0690 - Leilas Totenzauber
zur Bühne hin.
»Fängt das Programm an?«
»Sicher.«
Auch Jane und Suko blickten in die Richtung. Sie saßen angespannt auf ihren Sitzen. Der Vorhang bestand aus dunkelrotem Stoff. Er zitterte ein wenig, als fremde Kräfte auf ihn einwirkten.
Dann geriet er in Bewegung - und teilte sich in der Mitte.
Keiner sprach mehr, die Menschen warteten auf Leila, die Schlangenfrau, die auch erschien.
Aber es war noch jemand da.
Jane wäre fast in die Höhe gesprungen und hätte das andächtige Schweigen gestört.
Suko hielt sie zurück und hörte ihren geflüsterten Kommentar. »Das darf doch nicht wahr sein!«
***
Die Schlange war satt. Sie hatte das Kaninchen gefressen und der anderen nichts mitgegeben, die sich kaum bewegt hatte und mit einem Teil des zusammengerollten Körpers noch immer auf meinen Beinen lag.
Ich hatte nicht immer hinschauen können, nur manchmal meinen Blick gehoben und einen eigentlich natürlichen Vorgang erlebt, den ich in meiner Situation nicht akzeptieren wollte. Wäre ich als Besucher in einen Zoo gekommen, okay, aber ich hockte selbst in diesem Gefängnis und konnte gut und gern zu einem Opfer werden.
Die Frau hatte die unmittelbare Umgebung des Terrariums nicht verlassen und sehr genau zugeschaut. Als alles vorbei war, zog sie einen schmalen Tisch heran, der zwei ebenfalls schmale Schubladen besaß. Eine davon zog sie auf.
Ich bekam große Augen, als ich den Inhalt sah. Dort lagen meine Beretta, der Dolch und die Lampe.
Sie hatte meinen Blick gesehen und lächelte mir kalt zu.
Ich mußte mich räuspern, um den Kloß aus dem Hals zu bekommen. Das Vorspiel war beendet, bald würde es weitergehen, und mir gefiel der Blick dieser Person nicht. Sie sah so aus, als stünde sie dicht davor, eine der Waffen an sich zu nehmen, zu mir in das Terrarium zu klettern und zu schießen.
Das tat sie nicht. Sie schob die Lade wieder zu, drehte sich um und kam trotzdem auf mich zu.
Das Licht brach sich auf der Glasplatte, die von der rätselhaften Frau an einer Stelle zur Seite geschoben wurde. Sehr geschickt kletterte sie in die Höhe und kletterte wortlos in das Terrarium. Sie wollte mir Gesellschaft leisten.
Jetzt regten sich auch die Schlangen. Sie hoben ihre Köpfe und schauten träge auf die dunkelhaarige Person, die sich durch die Lücke wand, in die Hocke ging und mit beiden Händen über die Schlangenkörper strich, die diese Berührungen sichtlich genossen.
Was hatte sie vor?
Wir schauten uns an. Zwischen uns lag eine Schlange, die allerdings von mir glitt, so daß ich den Druck nicht mehr auf meinen Beinen spürte.
Sie näherte sich ihr.
Ich beobachtete ihr Verhalten gespannt. In diesem Terrain schienen Mensch und Schlange sich wohl zu fühlen. Die Frau war wie eine gute Freundin des Tiers.
Sie hatte für mich keinen Blick, sie schaute nur die Schlange an und streckte ihr die Arme entgegen, wobei sie die Hände ausbreitete, um sie einzuladen.
Und die Schlange gehorchte.
Mit dem Kopf zuerst drückte sie sich in den freien Raum zwischen den Händen und fuhr zärtlich streichelnd an den Handflächen entlang in die Höhe.
Sie liebkosten sich, was nicht nur auf die Hände beschränkt blieb, denn der Schlangenkörper fand seinen Weg zum Gesicht der Frau, wobei der Kopf das Kinn, die Lippen und die Wangen der dunkelhaarigen Frau berührte, was der nichts ausmachte. Sie genoß das Streicheln, und mir wurde doch ein wenig komisch zumute, wobei sich auf meinem Rücken ein Schauer festsetzte.
Die Schlange hatte vor, sich in einen Schal zu verwandeln, denn sie legte sich um den Hals der Person. Obwohl das Tier stark drückte, beugte sich die Frau nicht nach vorn. Sie blieb angespannt sitzen, den Rücken durchgedrückt.
Man kann sich an alles gewöhnen. Auch mir machte der Anblick nach einer gewissen Zeit nichts mehr aus. Ich hoffte nur, daß sich die zweite Schlange nicht mit mir beschäftigen und satt und träge sein würde, aber das blieb ein Wunschtraum, denn als sich der Körper streckte und den Kreis verließ, da nahm er Kurs auf mich.
Wieder hörte ich das geheimnisvolle Rascheln, als sich das Tier über den Boden bewegte.
Die trockene Haut scheuerte über das Laub, sie wirbelte einige Blätter hoch, strich über die Rinde des Bonsai-Baumes, glitt weich durch das sanft federnde Moos und veränderte ihre Richtung leider nicht, kam mir immer näher.
Ich hatte mich gesetzt, die Schlange kam von der rechten Seite. Mit der Frau konnte ich nicht sprechen, da sie mit ihrem Tier voll
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