0697 - Der Elefanten-Dämon
Gebäude von Angkor. Und sie haben immer noch nicht alles entdeckt. Vor tausend Jahren soll die Stadt über eine Million Einwohner gehabt haben, wenn man den zeitgenössischen Quellen trauen darf.«
»Man braucht einen ungeheuren Reichtum, um so viele Tempel zu errichten«, dachte Zamorra laut nach.
»Eben. Die Khmer waren damals ihren Nachbarvölkern weit überlegen, weil sie so viele Lebensmittel produzieren konnten. Durch den Nahrungsüberschuss kriegten alle immer so viel Reis, bis sie platzten. Man konnte die Armee vergrößern, weil man so viele Soldaten satt kriegte. Aber wieso hatten die Khmer so viel zu essen?«
»Du wirst es uns gleich sagen«, vermutete Nicole.
»Weil sie diese riesigen Barays gebaut haben. Das sind Wasserreservoirs, in denen das Regenwasser des Monsuns gesammelt wird. Die Khmer hatten ein spitzenmäßiges Bewässerungssystem. Daher konnten sie nicht eine Reisernte pro Jahr einbringen, sondern zwei bis drei. - Aber das war nicht der einzige Grund. Jedenfalls glaube ich das.«
»Mach's nicht so spannend, Ty.«
»König Chapei I. kannte das Geheimnis der Natur, Zamorra. Er konnte das Wetter beeinflussen, heißt es. Der König bestimmte, wann es regnete und wann die Sonne schien. So konnte er für seine Bauern optimale Bedingungen schaffen. Der Legende nach wurde der König durch einen Dämon getötet, einen Elefanten-Dämon. Chapei I. soll das Geheimnis der Wetterlenkung mit ins Grab genommen haben. Nun, ich glaube das nicht. Es gibt Hinweise, dass er ein magisches Artefakt hinterlassen hat.«
»Ich verstehe«, sagte Zamorra langsam. »Wer dieses Artefakt besitzt, kann das Wetter lenken. In einem Land, vielleicht sogar auf der ganzen Welt.«
Ty Seneca nickte.
»Und du willst dir diese Magie unter den Nagel reißen!«
»Das ist etwas unfreundlich ausgedrückt«, meinte der Großindustrielle achselzuckend. »Bei den Tendyke Industries ist das Artefakt jedenfalls besser aufgehoben als bei einigen anderen, die hinter dem Ding her sind.«
Dazu hätte Zamorra einiges sagen können, aber er verkniff sich einen Kommentar.
»Meine Freundin Yvonne arbeitet mit der UNESCO an einem Tempel mitten im Dschungel«, schaltete sich Nicole ein. »Meinst du, dieses Artefakt ist dort gefunden worden?«
»Die Möglichkeit besteht jedenfalls. Wie gesagt, deine Freundin hatte wohl keine Ahnung, was für ein heißes Eisen sie da angefasst hat. Und die anderen Eierköpfe von der UNESCO ebenfalls nicht…«
»Yvonne ist keine Idiotin!«, schnappte Nicole. »Sie wusste von dem magischen Artefakt! Deshalb hat sie uns ja überhaupt um Hilfe gebeten! Und weil sie von einem bösen Kobold bedroht wurde!«
»Und jetzt ist sie verschwunden!«, höhnte Ty Seneca. »Sie hätte sich lieber in den nächsten Flieger nach Paris setzen sollen. Und mir und meinen Jungs das Feld überlassen sollen!«
Zamorra spürte, wie sein alter Freund ihm zunehmend auf die Nerven ging. Der Parapsychologe hatte nun vorerst genug gehört. Er stand auf.
»So kommen wir nicht weiter, Ty. Ich möchte das Zimmer von Yvonne Berthemy in Augenschein nehmen. Vielleicht war ja schwarze Magie bei ihrer Entführung im Spiel.«
»Dann kannst du mit der Zeitschau nachvollziehen, was wirklich geschehen ist«, hakte der Besitzer von Tendyke Industries nach.
Zamorra nickte.
Ty Seneca erhob sich ebenfalls.
»Worauf warten wir noch?«
Nicole hatte inzwischen dem Zimmermädchen ein großzügiges Trinkgeld gegeben, um es für den Schrecken zu entschädigen. Seneca schien es nicht für nötig zu halten, sich für den melodramatischen Auftritt bei ihr zu entschuldigen.
Früher hatte er solche Drohgebärden nicht nötig, dachte die Dämonenjägerin bitter. Vor allem nicht gegenüber seinen Freunden…
»Kriegst du keinen Ärger mit der Hotel-Security, wenn deine Halsabschneider hier frei rumlaufen?«, fragte Zamorra Ty Seneca.
Dieser griente nur zynisch.
»Diese muskulösen Sicherheitstypen sind doch genauso käuflich wie der ganze Rest von dem Khmer-Pack.«
Zamorra biss die Zähne zusammen. Diese menschenverachtenden Sprüche waren auch eine Neuheit bei Ty Seneca, an die er sich nicht gewöhnen konnte und wollte.
Die kleine Gruppe ging hinüber zu einem Hotelzimmer im dritten Stockwerk. Ein uniformierter Polizist bewachte das Zimmer, aus dem Yvonne entführt worden war.
Seneca drückte dem Beamten mit zynischem Grinsen einen dicken Packen Geldscheine in die Hand. Der Khmer salutierte und ließ den Multimillionär, die Besucher aus Frankreich
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