augen geschlossen und öffnete sie jetzt langsam wieder.
    »Habe ich jetzt deine volle Aufmerksamkeit, Alan?«, fragte der alte Mann grinsend.
    Smith starrte ihn an.
    Das kann nicht sein, dachte er. Du bist tot. Fall doch endlich um.
    Aber Duane fiel nicht. Wäre die Situation eine andere gewesen, hätte der Regisseur ihm zu seinem gelungenen Zaubertrick gratuliert, aber Smith wusste, dass er nicht das Opfer einer geschickten Illusion geworden war. Der alte Mann hatte die Mündung der Waffe gegen seine Schläfe gedrückt. Selbst eine Platzpatrone hätte ihn aus dieser Entfernung getötet.
    Er sah zu dem Balken, in den die Kugel eingedrungen war und verfolgte ihren Weg in Gedanken zurück. Sie schien einfach durch den alten Mann hindurchgegangen zu sein.
    Smith spürte, wie sich ein hysterisches Lachen in ihm aufbaute. Er wollte dagegen ankämpfen, aber es bahnte sich seinen Weg, ließ ihn zuerst kichern und dann meckernd auflachen. Er lachte, bis der Schmerz in seinen gebrochenen Rippen unerträglich wurde und ihm Tränen über die Wangen liefen.
    Duane betrachtete ihn ruhig und wartete, bis der Regisseur sich beruhigt hatte.
    Als Smith schließlich mit verzerrtem Gesicht nur noch leise gluckste, sagte er: »Weißt du, wie alt ich bin?«
    »Nein…«
    »Vor drei Monaten habe ich meinen einhundertsiebzigsten Geburtstag gefeiert.«
    Der Drang zu lachen schwoll in Smith wieder an, aber dieses Mal kämpfte er ihn erfolgreich nieder. Er fühlte sich wie jemand, der gerade den Verstand verliert.
    »Wovon redest du überhaupt? Hundertsiebzig… Das ist doch… Was ist mit der Waffe? Wieso bist du nicht tot?«
    »Alan, hör mir zu«, drängte der alte Mann und stand auf. »Keine Kugel kann mich verletzen, kein Feuer verbrennt mich, kein Sturz bricht mir die Knochen. Ich bin unsterblich! Verstehst du das? Unsterblich!«
    Die letzten Worte schrie er Smith entgegen, bemerkte dann jedoch die Panik in den Augen des jüngeren Mannes und setzte sich schwer atmend wieder.
    »Unsterblich…«, fuhr er ruhiger fort, »abgesehen von zwei Kleinigkeiten. Ein Sterblicher kann mich mit töten, wenn er den festen Willen dazu hat und -«
    »Du willst, dass ich dich umbringe?«, unterbrach ihn Smith.
    »Nicht ganz, obwohl mein Tod Bestandteil des Plans ist. Zuerst möchte ich aber, dass du jemanden kennen lernst, der das alles viel besser als ich erklären kann. Ich hoffe, du hast keine Vorurteile gegenüber Indianern?«
    »Nein, keine«, antwortete der Regisseur abwesend. Ein Teil seines Gehirns versuchte immer noch zu begreifen, was um ihn herum eigentlich vorging, während ein anderer Teil bereits damit begonnen hatte, aus den Puzzlestücken eine Geschichte zu machen.
    Ein Unsterblicher, der den Tod wollte.
    Das war die Chance, auf die Smith ein Leben lang gewartet hatte…
    ***
    Das Pferdefuhrwerk holperte über den unebenen Weg. Zamorra lehnte sich gegen das harte Holz des Kutschbocks und ließ Howards Redeschwall an sich vorbeiziehen. Der Sheriff hatte seine Taktik geändert, nachdem Zamorra ihn auf seinen fehlenden Stern angesprochen und erneut eine unbefriedigende Antwort erhalten hatte.
    Jetzt setzte Howard anscheinend darauf, dass man ihm keine Fragen stellen konnte, wenn er ununterbrochen redete. Munter erzählte er von den letzten Ernten, einer Scheune, die alle gemeinsam gebaut hatten, verlorenem Vieh und den

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