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0686 - Engel der Finsternis

0686 - Engel der Finsternis

Titel: 0686 - Engel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Weg über mit dem Gedanken beschäftigt und war zu einer Entscheidung gekommen.
    »Was bekomme ich dafür?«, fragte er kalt.
    Realbird legte die Zigarre auf einen Baumstumpf und zog sein Jackett aus, obwohl die Nacht kalt war.
    »Zum einen kommst du aus diesem Kuhkaff raus, zum anderen würde ich dir die Unsterblichkeit gewähren, ohne dass es zu diesen lästigen Nebenwirkungen wie bei Duane kommt.«
    Er zeigte auf den alten Mann, der auf seine Anweisung Kräuter sammelte, die dem Regisseur die Schmerzen nehmen sollten.
    Smith schüttelte den Kopf. »Das reicht mir nicht. Ich will noch etwas.«
    Realbird sah in überrascht an. »Unsterblichkeit und ewige Jugend reichen dir also nicht, Meinst du nicht, du bist ein wenig gierig? Was darf es denn sonst noch sein? Sex? Reichtum?«
    »Ich will ein Interview mit dir.«
    »Was?«
    Der Regisseur nickte. »Exklusiv, so lange ich will. Du zeigst vor der Kamera, dass du unverwundbar bist. Das ist mein Angebot.«
    Der Indianer zog nachdenklich an seiner Zigarre und blies graublaue Rauchringe in die Nacht.
    »Ich soll te nein sagen«, entgegnete er schließlich, »aber irgendwie mag ich den Gedanken, berühmt zu werden. Also gut, Alan, wir sind im Geschäft.«
    Smith spürte, wie seine Knie weich wurden. Bis zu diesem Moment war ihm nicht klar gewesen, dass er wirklich jemanden ermorden sollte. Aber welche Möglichkeit hätte er auch sonst gehabt. Er konnte doch nicht, bis ans Ende seines Lebens hinter dieser Wand bleiben?
    »Wie werde ich ihn erkennen?«, fragte er rau.
    Realbird lächelte. »Das ist ganz einfach.«
    Er klemmte die Zigarre zwischen die Zähne und beugte sich nach vorne, als wolle er seine Fußspitzen mit den Fingern berühren. Smith sah, wie die merkwürdige Verformung auf seinem Rücken sich zu bewegen begann.
    Plötzlich zerriss das Hemd des Indianers. Lederne Hautlappen klappten hervor, breiteten sich zu riesigen Schwingen aus, die Realbird meterhoch in die Luft trugen.
    »Er sieht genauso aus wie ich.«
    ***
    Wie kommt ein Cadillac in diese Stadt?, fragte sich Zamorra, während er auf dem Pferd durch die Nacht ritt.
    Das Fahrzeug war runder geformt, schmaler und höher als Nicoles '59er Eldorado, aber anhand von Kühlerfigur und Form sofort zu identifizieren. Nicole pflegte ihn bei Kino- und Fernsehfilmen jedesmal darauf aufmerksam zu machen, wenn irgendein Cadillac irgendeines Baujahrs durch die Szene rollte. Sie zog zwar das Raketen-Styling des '59er Modells vor, begeisterte sich aber durchaus auch für alle anderen Typen dieser Nobelmarke.
    Zamorra schätzte, dass dieser Wagen Anfang der dreißiger Jahre gebaut worden war, was aber keinen Sinn ergab, wenn er, wie er gedacht hatte, im neunzehnten Jahrhundert gelandet war. Erst gegen dessen Ende hatte es Autos gegeben, und die sahen noch beinahe wie Pferdekutschen aus, denen jemand Deichsel und Gäule geklaut hatte.
    Es gab nur zwei Erklärungen, die dem Parapsychologen halbwegs einleuchtend erschienen: Entweder gelangten Dinge aus verschiedenen Epochen durch einen Riss im RaumZeitgefüge in die Stadt, oder es hatte nie eine Reise in die Vergangenheit gegeben.
    Letzteres erschien Zamorra wahrscheinlicher. Aber wenn er nicht im neunzehnten Jahrhundert war, wieso hatten die Stadtbewohner versucht, ihm das vorzuspielen? Warum lebten sie unter so primitiven Bedingungen?
    Dermaßen fanatisch und perfektionistisch waren nicht mal die in Pennsylvania lebenden Amish. Und duldeten immerhin, ihrem religiösen Glauben entsprechend, keine moderne Technik, sondern lebten in einer Welt des vergangenen Jahrhunderts. Und das nicht einmal schlecht, weil die Technik sie nicht voneinander entfremden konnte, sondern Tugenden wie Nächstenliebe und gegenseitige Hilfe noch einen sehr hohen Stellenwert in der Gemeinschaft aller einnahmen.
    Zamorra wusste, dass er sich im Kreis drehte. Egal, wie oft er sich diese Fragen stellte, er erhielt doch keine Antworten. Und selbst wenn er eine Antwort fand, warf sie nur neue Fragen auf.
    Es war frustrierend.
    Genauso frustrierend, dachte Zamorra, wie sich zu verirren, weil man mit den Gedanken nicht bei der Sache ist…
    Er zügelte das Pferd und sah sich um. Ein paar Felder, Bäume, Weiden - nichts, das er wiedererkannte. Er hatte geglaubt, sich die Strecke gemerkt zu haben, die er mit Howard genommen hatte, und war einfach dem breiten Weg gefolgt, der ihn an den Feldern vorbeiführte. Irgendwann war er jedoch von der Straße abgekommen und ohne es zu merken auf einem Feldweg gelandet,

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