069 - Die Leiche aus der Kühltruhe
Höhe gepumpt und in das Innere des
Sarges gefüllt wurde.
Die beiden
Kryobiologen wandten sich dem Schaltpult zu, in dem mehrere Monitoren
eingelassen waren. Auf einem Bildschirm wurde die reglose Gestalt Gerome
Wallaces sichtbar. Ein Fernsehauge lieferte die Bilder aus dem Innern der
Hülse.
Aus den
zahllosen Öffnungen am Boden des Tiefkühlsarges sprudelte der eisige
Stickstoff.
Der
Flüssigkeitsspiegel stieg höher und höher.
Niemand sah
ihm an, was in ihm vorging, denn er war unfähig, seinen Gefühlen durch eine
Geste oder eine Bewegung Ausdruck zu verleihen.
Er hatte das
Gefühl, Millionen und Abermillionen winziger eisiger Nadeln drängen in seine
Poren ein.
Der flüssige
Stickstoff hüllte seinen Körper ein, und eisige Kälte nahm ihn gefangen. Die
Schmerzen wurden unerträglich. Das Gefühl, einen Eispanzer auf der Brust zu
haben, wurde immer stärker. Gerome schien unter dem Gewicht die Besinnung zu
verlieren.
Aber seine
Gedanken erloschen nicht.
Unbeschreibliches
Grauen nahm ihn gefangen, als der Flüssigkeitsspiegel in Mundhöhe stieg und in
die Körperöffnungen drang. Die konservierende Flüssigkeit schien ihn völlig
auszufüllen. Er wußte schon nicht mehr zu sagen, ob Weltraumkälte ihn umfing
oder die siedende Hitze der Hölle. Kälte und Hitze waren eins für ihn geworden.
Aber er war
noch immer nicht tot. Und er erwachte auch nicht aus diesem schrecklichen
Traum.
Der flüssige
Stickstoff bedeckte ihn; die Zufuhr wurde automatisch abgeschaltet.
Das
Fernsehauge der Infrarotkamera beobachtete ihn noch eine Zeitlang und schaltete
dann ebenfalls ab.
Der
Einfrierungsvorgang war abgeschlossen.
Gerome
Wallace war von der Welt abgeschnitten, juristisch gesehen tot.
Die erste
Hälfte des Testaments mit der Future Life Corporation war erfüllt. Nun lag es
an der Wissenschaft, weitere Fortschritte zu machen, Heilmittel und Methoden zu
entwickeln, um die bis jetzt noch unheilbaren Leiden unter Kontrolle zu
bringen.
Gerome
Wallace war eingefroren worden für einen jüngsten Tag, den er noch in diesem
Jahrzehnt zu erleben hoffte.
Sein Körper
war starr und gefühllos. Gerome Wallace lag einsam und verlassen in seinem
dunklen, engen Gefängnis.
Sein toter
Körper versagte ihm den Dienst, doch um so lebhafter waren seine Gedanken.
Und die
Gedanken waren schrecklich, waren Schreckgespenster, weil sein Gehirn den
unglaublichen Vorgang nicht begriff.
Gerome
Wallace wünschte sich, tot zu sein.
●
Anthony
Sullivan war zweiundzwanzig. Er war in Brooklyn aufgewachsen, war schon früh
straffällig geworden, und selbst die Aufenthalte in Besserungsanstalten hatten
keinen großen Erfolg gebracht.
Anfangs hatte
er versucht, sich als Gelegenheitsarbeiter durchs Leben zu schlagen. Ein
Diebstahl folgte dem anderen. Dann ging er einen Schritt weiter. Sullivan
verlegte sich auf Überfälle. Er schlug Menschen nieder und beraubte sie. Man
suchte ihn wegen Einbrüchen, Raubüberfällen und schwerer Körperverletzung in
siebzehn Fällen.
Anthony
Sullivan war endgültig auf die schiefe Bahn geraten. Er hatte sich zum Profi
entwickelt.
Zu einem
gefährlichen Profi! Sullivan war ein Mensch, der das Gesetz brach, wo es sich
ihm in den Weg stellte.
In sechs
Staaten wurde er steckbrieflich gesucht. Doch der jugendliche Verbrecher
verstand es, durch die Maschen zu schlüpfen. Nirgends hielt er sich lange auf.
Ständig war er woanders.
Sullivan war
ein Einzelgänger. Sein Name war in der Unterwelt bekannt, und manch einer war
überzeugt davon, daß er irgendwann einmal eine Gang gegründet hatte, um noch
intensiver zuzuschlagen.
Der
Außenseiter haßte die Menschen und die Gesellschaft, wahrscheinlich deshalb,
weil er selbst niemals die Nestwärme einer Familie kennengelernt hatte. Die
Mutter war eine Bardame gewesen, der Vater ein hoffnungsloser Säufer, den der
Alkohol früh ins Grab gebracht hatte. Mit dreiunddreißig hatte seine Leber nur
noch Schrottwert besessen.
Daß sich
Anthony Sullivan heute in Austin aufhielt, hatte seine besondere Bedeutung. Der
Rechtsbrecher war auf dem besten Weg dazu, seine Laufbahn zu krönen. Anthony
Sullivan wollte einen Mord begehen.
In San
Antonio, wo sich Sullivan noch am Vortag aufgehalten hatte, war ihm zu Ohren
gekommen, daß ein Killer gebraucht wurde.
Eine
stadtbekannte Persönlichkeit in Austin hatte Probleme. Ein Mitglied der
Welcome-Society, einer Gesellschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte,
ledigen Müttern unter die Arme zu greifen, sie
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