0686 - Engel der Finsternis
letzten Moment. »… in den Trümmern, wo ihr mich gefunden habt.«
Howard und Elizabeth tauschten einen kurzen Blick aus.
»Da waren keine Trümmer. Pete hat dich zwischen den Felsen gefunden, als er seine Weiden kontrollieren wollte. Er hat dich auch zu uns gebracht.«
»Ich war allein?«, hakte Zamorra nach.
Der Sheriff nickte. »Deshalb wollte ich dich auch sprechen. Ich möchte wissen, was passiert ist.«
Das möchte ich auch wissen, dachte der Parapsychologe. Laut log er: »Ich kann mich nicht erinnern, tut mir Leid. Aber vielleicht würde es helfen, wenn du mich zu dem Ort bringst, wo ihr mich gefunden habt.«
Er wollte mit eigenen Augen sehen, ob es dort wirklich keine Flugzeugtrümmer gab.
Ein weiterer Blickwechsel zwischen Howard und Elizabeth. Dann räusperte sich der Sheriff. »Natürlich…, das könnte deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen…«
»Er sollte noch nicht wieder reiten«, warf Elizabeth ein.
»Das ist richtig«, stimmte der Sheriff zu. Er klang erleichtert. »Vielleicht warten wir einfach ein paar Tage.«
Zamorra hob die Augenbrauen. »Warum, nehmen wir keine Kutsche?«
Howard spielte nervös mit seiner Kaffeetasse. »Da spricht… nichts gegen…«
»Also gut«, entschied Zamorra. »Worauf warten wir dann noch?«
Der Sheriff stand auf. »Elizabeth und ich… äh… spannen nur gerade die Pferde ein. Wir sind… gleich wieder da.«
»Nur ein paar Minuten«, bestätigte Elizabeth eifrig nickend. Sie stellte eine volle Kaffeetasse vor Zamorra ab und folgte dem Sheriff aus dem Zimmer.
Zum zweiten Mal an diesem Morgen verließen Menschen fluchtartig einen Raum, in dem sich der Dämonenjäger befand, weil sie offensichtlich nicht wussten, was sie sagen sollten. Langsam gewann er den Eindruck, ins Zentrum einer dorfumfassenden Verschwörung geraten zu sein.
Einer sehr unprofessionellen Verschwörung…
***
Mit einem Fluch warf Howard den Sheriffstern auf den Schreibtisch. »Ich hab euch doch gesagt, dass ich ein scheiß Sheriff bin, aber ihr habt mir ja nicht geglaubt.«
Er lehnte sich gegen die Wand und sah die anderen acht Dorfbewohner an, die sich im hinteren Bereich des Lebensmittelladens versammelt hatten.
»Zwei Fragen«, fuhr er verärgert fort, »und ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. Jetzt muss ich ihn auch noch zu den Felsen bringen, weil mir einfach keine Ausrede eingefallen ist. Scheiße…«
»Er wird nichts finden«, beruhigte ihn Bailey, der Lebensmittelhändler. »Wir waren sehr sorgfältig.«
»Außerdem warst du gar nicht so schlecht«, log Elizabeth.
Howard schnaubte. »Wenn du damit meinst, dass ich mit ihm wenigstens an einem Tisch sitzen konnte, ohne die Nerven zu verlieren, hast du natürlich Recht.«
Seine Frau senkte beschämt den Kopf. Er konnte sehen, dass er sie mit seiner Bemerkung verletzt hatte.
»Tut mir leid«, lenkte er ein. »Ich verstehe nur nicht, weshalb wir dieses Versteckspiel durchführen müssen. Wessen hirnrissige Idee war das eigentlich?«
»Meine«, sagte eine Stimme hinter ihm.
Howard fuhr herum und lächelte gequält, als er sah, zu wem die Stimme gehörte.
»Katherine. Wenn das so ist… dann möchte ich mich entschuldigen. Ich bin sicher, du hast gute Gründe für diesen Plan.«
Die junge Frau trat in den Raum. Bailey stand höflich auf und bot ihr seinen Stuhl an. Sie nickte dankend.
»Du hast Recht, Howard«, entgegnete sie dann. »Ich habe gute Gründe für diesen Plan, sogar die besten. Der Priester hat den Krähengott befragt. Er möchte, dass wir so handeln.«
»Aber warum?«, mischte sich Elizabeth ein. »Wäre es nicht viel einfacher, ihm alles zu erklären?«
Katherine sah sie scharf an. »Und dann? Was, wenn er es nicht akzeptiert? Die Augen der Krähe haben die Welt da draußen gesehen. Sie ist schnell und kennt keine Gnade für den, der zu langsam ist. Aber sie steckt auch voller Entdeckungen und Wunder. Wenn er weiß, dass diese Welt noch existiert, wird es ihm viel schwerer fallen, sie zu vergessen und sich uns anzuschließen. Glaubt mir, es ist am besten so.«
Nach und nach nickten die anderen zustimmend. Zum einen wussten sie, dass es nicht viel Sinn machte, Katherine zu widersprechen, denn sie genoss eine ganz besondere Stellung in Paradise Lost, zum anderen hatte niemand von ihnen einen Gegenvorschlag.
»Ich hol dann mal die Pferde«, sagte Howard und schob sich durch die kleine Gruppe zur Tür. Katherine legte ihm eine Hand auf den Arm. »Du schaffst das schon, genauso wie wir es
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