0687 - Sie sind wieder da
Schweigend durchquerte ich die erste Klasse. Bei Bill blieb ich stehen. »Er hat den Funkkontakt gestört«, erklärte ich. »Keine Verbindung mit London.«
»Wundert dich das?«
»Jetzt nicht mehr.«
Bill schaute auf die Uhr. »Es dauert nicht mehr lange, bis wir landen. Kannst schon beten.«
»Mal schauen.« Ich nahm wieder neben Cigam Platz, der kurz den Kopf drehte und mir zulächelte.
»Alles okay?«, fragte ich.
»Sicher.«
Ich kam direkt zur Sache. »Weshalb hast du den Funkkontakt gestört, Cigam?«
»Das kannst du dir sicher denken.«
»Die Männer im Cockpit brauchen den Kontakt zum Tower…«
»Der Pilot ist erfahren. Er wird schon landen können. Warum machst du dir Sorgen, Sinclair?«
»Lassen wir das.«
»Ich werde dafür sorgen, dass alles nach meinen Wünschen abläuft. Und dann wird die Maschine auch sicher landen.«
»Das kann ich nur hoffen.«
Cigam lachte und drückte seinen Kopf zurück. Danach sagte er nichts mehr.
Auch ich schwieg. Aber ich hatte den Eindruck, mich immer mehr einer Hölle zu nähern, die London hieß. Das ungute Gefühl verdichtete sich, es wurde zu einer Angst. Ich wollte einfach nicht glauben, dass wir landeten und Cigam so mir nichts dir nichts ausstieg und alles andere dem Zufall überließ.
Nein, da steckte etwas dahinter!
Die Wolke schwebte über uns. Ich sah sie nicht, ich spürte sie, und ich merkte auch, dass sie sich verdichtete.
An Cigam vorbei warf ich einen Blick aus dem Fenster. Tief unter uns, die Luft war hier sehr klar, zeichnete sich ein schwacher gebogener Streifen ab.
Irlands Küste…
Und noch immer kein Kontakt mit London. Der musste aber irgendwann hergestellt werden, weil die Maschine schließlich korrekt landen sollte.
Oder würde alles in einem Inferno enden?
***
Schon mehrmals hatten sich die Männer vom Tower gemeldet und immer wieder erklärt, dass es ihnen nicht mehr möglich war, Kontakt mit der Maschine aus New York aufzunehmen. Einmal war es ihnen gelungen, dann nicht mehr. Aus, vorbei.
Und es war nur bei dieser Maschine geschehen, nicht bei den anderen. Das wiederum ließ darauf schließen, wie mächtig gewisse Drahtzieher in dem Clipper waren.
Sir James und Suko waren ebenso ratlos wie die übrigen Beamten. Sie konnten nichts anderes tun, als die Hand zur Faust zu ballen und sie in der Tasche zu lassen.
»Fragen Sie ihn, Suko.« Sir James meinte damit Stepanic, der sich amüsiert gab.
Suko nickte. »Will dein Freund nicht landen?«
»Ich verstehe nicht.«
Suko sah ihm an, dass er log. »Doch, Stepanic, du verstehst schon. Der Tower hier bekommt keinen Kontakt zu der Maschine.«
»Nicht mein Bier.«
»Was hat Cigam vor?«
Stepanic lachte, bevor er wieder anfing, seine Kinderreime leise zu singen. Die Sicherheitsbeamten schauten auf, schüttelten die Köpfe; wollten eingreifen, doch Suko machte ihnen mit hastigen Bewegungen klar, dass er dies nicht wollte.
Die Männer zogen sich etwas zurück, als würden sie sich vor Stepanic fürchten, der nicht mehr auf der Stelle stehen geblieben war, sondern sich im Takt des Liedes bewegte und damit anfing, einen Tanz aufzuführen. Er hatte die Arme halb erhoben, er bewegte sie von oben nach unten und drehte dabei die Hände.
Die Clownerie des Tanzes täuschte Suko und Sir James nicht darüber hinweg, wie gefährlich dieser Mann war. Das Kindische war nur äußerlich zu sehen, die wahre Gefahr lauerte in seinem Innern und auch in den Texten.
Wiederum kam eine Wiese darin vor. Er sang von den herrlichen Blumen, aber kurz danach änderte er den Text, denn plötzlich überschwemmte der Tod die Wiese.
»Und so ist die Erde aufgebrochen, um die Leichen zu entlassen. Die Toten haben lange genug in der feuchten Kühle gelegen. Sie sind da. Ich habe sie gerufen, ich habe ihnen gesagt, was sie tun sollen, und sie haben mich erhört. Ja, sie sind bei uns, ich werde mein Reich weiter ausbauen können, sie sind die Beschützer…«
Stepanic sang längst nicht mehr. Er spie die Worte förmlich über seine Lippen. Seine Augen waren verdreht, vor dem Mund zitterten Speichelstreifen, er hatte die Hände zu Fäusten geballt, er tanzte, er bewegte sich hektisch…
»Der ist verrückt!«, rief einer der Offiziere, als er zum Telefon griff. »Wir müssen ihn einsperren.«
»Nein!«, widersprach Suko hart. Er ließ Stepanic nicht aus den Augen. Für ihn war längst klar, dass der Text seines Gesangs mittlerweile eingetreten war.
»Wo sind sie?«, schrie er.
Stepanic tänzelte auf die
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