0689 - Draculas Blutuhr
geht es denn?«
»Um zwei Dinge.«
Ihre vollen Lippen lächelten. »Da bin ich aber gespannt, Mr. Sinclair.«
»Erstens um einen toten Juwelier, und zweitens um eine Armbanduhr, die etwas Besonderes sein muss.« Ich hatte sie während meiner Erklärung nicht aus den Augen gelassen, entdeckte aber keine Reaktion auf ihrem glatten, schönen Gesicht.
»Das ist alles?«
»Reicht das nicht?«
Sie hob die Schultern. »Ich wüsste wirklich nicht, was ich mit einem Toten zu tun haben könnte.«
»Der Mann hieß Conrad Christborn.«
»Ach.«
»Sie kennen ihn?«
»Das allerdings«, gab sie zu. »Ich war einige Male bei ihm.« Fast verlegen schaute sie zur Seite.
»Wissen Sie, Mr. Sinclair, es ist so. Ich interessiere mich nun mal für Schmuck. Jeder hat eine Schwäche, da bilde ich keine Ausnahme. Und meine ist Schmuck.«
»Alles, oder nur Uhren?«
»Die Uhren.«
Ich deutete auf ihr Handgelenk. »Sie tragen keine. Haben Sie sich deshalb verspätet?«
»Nein, ich hatte noch etwas zu erledigen.«
»Und die Uhr aus dem Geschäft? Dieses edle Stück mit dem schwarzen Zifferblatt, das weder Zeiger noch Ziffern besitzt? Was ist denn damit, Miss Astor?«
»Was soll damit sein?«
»Sie haben die Uhr gekauft, nehme ich an.«
»Ich wollte es.«
»Dann kennen Sie das Schmuckstück?«
»Ja. Aber der Juwelier wollte es mir nicht verkaufen. Er hockte darauf wie die Glucke auf ihrem Ei. Kann ich sogar irgendwie verstehen. Sie ist wirklich außergewöhnlich.«
»Wir haben sie in seinem Geschäft aber nicht gefunden.«
»Dann muss der Täter sie mitgenommen haben.«
»Oder die Täterin.«
Sie schaute mich nach einem Augenaufschlag an. »Halten Sie mich für die Mörderin?«
»Jeder ist in einem derartigen Fall verdächtig. Ich muss allen Spuren nachgehen.«
»Nun ja, das ist Ihr Job. Aber ich habe die Uhr nicht gekauft. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.« Sie wollte aufstehen, ich hielt sie jedoch zurück. »Einen Moment, Miss Astor. Es gibt jemanden, der durchaus anderer Meinung ist als ich.«
»Wer denn?«
»Helen Wayne.«
»Ach, die alte Zicke. Die kommt sich wer weiß wie vor. Die hat sich nur geärgert, dass sie bei den richtigen Geschäften immer außen vor gelassen wurde.« Jetzt stand sie endgültig auf. »Wissen Sie was, Mr. Sinclair, ich schlage Ihnen vor, dass Sie mich heute Abend besuchen. Sie können in die Vorstellung gehen.«
»Schön. Und dann?«
»Verbringen wir noch einige Stunden miteinander.«
Ich lächelte. »Das hört sich gut an. Danke für die Einladung. Würden Sie mir auch etwas über die Uhr erzählen, nach der ich so sehr suche?«
Amelia Astor stand schon an der Tür. »Sie sind ein ganz Hartnäckiger, Mr. Sinclair.«
»Das bringt mein Beruf so mit sich.«
»Es könnte sein«, flüsterte sie, »dass mir bis zum Abend noch etwas eingefallen ist, was diese Uhr angeht. Ciao denn, Polizist…« Sie drehte sich um und verschwand lachend.
Etwas nachdenklich blieb ich sitzen. Einige Gedanken wirbelten mir durch den Kopf. Diese Person hatte sich über das Ableben des Juweliers nicht eben geschockt gezeigt. Außerdem kam sie mir vor wie jemand, der einiges wusste und damit nur hinter dem Berg hielt.
Interessant war ihre Einladung auf jeden Fall. Für mich stand fest, dass ich hingehen würde.
Ich verließ den kleinen Raum und schaute noch kurz in den Saal. Amelia tanzte mit den anderen. Sie tat, als wäre nichts geschehen.
Genau das nahm ich ihr nicht ab!
***
Also doch, dachte Suko. Er ist es. Er ist der Vampir. Für den Inspektor gab es keinen Zweifel. Er hatte das Gesicht deutlich sehen können, der helle Strahl konzentrierte sich auf die bleiche Fläche, die absolut trocken war. Kein Schweißtropfen malte sich auf der dünn wirkenden Haut ab. Er war auch kein Mensch, der eine Maske trug. Ein solcher hätte anders ausgesehen.
Für Suko war dieses Gesicht fremd. Es zeigte einen erschöpften und gleichzeitig schmerzerfüllten Ausdruck. Die Lippen zuckten, aber ein Wort drang nicht aus dem Mund.
»Wer bist du?«, fragte Suko.
Der Vampir ächzte. Seine Zähne sahen aus, als würden sie zittern. Er drehte den Kopf zur Seite, um dem hellen Schein zu entgehen. Wahrscheinlich störte er ihn.
»Wie heißt du?«
»Dylan.«
»Und sonst?«
»Nichts.«
»Dann steh auf.«
»Nein, ich bleibe liegen.«
Suko rechnete auch mit der Möglichkeit, dass dieser Blutsauger einfach nicht die Kraft hatte, aufzustehen. Er kam ihm vor wie jemand, der Blut benötigte, der hungrig war, aber keine
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